Wer erinnert sich an „Karl, der Käfer“?Kölner Kultband Gänsehaut ist zurück

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Comeback einer 80er-Jahre-Legende:Gänsehaut, hier beim Fotoshooting in Odonien,  sind heute Nikolai Kaeßmann (l.) und Gerald Dellmann (M.). Bei „Die letzte Oase“ singt Freddy Ovens.

Comeback einer 80er-Jahre-Legende:Gänsehaut, hier beim Fotoshooting in Odonien, sind heute Nikolai Kaeßmann (l.) und Gerald Dellmann (M.). Bei „Die letzte Oase“singt Freddy Ovens.

Vierzig Jahre nach ihrem Hit „Karl, der Käfer“ ist die Band Gänsehaut zurück - mit deutschem Pop und wechselnden Sängern.

Wer erinnert sich an „Karl, der Käfer“? Der Song der Band Gänsehaut erreichte am 25. April 1983 Platz 23 der deutschen Singlecharts und war 17 Wochen lang platziert. Im Jahr, in dem die Grünen erstmals in den Bundestag einzogen, wurde der Song zur Hymne von ökologischen Gruppen und Menschen, die sich mit Umweltfragen beschäftigten.

Gänsehaut traten sogar in der ZDF-Hitparade auf. Die Anmutung des Songs ist fast die eines Kinderliedes: Karl, der Käfer, der friedlich im Wald gelebt hat, muss seine Heimat verlassen, weil er vom Menschen vertrieben wird, damit der mit Blechkäfern über Straßen fahren kann. Den Song, dessen Text heute in Schulbüchern steht, hatte der Kölner Keyboarder Gerald Dellmann geschrieben, produzierte hatte es der heutige Höhner-Produzent Thomas Brück. Die beiden Musiker kennen sich aus gemeinsamen Tagen bei der deutschen Prog-Rock-Formation Satin Whale.

Nach dem Tod des Sängers Wolfgang Hieronymi 1986 hatte das Projekt Gänsehaut jahrzehntelang geruht, bis Gerald Dellmann es jetzt wiederbelebt hat, um „guten deutschen Pop“ zu machen. „Ich bin der Einzige, der von damals noch dabei ist. Mittlerweile ist es ein Projekt von Nikolai Kaeßmann und mir. Wir kennen uns schon lange, haben bei diversen Musikzeitschriften zusammen gearbeitet. Irgendwann ergab es sich, dass wir Sachen aufgenommen haben“, sagt er im Gespräch. Und Nikolai Kaeßmann ergänzt: „Erstmal hast du gefragt, ob ich ein paar Beats bauen will. Ich habe gesagt, schick was rüber, und wenn ich was damit anfangen kann, dann ja. Man muss dazu sagen, dass wir uns seit 20 Jahren kennen, aber nie Musik zusammen gemacht haben.“

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Mittlerweile ist Kaeßmann festes zweites Bandmitglied bei Gänsehaut. Der Musiker, Autor, Journalist und Produzent hatte in den 90ern diverse Maxi-Singles mit Clubmusik veröffentlicht, sein größter Hit „Ready To Flow“ gilt in der Szene als Trance-Klassiker.

Also sind sie jetzt eine Zwei-Mann-Band? „Zwei plus X“, sagt Dellmann. „Weil wir beide nicht singen können, jedenfalls nicht ausreichend für das, was wir da machen wollen, arbeiten wir nun mit wechselnden Gesangsstimmen“. Man mache ja seit mehr als 20 Jahren das Projekt „School Jam“ zusammen. „Das ist ein Nachwuchsförderprogramm für populäre Musik an Schulen, besonders für Live-Bands. Wir wollen den Spaß am Live-Musik machen wecken.“ Das laufe deutschlandweit und werde vom Bund gefördert.

School Jam ist ein Nachwuchsförderprogramm für populäre Musik an Schulen, besonders für Live-Bands
Gerald Dellmann, Gänsehaut

„Dadurch haben wir Kontakt zu vielen jungen Sängerinnen und Sängern, die sehr talentiert sind“, sagt der Keyboarder. Und hier käme die zweite Idee zum Comeback von Gänsehaut: diesen tollen Musikern eine zusätzliche Chance zu geben. „Es war schnell klar, dass wir das ins Konzept einbauen und Gänsehaut feat. daraus machen.“

Feat. Freddie Ovens aus Schneverdingen etwa, der mit seiner Band zweimal im Finale von School Jam war. Als der Song „Die letzte Oase“ fertig war, „haben wir sofort an ihn gedacht“, sagt Nikolai Kaeßmann. „Du begleitest solche Bands ja über Jahre. Freddie kannte ich schon vor seinem Stimmbruch, da hatte er diese kratzige Stimme noch gar nicht.“

Ovens klingt fast exakt wie Casper. „Ja, krass“, sagt Kaeßmann. „Wenn der redet, hörst du das gar nicht. Aber wenn der singt, macht’s klick! Und er hat diese Stimme.“ Das Video zum Song, inhaltlich eine aktuelle Variation des „Drink doch eine met“-Themas von der sozialen Integration, wurde mehr als 50.000 Mal bei Youtube aufgerufen.

Beim zweiten Song „Und dann träum’ ich“ läuft es sogar noch besser: Obwohl erst seit etwas mehr als zwei Monaten verfügbar, haben ihn sich schon mehr als 170.000 User angesehen. Und das, obwohl das Stück im Radio nicht gespielt wird.

„Einen neuen deutschen Song im Radio unterzubekommen, ist extrem schwierig geworden“, sagt Nikolai Kaeßmann etwas frustriert. Dabei wäre die Stimme von Sila (18) aus Darmstadt in dem träumerischen Lied, das die Frage nach der Zukunft stellt, durchaus FM-kompatibel. Der Kinderchor im Song ist übrigens der Schulchor der Albert-Schweitzer-Grundschule in Weiß. 

Gänsehaut.de

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