Klare Ansage zu Kölner StandortAppelrath Cüpper sendet Lebenszeichen in der Krise

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Atieh Kabir zeigt ihr Plakat in der Kölner City

Atieh Kabir zeigt ihr Plakat in der Kölner City

  • Das Kölner Traditionsunternehmen Appelrath Cüpper kämpft gegen die Pleite. Nach der Zwangsschließung wegen Corona hatte die Modekette Insolvenz angemeldet.
  • Mitarbeiterinnen werben als Models für die Mode ihres Unternehmens. Überall in der Stadt sind beeindruckende Fotos zu sehen.
  • Die Geschäftsführung verspricht: Der Standort Köln ist gerettet - und auch für alle anderen Standorte in Deutschland sieht es gut aus.

Köln – Mit einer Plakatkampagne kämpft die Kölner Damenmodekette Appelrath Cüpper trotz Corona-Krise und laufendem Insolvenzverfahren gegen die Pleite – nicht mit Profi-Models, sondern mit der eigenen Belegschaft. Ein Traditionsunternehmen meldet sich mit einem starken Lebenszeichen zurück . Als die Behörden wegen der Corona-Pandemie die Geschäfte zur Schließung zwangen, beantragte Appelrath Cüpper beim Amtsgericht ein Insolvenzverfahren. Nun verkündet die Geschäftsführung, dass der Standort Köln gerettet sei. Und auch für die anderen 15 Standorte bleibe das Ziel, alle zu erhalten, so Geschäftsführer Lothar Schäfer. Appelrath Cüpper beschäftigt rund 900 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen.

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Elf von ihnen sind zur Zeit auf Plakaten in der ganzen Stadt zu sehen. Die renommierte deutsche Fotografin Gabrielle Oestreich, die sich unter dem Künstlernamen Gabo als internationale Promi-Fotografin einen Namen gemacht hat, setzte die Angestellten der Modekette in Szene. Aus Verkäuferinnen und Managerinnen wurden Markenbotschafterinnen.

Jeannette Bigalke

Jeannette Bigalke

„Man geht an den Plakaten vorbei und fragt sich: Bist Du das?“, sagt die Personalentwicklerin Atieh Kabir. Ein bisschen „unwirklich“ sei das Ganze, findet die 38-Jährige, die nun – gekleidet ganz in beige mit Hut und Zopfpullover – auf einer Sofalehne sitzt und mit ihrem Lachen Passanten und vorbeifahrende Autofahrer verzaubert. Erfahrungen als Fotomodell hatte sie keine. Gegen die Nervosität bei den Aufnahmen im Studio der Kölner Agentur Trading up im Agnesviertel habe die Erinnerung an ihren verstorbenen Vater geholfen, der vor langer Zeit im Iran ein Popstar war und vor der Flucht vor dem Ayatollah-Regime viel im Rampenlicht gestanden habe. Es sei „sehr aufregend“ gewesen.

„Habe Grinsen nicht aus dem Gesicht bekommen“

Atieh Kabir musste von Kolleginnen erst überzeugt werden, bevor sie sich als Hobby-Modell für ihr Unternehmen bewarb. „Ich habe mich da eigentlich nicht gesehen.“ Ähnlich erging es Jeannette Bigalke, die als Schneiderin für das Kölner Unternehmen arbeitet. „Das habe ich mir nicht zugetraut.“ Die 58-Jährige zeigt sich nun auf dem für die Kampagne ausgewählten Bild im Plisseerock und Pullover mit Leopardenmuster. Als die Plakate zum ersten Mal in den Kästen hingen, habe sie sich auf dem Weg zur Arbeit gleich fünfmal gesehen. „Da habe ich das Grinsen nicht aus dem Gesicht bekommen. Ein Hammer, oder?“

„Schon verrückt“ sei die Aktion, findet die 26-jährige Dzeneta Imsirovic. „Es dauert etwas, bis man das realisiert. Die Präsenz auf der Straße ist sehr cool.“ Ihr Porträt ist besonders auffällig. Im Lederkleid, mit schwarzem Mundschutz und wehendem Haar lässt es vermuten, dass sie täglich vor Kameras posiert. Tatsächlich ist sie bei Appelrath Cüpper Social-Media-Managerin fürs Online-Marketing.

Dzeneta Imsirovic

Dzeneta Imsirovic

Das Team um Starfotografin Gabo schaffte im Studio eine persönliche Atmosphäre, um den Hobby-Models Sicherheit zu geben. Wo sonst Dutzende beim Fotoshooting herumstehen und zuschauen, durften nur wenige in die direkte Nähe der Frauen. Sie habe sich den Mitarbeiterinnen des Unternehmens aber genauso genähert wie den Promis Angelina Jolie, Barbara Schöneberger oder Hannelore Elsner, so Gabo. Es gehe ihr um den „kurzen, überraschenden Blick in die Seele“. Mit der Kampagne wirbt das Unternehmen dafür, dass Kundschaft in die Läden kommt oder den Online-Shop besucht. Doch es geht um mehr als nur ums Verkaufen von Mode. Das fast 140 Jahre alte Traditionsunternehmen verbreitet gute Stimmung in schwierigen Zeiten. 

Kölner Standort gerettet

Wirtschaftliche Probleme gab es bereits vor Corona. Das Unternehmen befand sich in einem mühsamen Neuorganisationsprozess. Die Zwangsmaßnahmen gegen die Ausbreitung des Virus wirkten wie in vielen anderen Problemfällen dann wie ein Beschleuniger. Doch schon beim Insolvenzantrag im April war klar, dass man nicht aufgeben wollte.

Seit einigen Jahren kennt das deutsche Insolvenzrecht das Instrument einer „Insolvenz in Eigenverwaltung“. Es ermöglicht dem verschuldeten Unternehmen sich weiter selbst zu verwalten und über die Insolvenzmasse selbst zu verfügen. Der Schuldner übernimmt gewissermaßen selbst die Rolle des Insolvenzverwalters. Das Instrument kommt dann zur Anwendung, wenn die Aussichten auf eine Sanierung gut sind. Das Amtsgericht muss den Eindruck gewinnen, dass die amtierenden Unternehmenschefs in der Lage sind, ihre Firma aus der Krise führen zu können.

„Wir kämpfen mit“, sagt Atieh Kabir. „Wir zeigen nach außen, wofür das Unternehmen steht.“ Man sei „stolz und zuversichtlich“, so Dzeneta Imsirovic. Auch Jeanette Bigalke berichtet von einer guten Stimmung. „Ob es das Unternehmen schaffen wird, ist schwer zu beurteilen“, sagt sie. Geschäftsführer Lothar Schäfer verbreitet jedenfalls Optimismus. Am heutigen Dienstag findet eine Gläubigerversammlung statt. Danach können die nächsten Schritte folgen. Noch ist nicht alles in trockenen Tüchern, aber für die Kölner Filiale und auch die zentrale Verwaltung der Kette ließe sich die frohe Kunde schon einmal verbreiten. Geholfen habe unter anderem das Entgegenkommen der Vermieterin in Köln, heißt es.

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