Traditions-Brauhaus„Em Hähnche“ in Köln-Brück steht vor dem Aus

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Besonders der große Festsaal des Brauhauses liegt den Brückern am Herzen. 

  • "Em Hähnche" wurde an Vinzentinerinnen verkauft - Betrieb zunächst bis Oktober

Köln-Brück – Was der Gürzenich für die Stadt, ist das Traditions-Brauhaus „Em Hähnche“ für Brück. Doch während niemand auf die Idee käme, das Kölns gute Stube einmal für die Öffentlichkeit geschlossen wird, droht dieses Szenario nun dem "Hähnche". Die Gerüchteküche brodelt schon länger und hat die Kalker Bezirksvertretung erreicht.

Es heißt, dass das Brauhaus geschlossen und verkauft werden soll. Andere sprechen gar von Abriss und Neubau. Das scheint nun Realität zu werden. Das mit seinen Nebengebäuden unter Denkmalschutz stehende Brauhaus wurde an die Vinzentinerinnen, die auch das benachbarte Altenheim Vinzenz-Haus betreiben, verkauft.

Um Genaueres über die Planung zu erfahren, haben SPD und CDU für die Bezirksvertretungssitzung an diesem Donnerstag eine Anfrage eingereicht. Die Verkaufsabsichten von Besitzer Hans Bliersbach (87) waren seit gut eineinhalb Jahren bekannt, als das Objekt zum Verkauf angeboten wurde. Der erhoffte Preis ließ sich nicht erzielen, denn schnell war klar, dass der neue Eigentümer erhebliche Summen in die Gebäudesanierung investieren muss.

Anwohner klagen über Traditionsverlust

Über Geld wollte Johannes Mauer, der Leiter des Vinzenzhauses, auf Anfrage nicht reden. „Ich gehe davon aus, das der Kaufpreis gezahlt und der Eintrag ins Grundbuch erfolgt ist.“ Wie es mit dem „Hähnche“ weiter geht, ist unklar, denn die Vinzentinerinnen konzentrieren sich vorrangig auf die Arbeit mit alten und behinderten Menschen. Dazu gehört nicht der Betrieb eines Brauhauses. Ein genaues Konzept müsse noch erarbeitet werden. „Zunächst einmal steigen wir in die bestehenden Verträge ein“, sagt Maurer.

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Viele Anwohner klagen schon, dass ein Stück Tradition verloren gehe. „Das urige Brauhaus, eine Einmaligkeit, wurde still und heimlich verkauft, ohne die Brücker Bürger vorab zu informieren“, sagt Bianca Hafke. „Anscheinend hat die Eigentümerfamilie lange genug gepokert, und so haben Geschichte und Tradition leider wieder mal das Nachsehen. Dabei ist das Gasthaus mit einem wunderbaren Bühnen- und Partyraum hinten dran so wertvoll für Kleinkunst und Kultur im Veedel.“  Das sehen die Brücker Vereine ähnlich, die vor allem den Saal für Treffen und Veranstaltungen genutzt haben.

Bedenken der Brücker

„Wir hatten dort jeweils die Sessionseröffnung und auch unser legendäres Funken-Biwak“, sagt Michael Schenker vom karnevalistischen Veedelsverein „Funken Blau-Weiß Feinripp“. Schenker: „Der Festsaal kann doch nicht einfach wegfallen. Dieser Saal ist der einzige im gesamten Stadtteil und von großen Bedeutung für das Vereinsleben.“ Der Saal wird auch regelmäßig von der KG Löstige Brücker Müüs, der Flüchtlings-Initiative Willkommen in Brück und der Brücker Bürgervereinigung sowie für Veranstaltungsreihen wie Jeckespill, Loss mer singe oder Kölsche Weihnacht genutzt.

„Der Betrieb der Gaststätte läuft noch bis Ende Oktober“, sagt Gastronom Josef Reyes, der im Vorjahr den ausgelaufenen Pachtvertrag als „alleiniger Mieter“ nochmals für 18 Monate verlängert hatte. Was dann kommt, ist noch unklar. „Ich verstehe durchaus die Bedenken der Brücker“, sagt Altenheim-Leiter Maurer. „Aber es gibt noch keinen Plan. Die Immobilie ist in baulicher Hinsicht kein einfaches Objekt.“

In allen Teilen des historischen Komplexes, der schon in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts als Gaststätte und außerdem als Umspannstation für Pferdefuhrwerke auf dem Weg zwischen Köln und dem Bergischen Land genutzt wurde, sind Sanierungen erforderlich. „In den vergangenen zwei Jahrzehnten ist nur sehr wenig gemacht worden“, weiß Reyes. „Am ländlich-rustikalen Charakter des Hauses darf man aber nicht drehen, sonst geht der Charme verloren.“

Das ist auch die Zielrichtung der Bezirksvertreter. SPD und CDU befürchten, dass ein Teil-Abriss der Immobilie und eine alternative Nutzung als Bürofläche geplant ist, was zum Verlust der Gastronomie und des einzigen größeren Versammlungsortes im Stadtteil führen würde. Zunächst will man von der Verwaltung wissen, ob bereits ein Bauantrag für die Immobilie vorliegt und wie die Stadtplaner dies bewerten.

Alte Postkutschenstation

Die Geschichte des Brauhauses geht zurück bis ins Jahr 1725, als der Wirt Malmede an der Stelle an der damaligen Cöln-Olpener-Provinzialstraße eine fränkische Hofanlage mit der Gaststätte "Zum weißen Pferdchen" eröffnete. Auch als Umspannstation wurde sie genutzt: Dort machten die Pferdefuhrwerke auf ihrem Weg zwischen Köln und dem Bergischen Land Rast. "Aus dem Bergischen kamen Holz, Steine und Werkzeuge. Dazu Schwarzpulver aus Herrenstrunden und Eisenerz aus der Grube in Refrath", erzählt Historiker Fritz Bilz regelmäßig auf seinen historischen Führungen. "Die Kölner lieferten Stoffe und Töpfe, Wein und Parfüm."

Seit dem Jahr 1885 gehört das Gasthaus der Familie Bliersbach, Erst Mitte der 1930er Jahre erhielt die Restauration Bliersbach den heutigen Namen "Em Hähnche". Weil Gastwirt Theodor Bliersbach, der Vater des derzeitigen Eigentümers, das Grundstück für den Kirchen-Neubau von St. Hubertus gestiftet hatte, erhielt er als Dank den vergoldeten Wetterhahn der alten Kapelle. Und der leuchtet noch heute in beide Richtungen der Olpener Straße. 

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