„Rhythmusgymnastik“Kölns schrägste Karnevalsparty – Marteria macht Feiernden Liebeserklärung

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Marteria und DJ stehen vor Publikum auf der Bühne.

Marteria war einer der Überraschungsgäste beim „Team Rhythmusgymnastik“ mit DJ Bleibtroyboy (r).

Nach Corona-Zwangspause gastierte im DuMont-Zelt erstmals wieder das „Team Rhythmusgymnastik“. Es ist zweifellos Kölns schrägste Karnevals-Party.

Ein „Festordnendes Komitee“ hätte hier weder vor 200 Jahren noch heute eine Chance gehabt. Sicher, es gibt ein paar Regeln – die wichtigste lautet: „Keiner fummelt irgendwen an, wenn der nicht befummelt werden will!“, betonen die Organisatoren vom „Team Rhythmusgymnastik“. „Karnevalsport“ bleibe immer gewalt- und belästigungsfrei.

Ansonsten schien an diesem Karnevalssamstag (18. Februar 2023) so ziemlich alles möglich zu sein: Mehrere tausend Besucher waren seit dem Mittag im DuMont-Festzelt an der Amsterdamer Straße und feierten Kölns wohl wildeste und schrägste Karnevalsparty. Sportlich sahen zum Teil nicht nur die Kostüme der Jecken aus, auch das Trinkverhalten so mancher war etwas für Durchtrainierte. Für das „leibliche Wohl“ wurde ebenfalls gesorgt: Es waren sogenannte „Kussbons“ vorhanden, verbunden mit einem selbst für schüchterne Jecken unmissverständlichen Aufruf: „Let's go knutsching“.

Team Rhythmusgymnastik feiert Karneval im DuMont-Zelt

Die Eintrittskarten waren innerhalb weniger Minuten ausverkauft; laut Ticketanbieter habe es im Vorverkauf 70.000 Anfragen gegeben. Das Erfolgsrezept der Jungs vom „Team Rhythmusgymnastik“: Kölsche Tön mischen sich mit den Auftritten von Topstars. Schon vor Corona gaben sich hier das Korps der Altstädter, Kasalla, aber auch Dr. Alban, Gottlieb Wendehals, Jan Delay oder Clueso das Mikrofon in die Hand.

Feiernde Leute stehen im Konfettiregen, im Hintergrund die Musiker.

Konfetti und Riesenstimmung herrschte auch beim Auftritt von Querbeat.

Wer während der 11-Stunden-Sause auftreten wird, bleibt ein Geheimnis, bis die Künstler auf der Bühne stehen. So ist es auch diesmal. Dagegen gehört ein Mann schon zum Inventar: „Mambo Kurt“, der auch schon beim Heavy-Metal-Festival in Wacken aufgetreten ist, heizte mit seiner Orgel dem Zelt in den Mittagsstunden ein. Zur Begrüßung gab es einen musikalischen Aufruf, der eigentlich nur an Weihnachten gesungen wird: „Ihr Kinderlein kommet.“

Verkleidete Jecke verteilen von der Bühne aus Getränke.

Für die Feiernden in den vorderen Reihen gab es auch von der Bühne Getränkenachschub.

„Liebe Karnevalsport-Freunde, es gibt einiges nachzuholen. Wir packen einfach drei Karnevalsport-Partys in diese eine, und dann können Kenner sich vorstellen, was passieren wird“, hatten die Rhythmusgymnastiker um DJ Powerfun (Nils Gabsa) und und DJ Bleibtreuboy (Sebastian Mortan) im Vorfeld angekündigt. 

Zu den Kennern gehören unter anderem die Altstädter. Das Traditionskorps war schon mehrfach Bestandteil der unkonventionellen Sause und sorgte für traditionelle kölsche Tön. Als Tanzgruppe hatten die Karnevalsportsfreunde die Kammerkätzchen und Kammerdiener verpflichtet – auch für sie ein Kontrastprogramm zum gewöhnlichen Geschehen in der Session. 

Die Menge feiert die Band auf der Bühne.

Abfeiern zu Querbeat: Das Publikum bewies erstaunliche Kondition.

Spätestens, nachdem Kasalla ihre Hits gespielt hatten, wurde in der Zeltmitte der Sauerstoff knapp – von den Zeltwänden tropfte immer wieder Kondenswasser. „Das ist die verrückteste Veranstaltung, die es im Kölner Karneval gibt“, stellte Sänger Bastian Campmann nach dem Auftritt fest. Die Bläser-Kombo von Querbeat brachte die Menge ebenso zum Ausrasten.

Und die Feiernden zeigten Kondition: Gegen 18.30 Uhr folgte mit Marteria der vorläufige Höhepunkt. Mit blonder Vokuhila-Perücke, weißem Stirnband und Hawaihemd eröffnete er seinen Auftritt mit der Cover-Nummer „Because I got high“, bevor er richtig loslegte: „Oh mein Gott dieser Himmel, wie komm ich da bloß rein?“, sang die Menge mit – die mit ihm dann wach bleiben wollte, „bis die Wolken wieder lila sind“.

Er sei zum achten Mal inzwischen Gast bei der Karnevals-Party der Rhythmusgymnastiker, sagte Marteria. Bei seiner Premiere damals sei er ausgerutscht und habe sich drei Rippen gebrochen. Den Organisatoren sowie den Feiernden machte er eine Liebeserklärung: „Das hier ist meine Familie, ihr seid meine Heimat.“

Überhaupt, die Liebe: Immer wieder riefen die Rhythmusgymnastiker zu Zuneigung und Herzenswärme auf. Und als irgendwann DJ Powerfun meinte, es sollten nicht so viele Feiernde hinten auf der Bühne stehen, skandierte die Masse: „Lieber bricht die Bühne, als das Herz!“

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