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Nach GeiselnahmeErstes Geständnis beim Prozess um „Kölner Drogenkrieg“ – per Haftpost

Lesezeit 2 Minuten
Die drei Angeklagten mit Verteidigern, Dolmetscherin und Wachtmeister beim Prozess im Kölner Landgericht.

Die drei Angeklagten mit Verteidigern, Dolmetscherin und Wachtmeister beim Prozess im Kölner Landgericht.

Auf ungewöhnliche Weise äußerte sich der Niederländer im laufenden Prozess.

Es ist das erste Geständnis in den laufenden Prozessen um den „Kölner Drogenkrieg“ – und es kam per Haftbrief. Schriftlich hatte sich der Angeklagte Sudnyson B. bei mehreren Männern entschuldigt, die er in einer Lagerhalle in Hürth als Geisel genommen und gefoltert haben soll. Als Opfer gilt auch Saddam B., der in einer Parallelverhandlung wegen Drogengeschäften auf der Anklagebank sitzt.

Köln: Entschuldigungsbriefe an Geiseln aus Lagerhalle

„Lieber Saddam, ich möchte mich herzlich für das entschuldigen, was ich getan habe“, so beginnt der Brief, den der Vorsitzende Richter Tilman Müller am Mittwoch in Saal 112 des Kölner Justizgebäudes verlas. „Ich hoffe, du bekommst keine Alpträume mehr“, heißt es weiter. Der Niederländer bot an, dem Geschädigten etwas Geld zu kommen zu lassen. „Über meine Familie, aber ich zahle das zurück.“

In weiteren Briefen an die Betroffenen der Geiselnahme erklärte der 35-Jährige, dass er sich für seine Taten schäme: „Ich habe einen großen Fehler gemacht und möchte das wiedergutmachen.“ Die angebotenen Geldzahlungen dürften jedoch einen Hintergedanken haben – sollte das Gericht die Zuwendungen als Täter-Opfer-Ausgleich werten, könnte dies strafmildernd berücksichtigt werden.

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Köln: Niederländer drohen mehr als neun Jahre Haft

Für Sudnyson B. ist es offenbar die Flucht nach vorne. Der Richter hatte an einem vergangenen Prozesstag nach einem Rechtsgespräch seine vorläufige Straferwartung bekannt gegeben. Demnach drohen B. mehr als neun Jahre Gefängnis. Die Verteidiger kündigten noch ein ausführliches Geständnis im Rahmen der Hauptverhandlung an. Dann könnte B. auch direkt befragt werden.

Der 35-Jährige hatte immer wieder betont, wie sehr ihm die Trennung von seiner in Amsterdam lebenden Familie zusetze. Seine Lebensgefährtin bekam ein Kind, während er in Untersuchungshaft saß. Erst im Kölner Gerichtssaal konnte der Beschuldigte sein Baby nach dem Prozessauftakt zum ersten Mal sehen – aus Sicherheitsgründen getrennt durch eine Plexiglasscheibe zum Zuschauerraum.

Köln: Laut Anklage gedroht, den Opfern die Fußnägel zu ziehen

Dem Niederländer und zwei Mitangeklagten wird konkret vorgeworfen, im Auftrag mehrere mutmaßliche Mitglieder einer Drogenbande gefesselt und misshandelt zu haben. Auch soll den Geiseln gedroht worden sein, man werde ihnen die Fußnägel ziehen. Hintergrund war, dass die Männer beschuldigt wurden, am Raub von 350 Kilogramm Marihuana beteiligt gewesen zu sein.

Ein Verrat innerhalb der Kalker Drogenbande soll den Raub in Hürth erst ermöglicht haben. Aktuell laufen noch zwei Prozesse zum Komplex „Kölner Drogenkrieg“ am Landgericht. Einer dreht sich um eine weitere Geiselnahme – ein Pärchen wurde in eine Rodenkirchener Villa verschleppt. Auch hier wurden mehrere Täter auf frischer Tat festgenommen. Insgesamt gibt es etwa 40 Beschuldigte.