Der Jugendliche soll dem IS einen Treueschwur geleistet haben. Am Freitag wurde seine Wohnung durchsucht.
Terrorverdacht gegen Schüler?14-Jähriger soll Anschlag in Köln geplant haben – Staatsanwaltschaft widerspricht

Aus einem Video der Amaq News Agency, dem Medienarm des Islamischen Staates: IS-Kämpfer laufen mit einer IS-Flagge. Emirhan A. soll Videos wie diese konsumiert und geteilt haben.
Copyright: Amaq News Agency/AP/dpa
Ein 14-jähriger Islamist soll angeblich einen Terroranschlag auf einen Weihnachtsmarkt in Köln im Dezember 2025 geplant haben. Wie der „Kölner Stadt-Anzeiger“ aus Sicherheitskreisen erfuhr, soll der deutsche Jugendliche Emirhan A. gegen das Betätigungsverbot für die Terror-Miliz „Islamischer Staat“ (IS) verstoßen haben. Auch soll er dem IS einen Treueschwur geleistet haben.
Die Staatsanwaltschaft Köln ermittelt gegen den Schüler wegen des Anfangsverdachts der Zuwiderhandlung gegen das Verbot des „Islamischen Staates“ (IS) in der Bundesrepublik Deutschland sowie des öffentlichen Verwendens von verbotenen Kennzeichen, die der Beschuldigte in sozialen Netzwerken veröffentlicht haben soll. „Ihm wird derzeit vorgeworfen, Videos und Symbole mit IS-Bezug geteilt zu haben“, sagte Oberstaatsanwalt Ulrich Bremer auf Anfrage.
Köln: Nachrichtendienste führten auf die Spur des 14-Jährigen
Auf die Spur des 14-jährigen Extremisten führten nach Informationen dieser Zeitung auch nachrichtendienstliche Hinweise. So sollen sich auf seinem TikTok-Account zwei Videos und ein Beitrag befunden haben, die den IS verherrlichten. Den Treueschwur auf den selbsternannten Kalifen soll der Jugendliche mit den Worten kommentiert haben: „Bevor es zu spät ist“. Das Landeskriminalamt NRW forschte weitere Netz-Kontakte aus. Dabei stießen die Staatsschützer dem Vernehmen nach auf neue islamistische Hetze durch den Schüler.
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Zudem sollen die Fahnder weitere Bestrebungen entdeckt haben, Terrorakte zu begehen. Der Verdächtige soll hier konkret Anschlagsorte genannt haben, unter anderem einen Kölner Weihnachtsmarkt – diese Erkenntnisse stammen nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ vom Bundesamt für Verfassungsschutz. Nach dem Anschlag wollte Emirhan A. demnach offenbar aus Deutschland ausreisen. Ein Staatsschützer sagte, man nehme den Vorgang sehr ernst. „Nun muss man gucken, was genau dahintersteckt.“
Unklar ist, welche Informationen schon bei der Staatsanwaltschaft in Köln angelangt sind. Oberstaatsanwalt Bremer betonte am Freitag, das Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft stütze sich weder auf einen Terrorverdacht noch beinhalte es Ermittlungen zu Anschlagsplänen des Beschuldigten auf einen Weihnachtsmarkt. „Es besteht auch kein Anfangsverdacht, dass der Beschuldigte Mitglied des IS wäre.“ Am Freitag habe man einen Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts Köln vollstreckt und die Wohnung des Beschuldigten durchsucht. Dieser habe sich „freiwillig zur Polizei begeben, um seine Identität feststellen zu lassen“, berichtete Bremer. Der 14-Jährige sei weder festgenommen noch in polizeiliches Gewahrsam genommen worden. Er war und ist also auf freiem Fuß.
Dass bereits 14-Jährige so drauf sind, ist ungeheuerlich
NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) hingegen beurteilt die Ermittlungsergebnisse anders, er sagt: „Ein junger Mann hat nicht nur auf Social-Media-Kanälen IS-Propaganda verherrlicht und verbreitet, sondern auch Anschlagsfantasien geteilt. Dass bereits 14-Jährige so drauf sind, ist ungeheuerlich.“ Laut Reul rekrutiert der Islamismus die Jüngsten. „Soziale Medien sind Brandbeschleuniger für Extremismus.“ TikTok sei längst nicht mehr nur Bühne für Tänze, sondern der Brutkasten für radikale Bestrebungen. „Wir müssen auch diese Kanäle besser im Blick behalten. Heißt: Die Plattformanbieter stärker in die Pflicht nehmen.“ Der CDU-Politiker zeigte sich froh, „dass unsere Sicherheitsbehörden frühzeitig eingegriffen haben“.
Laut dem aktuellen NRW-Lagebild Islamismus werden die Verdächtigen immer jünger: In NRW sind radikale Prediger gelegentlich vor tausenden Sympathisanten aufgetreten. Im Islamismus-Report ist von einem neue Lifestyle-Gefühl die Rede. Neuerdings sei es schick, ein Salafist zu sein, um sich abzugrenzen.
Ostern 2023 wurden drei Jugendliche aus NRW im Alter von 15 bis 16 Jahren festgenommen, die sich über islamistische Chatforen radikalisiert hatten. Mit einem weiteren Teenager aus Baden-Württemberg hatten sie laut Staatsanwalt Düsseldorf einen Mordanschlag geplant. Die IS-Anhänger wollten offenbar mit Molotowcocktails, Sprengsätzen und Messern auf Menschen losgehen.
Nach einer Untersuchung des „Instituts für Friedensforschung und Sicherheitspolitik“ der Universität Hamburg ist jede fünfte Person, die zwischen 2016 und 2022 in Deutschland islamistisch motivierte Terroranschläge vorbereitet oder durchgeführt hatte, keine 18 Jahre alt. Anfang Dezember 2023 wurde ein 15-jähriger Deutsch-Afghane aus dem Rheinisch-Bergischen-Kreis festgenommen, weil er mit einem Komplizen auf dem Weihnachtsmarkt in Leverkusen-Opladen einen mit Gasflaschen gefüllten Kleinlaster hochgehen lassen wollte. Zwei Jahre zuvor hatte ein 16-jähriger syrischer Schüler einen Sprengstoffanschlag auf eine Synagoge in Hagen vorbereitet. Der junge Mann kam mit einer Bewährungsstrafe davon, weil er laut den Richtern noch keine konkreten Maßnahmen ergriffen hatte.