„Alles ist endlich, auch die Kraft“Hannes Schöner verlässt überraschend die Höhner

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Hannes Schöner

Hannes Schöner wird künftig nicht mehr mit den Höhnern auf der Bühne stehen. 

Köln – Es ist eine faustdicke Überraschung, mit der die Höhner am Tag der Verlängerung des zweiten Teil-Lockdowns aufwarten: Hannes Schöner, seit 1990 als Bassist, Sänger, Arrangeur und maßgeblicher Komponist eines der Gesichter der auch bundesweit erfolgreichen kölschen Band, wird ab 1. Januar 2021 nicht mehr als festes Bandmitglied mit den Höhnern auf der Bühne stehen.

„Ich möchte an dieser Stelle betonen“, sagt der 67-jährige Schöner in einem Video, in dem er den Fans seinen Entschluss mitteilt, „dass ich die Höhner nicht verlasse – so wenig, wie man eine Familie verlässt. Ich will und werde im Hintergrund weiter versuchen, an der Erfolgsgeschichte dieser Band mitzuwirken.“ Praktisch bedeutet das, dass sich Schöner vom Dauerstress mit einigen hundert Auftritten im Jahr verabschiedet, der Band aber als Gesellschafter, Berater und Komponist weiter zur Verfügung steht.

Einen Nachfolger suchen die Höhner derzeit. Im exklusiven Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ erläutern Hannes Schöner und Frontmann Henning Krautmacher, wie es zu der Entscheidung gekommen ist.

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Herr Schöner, ihr Rückzug von der Bühne zum Jahresende ist eine Überraschung.

Schöner: Das ganze Showgeschäft hat wegen Corona eine Vollbremsung hingelegt, auch unser Höhner-ICE. Und wenn ein Zug anhält, dann denkt man ans Aussteigen. Anfangs hat man gedacht, naja, nach den Sommerferien geht’s wieder los, aber das war so ja nicht. Dann kam mein 67. Geburtstag, und ich habe festgestellt, dass ich im besten Rentenalter bin. Ich habe dann viel diskutiert mit der Band und der Familie, nachgedacht. Man hört in sich rein, schreckt auch zurück, fragt sich, ob das alles so richtig ist. Und dann habe ich entschieden, dass ich nicht mehr mit der Band auf die Bühne gehe ab dem 1.Januar 2021. Die Höhner sind wie eine Familie, und wir sind nach wie vor auch beruflich auf diversen Ebenen miteinander verbunden. Wir wollen diese Phase der Ruhe nutzen, um einem neuen Mann die Chance zu geben, sich einzuarbeiten. Die Höhner haben dann zum wiederholten Male die Möglichkeit, sich neu zu erfinden, noch mal Vollgas zu geben und weiter erfolgreich zu sein. Diese Langzeitperspektive war mit mir einfach nicht mehr gegeben. Die Entscheidung ist gewachsen und fühlt sich für mich jetzt auch gut an.

Also würden Sie auch im unwahrscheinlichen Falle, dass es doch noch eine Karnevalssession gibt, nicht mehr dabei sein?

Schöner: Genau. Aber natürlich arbeiten wir weiter intensiv an neuen Songs, etwa mit Henning und Jens. Ich habe ja ein Studio in der Eifel. Ich will die Band mit aller Kraft unterstützen, dass auch die neue Phase erfolgreich wird.

Krautmacher: Wir würden das genau so leben wie mit Peter Werner und Janus Fröhlich, den Gründern der Höhner, die vor fünf Jahren ausgestiegen sind. Wenn wir neue Projekte planen, etwa eine Höhner Rockin’ Roncalli Show oder Höhner Classics, dann sitzen wir in Gremien zusammen und sind dankbar für Erfahrung der Gründerväter. Das wird bei Hannes nicht anders sein. Natürlich ist das ein Einschnitt. Da ist auf einmal ein liebgewonnenes Gesicht nicht mehr zu sehen – ich hoffe, dass die Leute merken, dass der Geist, der Spirit, weiterhin da ist.

