Kölner AWB-Mitarbeiter über Zülpicher Straße„Irgendwann kennt man keinen Ekel mehr“

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Die Putzkolonne der AWB ist auf der Zülpicher Straße unterwegs.

  • Thomas Faßbender ist Gruppenleiter Straßenreinigung in der Innenstadt und Südstadt, wozu auch das Kwartier Latäng, die Ringe und der Aachener Weiher zählen.
  • Am Wochenende ist er zum Beispiel häufig auf der Zülpicher Straße im Einsatz, um Flaschen, Essensreste und anderen Unrat zu entfernen.
  • Im Interview berichtet er über aggressive Feiernde, menschliche Exkremente in Hauseingängen und den Umgang mit Ekel.

Köln – Was finden Sie an Müll und Unrat vor, wenn Sie an einem üblichen Samstagmorgen auf die Zülpicher Straße kommen?

Das ist die ganze Palette an Partymüll. Hauptsächlich jede Menge Glas, in 1000 Scherben zersplittert. Aber auch Essensmüll, Dönerreste, Pizzastücke. Außerdem – je mehr man sich in Richtung der Parks und Plätze begibt – auch viel Grillgut inklusive der kompletten Grills. Einige entsorgen aber auf der Straße auch ihren gesamten Hausmüll, den wir dann wegmachen müssen.

Welcher Müll macht die größten Probleme?

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Zum Beispiel die Essensreste, weil die oft besonders fettig und klebrig sind. An Sonntagen dürfen wir aus Lärmgründen auch nicht den gesamten Fuhrpark einsetzen, sodass wir unsere Fahrzeuge mit Wasser für die schmierigen Sachen nicht haben.

Anwohner sagen immer wieder, dass Feiernde in die Hauseingänge kotzen, pinkeln und ihre Notdurft verrichten. Ist das so?

Ja, das passiert immer öfter. Wir versuchen dann immer, das direkt wegzubekommen. Aber oft können wir das erst montags machen, weil wir dafür die Fahrzeuge brauchen, mit denen zum Beispiel die Fäkalien weggesprüht werden können. Wenn wir aber mit unseren Hochdruckreinigern und Chemikalien direkt in Hauseingänge reinhalten, machen wir unter Umständen auch mehr kaputt als sauber. Da muss man schon aufpassen. Auch weil wir für Hauseingänge theoretisch nicht zuständig sind, sondern nur für die öffentlichen Straßen. Hauseingänge sind eigentlich Privatbereich. Aus Kulanz machen wir den Dreck aber auch manchmal weg.

Wie macht man menschliche Kothaufen weg?

Wenn möglich, sprühen wir die mit dem Hochdruckreiniger in die Gullydeckel. Wenn das nicht geht, nehmen wir die manuell auf.

Das klingt nicht so erbaulich.

Richtig. Aber das können wir uns manchmal nicht aussuchen.

Wie überwinden Sie den Ekel?

Sagen wir so: Dadurch, was wir jeden Tag tun, ist man vieles gewohnt. Irgendwann kennt man keinen Ekel mehr.

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Die meisten von uns sollten mal gelernt haben, dass man Müll in Abfalleimer wirft und zur Toilette geht, wenn man muss. Sie sehen jeden Tag, dass das offenbar nicht mehr selbstverständlich ist.

Unsere Stadt wächst halt immer stärker, es kommen immer mehr Leute und die Zülpicher Straße ist inzwischen die Partymeile schlechthin. Da ist es auch normal, dass mehr Dreck produziert wird. Und es gibt immer Menschen, die sagen: „Ich zahle ja Steuern und Müllgebühren, deshalb darf ich das auch auf die Straße schmeißen.“ Das ist nicht schön, aber es sichert ja auch irgendwie unseren Arbeitsplatz. So sehe ich das. (lacht)

Ist die Zülpicher Straße die schlimmste Müll-Straße in Köln?

Sie ist jedenfalls unter den Top fünf. Dort ist es zuletzt immer schlimmer geworden, weil sich die Feiern dorthin verlagert haben. Aber am Alter Markt und Altstadtufer ist zum Beispiel auch immer Halligalli, aber auch am Rheinboulevard und natürlich auf den Ringen.

Sind die Menschen denn wenigstens freundlich zu Ihnen, wenn Sie morgens den letzten Party-Gängern auf der Zülpicher Straße begegnen?

Die meisten ja, aber nicht alle. Leider kommt es regelmäßig vor, dass uns betrunkene Menschen eher als Störfaktor sehen und aggressiv werden, besonders an Karneval und bei anderen Großveranstaltungen. Wir werden bedroht und mit Flaschen beworfen, immer wieder versuchen Menschen, sich mit uns zu prügeln. Wir hatten auch schon verletzte Kollegen, die geschlagen worden sind. Dann geht man halt erstmal dort reinigen, wo die Stimmung nicht so aufgeladen ist und kommt eine Stunde später wieder, wenn es ruhiger geworden ist. Wir versuchen, das nicht so nah an uns ran zu lassen. Das ist nun mal leider unsere Zeit.

Früher waren Müllmänner in ihren orangenen Overalls Berufsvorbilder für viele Kinder, heute werden Sie mit Flaschen beworfen, die Sie hinterher wegkehren dürfen. Kann der Beruf überhaupt noch Spaß machen?

Irgendwie schon. Wir kommen morgens auf die Straße mit einem Haufen Müll und sehen „das ist aber eine Katastrophe“. Aber wenn wir fertig sind, gehen wir als Sieger vom Platz.

Müllentsorgung als sportlicher Wettkampf?

Kann man so sagen, ja. (lacht)

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