Straßenkarneval in KölnWarum die Ermittlungen gegen mutmaßlich bestechliche Ordner kein Ende finden

Lesezeit 3 Minuten
Ein Ordner eines privaten Sicherheitsdienstes und kostümierte Menschen an einer Absperrung im Kwartier Latäng an Weiberfastnacht 2023

Ordner privater Sicherheitsdienste sorgen beim Straßenkarneval in Köln unter anderem für die Absperrung des Zülpicher Viertels.

Korruptionsermittler kämpfen um Durchblick im Vertrags-Chaos zwischen Stadt und Securityfirmen.

Auch ein Jahr nach den Schmiergeldvorfällen im Kwartier Latäng am 11.11.2022 ist ein Ende der Ermittlungen gegen mutmaßlich bestechliche Ordner privater Sicherheitsdienste nicht abzusehen. „Das Verfahren ist noch nicht abgeschlossen“, bestätigt Stephanie Beller von der Kölner Staatsanwaltschaft auf Anfrage. Doch warum dauert das so lange?

Schließlich sind die mutmaßlichen Taten auf Handyvideos gut dokumentiert, die Beschuldigten längst identifiziert, der Strafvorwurf klar umrissen: Bestechlichkeit.

Der Hauptgrund für die lange Ermittlungsdauer ist das komplizierte Beziehungsgeflecht der Stadtverwaltung mit den vielen Subunternehmen, die die Absperrungen beim Straßenkarneval bewachen sollten. Offenbar fällt es selbst den erfahrenen Korruptionsermittlern von Polizei und Staatsanwaltschaft schwer, das Dickicht zu durchschauen. Staatsanwältin Beller spricht von „komplexen vertraglichen Beziehungen“ zwischen der Stadt Köln und den eingesetzten Sicherheitsunternehmen, bei denen die Beschuldigten als Ordner beschäftigt waren.

Köln: Staatsanwaltschaft ermittelt gegen sechs Beschuldigte

Insgesamt wird gegen sechs Beschuldigte ermittelt. Sie sollen Menschen gegen Bargeld in die abgesperrte Feierzone rund um die Zülpicher Straße eingelassen haben – drei Fälle gab es am 11.11. des Vorjahres und drei weitere zwischen Weiberfastnacht und Rosenmontag dieses Jahres. Das Zülpicher Viertel war an den Karnevalstagen wegen Überfüllung zeitweise geschlossen. Auf dem Video eines Augenzeugen ist zum Beispiel zu sehen, wie Ordner an einer Sperrstelle auf der Roonstraße mutmaßlich fünf oder zehn Euro pro Einlass kassiert hatten.

Bei der strafrechtlichen Aufarbeitung geht es im Kern um die Frage: Sind die Ordner der privaten Security-Firmen als „amtsgleiche“ Personen zu betrachten, die hoheitliche Aufgaben wahrgenommen haben? Denn nur bei Amtsträgern und Verpflichteten im öffentlichen Dienst greift der Tatbestand der Korruption. Hätten sich Beamte oder Angestellte des Ordnungsamtes schmieren lassen, wäre die Sache wohl klar. Aber so gehe es bei den Ermittlungen unter anderem um die „konkrete Ausgestaltung der Tätigkeit der eingesetzten Ordner, etwa unter Einbindung in die behördliche Struktur“, sagt Beller.

Köln: Rechnungsprüfer deckten schwere Mängel auf 

Plakativ gesprochen prüfen die Ermittler, ob im juristischen Sinn auch der letzte Ordner auf der untersten Ebene  in einer langen Subunternehmerkette Aufgaben der öffentlichen Verwaltung im Auftrag einer Behörde ausgeführt hat – oder eben nicht.

Wie tief diese Subunternehmerstruktur reichte, hatte erst kürzlich ein Bericht des Rechnungsprüfungsausschusses aufgedeckt. Die Feststellungen der Rechnungsprüfer bezogen sich auf den 11.11.2021, es ist aber davon auszugehen, dass das Vertragsgeflecht 2022 ähnlich kompliziert gewesen sein dürfte.

2021 hatte die Stadt eine Eventagentur mit der Organisation der Feier unter freiem Himmel beauftragt. Diese Firma lagerte Teile der Sicherheitsdienstleistungen an zwei Unternehmen aus, diese wiederum beauftragten 25 weitere Firmen aus sechs Bundesländern. Dem Prüfbericht zufolge kannte das Ordnungsamt elf dieser 25 Unternehmen nicht einmal.

Die Kette der Subunternehmen reichte vier Ebenen tief. 88 Prozent des eingesetzten Personals war bei Sicherheitsdiensten beschäftigt, bei denen es nicht einmal schriftliche Abmachungen mit dem Ordnungsamt gab – auch das erschwert nun die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft. Denn oft gibt es mündliche Zusatzabsprachen zu den Verträgen, oder es existieren überhaupt keine Unterlagen. Also müssen auch Zeugen befragt werden. Und das dauert.

Damit bei der Sessionseröffnung am kommenden Samstag möglichst keine weiteren Schmiergeldfälle hinzukommen, will der städtische Ordnungsdienst nach Angaben von Ordnungsamtsleiterin Athene Hammerich diesmal ein besonderes Auge auf die Beschäftigten der privaten Sicherheitsdienste werfen. Jeder einzelne Security-Mitarbeiter und jede Security-Mitarbeiterin werde eine Weste mit individueller Nummer tragen, die auch – anders als bislang – beim Schichtwechsel nicht an Kollegen oder Kolleginnen weitergegeben werden dürfen. So soll beim Verdacht auf Verstöße der oder die Beschuldigte schnell und eindeutig identifiziert werden können.

KStA abonnieren