Schöner: Alter kann man ja nicht verleugnen. Wir haben oft darüber gesprochen, dass man aufhören sollte, bevor die Leute sagen: Wird langsam Zeit, dass der weg ist. Es ist ein erstrebenswertes Ziel, den Leuten in guter Erinnerung zu bleiben. Im übernächsten Jahr gibt es die Höhner seit 50 Jahren. Nur die Bläck Fööss sind älter. 50 Jahre Bandgeschichte gibt es ja eigentlich nicht. Die Beatles haben gerade mal zehn Jahre geschafft.

Und die Schlagzahl ist hoch.

Schöner: Die Höhner sind ein Fulltime-Job, der sehr viel Spaß macht, aber auch sehr anstrengend ist. Und nicht wirklich familienfreundlich. Wir hätten normalerweise allein jetzt in der Vorweihnachtszeit eine Tour von 23 Konzerten. Ich bin jetzt in der Phase des Lebens angekommen, wo auch meine vier Enkel ihre Forderungen stellen. 

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Welche Rolle spielt Corona bei Ihrer Entscheidung?

Schöner: Die Zukunft der Band kann man nur planen, wenn man unseren Ausstieg mit einbezieht. Alles ist endlich, auch die Kraft, mit der man so einen Job machen kann. Der Lockdown hat das Prozedere sehr beschleunigt.

Weil man viel Freizeit hat und feststellt, das ist auch ganz schön?

Schöner: Eine Erfahrung, die mir völlig gefehlt hat. Ich habe zum ersten Mal Freundschaften geknüpft, in der Eifel, wo ich seit fast 40 Jahren wohne. Ich bin da nie zu gekommen. In Köln kenne ich natürlich viele Menschen. Die Eifel war so ein Satelliten-Außenposten. Ich war immer unterwegs. Und jetzt lerne ich auf einmal Leute kennen, die in meiner Umgebung wohnen. Man trifft sich abends, lernt neue Freunde kennen. Für mich eine vollkommen neue Erfahrung in dieser Welt. Zeit zu haben für Kinder und Enkel. Überhaupt Zeit zu haben.

Ein neues Leben, das 30 Jahre Bandgeschichte relativiert?

Schöner: Nein, natürlich war die Zeit mit den Höhnern super. Wir waren in China, in Kuba, haben in der Deutschen Botschaft in Washington gespielt. Wir haben Deutschland gerockt, zehn Jahre lang sehr erfolgreich bundesweite Tourneen gemacht. Das sind Erlebnisse, die bleiben. Und ich werde weiter Musik machen, aber nicht mehr mit dieser Taktzahl. Da musst du fit sein wie ein Turnschuh. Karneval etwa ist BB – Bett und Bühne. Über Wochen. Da kann man sich keinen Ausrutscher leisten, muss sich gesund ernähren. Das ist ein Marathonlauf. Vor 30 Jahren kein Problem, aber heute schon.

Unterwegs waren Sie ja auch schon vor der Höhner-Zeit.

Schöner: Ja, ich war schon zehn Jahre im Show-Business. Ich habe 1982 an der Vorentscheidung zum Grand Prix teilgenommen (Mit dem Titel „Nun sag schon Adieu“ belegte er den dritten Platz. Vor ihm konnten sich nur Paola auf Platz zwei und auf Platz eins Nicole mit „Ein bisschen Frieden“ platzieren, Anm. d. Red.), habe ein Album mit Harold Faltermayer produziert. Ich habe Disco-Pop gemacht und erfolgreich Lieder für Mireille Mathieu, Rex Gildo, die Lords und andere geschrieben.

Wie kamen Sie dann zu den Höhnern?

Schöner: Ich hatte im Studio schon mal Background für die gesungen, daher kannten wir uns. Im Express stand dann „Höhner suchen neuen Bassisten – der alte geht als Tänzer nach Amerika“. Dabei war ein Foto von den Höhnern mit groß geschminkten Mündern. Das habe ich meiner Frau gezeigt und gefragt, ob ich mich da mal bewerben soll. Sie antwortete: Wenn du so rumlaufen musst, besser nicht. Ich habe dann trotzdem Henning angerufen. Ich passte da rein mit meinen vier Kindern, die Höhner sind eine Familienband. Wir waren damals nicht die furchtbarste Band Deutschlands, aber die fruchtbarste (lacht).

Aber waren Sie nicht eigentlich Gitarrist?

Schöner: Ich sehe mich als Singer/Songwriter. Ich schreibe Lieder und singe sie dann auch. Die Instrumente, die ich dazu brauche, kann ich alle ein bisschen. Keines perfekt, aber so, dass es reicht.

Krautmacher: Die Band hat einen Bassisten gesucht und einen Bassisten und Top-Sänger bekommen. Wir sind durch Hannes besser geworden. Er ist ja auch ein Top-Arrangeur, seine Chor-Sätze sind vom Feinsten. Das war eine neue Qualität.

Schöner: Und ich kannte Rundfunkredakteure im ganzen Land aus meiner Schlagerzeit. Das hat sich gut ergänzt. „Leider gut“ war das erste Album, an dem ich mitgewirkt habe, und wir sind damit auf Promo-Tour gegangen. Damals ging an den Bläck Fööss in Köln kein Weg vorbei. Sie waren die klare Nummer eins, und das sind sie in unseren Herzen immer noch. Sie sind die Erfinder der kölschen Beat- und Popmusik. Deshalb wollten wir uns schon damals – an den Fööss vorbei – aus Köln rausbewegen und versuchen, bundesweit Erfolg zu haben. Wir sind von Hause aus eine urkölsche Band, aber wir haben uns auch überregional ausprobiert. Wir hatten eine A-Cappella-Nummer, „Küsschen, Küsschen“, die hatte alleine 13 Fernsehauftritte. Wir waren eine skurrile Randerscheinung, aber es hat funktioniert. Der Höhepunkt der Entwicklung war dann die erste und einzige Nummer-eins-Single einer kölschen Band überhaupt, selbst BAP hat das nie geschafft. „Wenn nicht jetzt, wann dann“ zur Handball-WM 2007. Wir wollten immer mehr als nur Karneval. Köln war wichtig, aber nicht alles. Es gab ja immer wieder Kritik etwa an den hochdeutschen Texten.

Krautmacher: Damit waren wir nur der Zeit ein wenig voraus. 

Schöner: Der Willy Millowitsch hat immer gesagt: Ihr müsst so sprechen, dass man euch versteht. Und der hatte ja auch bundesweit Erfolg.

Krautmacher: Das war auch ein Lernprozess. Auf Anraten der Plattenfirma haben wir im Jahr vor Hannes ein Album nur auf Hochdeutsch gemacht. Reines Schlagersegment. Das war eine harte Session: (singt) „Für dich hol ich den Mond vom Himmel...“ Aber wir haben dann erkannt: Wenn wir uns verstellen, ist es das auch nicht.

Schöner: Wir haben eine Tür aufgemacht. „Viva Colonia“ ist eine kölsche Nummer – dass die Oktoberfest-Hit wird und eine Weltkarriere macht, das war ja nicht auszudenken. Hits kann man nicht planen.

Zurück zur Zukunft. Wer wird ihr Nachfolger?

Schöner: Es gibt ein paar sehr gute Bewerber, aber bei den Höhnern geht es nicht nur um die musikalische Qualität, sondern auch um die Identifikation. Da muss einer her, der das ganze bereichert. Und die Chemie muss stimmen. Wir sind für Vorschläge offen.

Und sie, Herr Krautmacher, sind der nächste?

Krautmacher: Mit 63 denkt man zwangsläufig über ein Rentnerdasein nach, aber ich habe noch ein paar Jährchen. Ob ich dann mit 67 oder 68 aufhöre, kann man jetzt noch nicht planen. Jetzt müssen wir erst einmal die Corona-Krise überstehen. 

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