Das Landgericht Köln muss nach einer Rüge des Bundesgerichtshofs neu verhandeln.
Bar im Zülpicher ViertelSchwere Messerattacke auf Herrentoilette – war es etwa doch Notwehr?

In einer Bar im Bereich der Zülpicher Straße kam es zu der schweren Messerattacke.
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Ein schwerer Messerangriff in einer Bar im Zülpicher Viertel wird erneut vor dem Kölner Landgericht verhandelt. Ein erstes Hafturteil wegen gefährlicher Körperverletzung hatte der Bundesgerichtshof aufgehoben – die Richter hätten sich mit einer möglichen Notwehrsituation nicht ausreichend auseinandergesetzt. Verteidiger Sebastian Schölzel strebt offenbar Freispruch für seinen Mandanten an.
Köln: Messerangriff auf der Herrentoilette
Die Tat ereignete sich in der Nacht auf den 21. Juni 2020. Nach einem Streit über Schulden aus einem Drogenkauf zwischen dem späteren Opfer und einem Freund des Angeklagten – so stellte es das Landgericht in erster Instanz fest – eskalierte die Situation. Der Beschuldigte soll sich eingemischt und dem Kontrahenten auf die Herrentoilette des Lokals gefolgt sein. Dort habe er ein Messer gezogen.
Das Einhandmesser hatte der Angeklagte womöglich zur Einschüchterung genutzt, es dann aber wieder weggesteckt, da sein Gegenüber nicht reagierte, so die bisherigen Feststellungen. Danach soll der „deutlich größere und muskulösere“ Kontrahent auf den Angeklagten losgegangen sein. Der heute 47-Jährige soll darauf erneut sein Messer gezogen und wild um sich gestochen haben.
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Köln: Zeugen griffen Messerstecher auf der Straße an
Der Geschädigte erlitt neun Schnittwunden im Bereich der Brust, des linken Oberarms und der Wange. Schwerverletzt konnte er sich laut Landgericht noch wehren und den Angeklagten zu Boden schlagen, musste später aber notoperiert werden. Der Angeklagte war nach dem Angriff ins Freie geflüchtet. Dort verprügelten ihn weitere Gäste und schlugen ihm eine Bierflasche gegen den Kopf.
Eine neue Strafkammer des Landgerichts muss nun bewerten, ob zum Zeitpunkt des Messereinsatzes vielleicht doch eine Notwehrsituation vorgelegen hat. In erster Instanz hatten die Richter diese verneint. Zum einen habe der Angeklagte den Angriff des Kontrahenten durch sein vorheriges Vorhalten des Messers provoziert. Er habe daher vorrangig fliehen oder um Hilfe rufen müssen.
Köln: Bundesgerichtshof hebt erstes Urteil komplett auf
Der Bundesgerichtshof widersprach den Ausführungen des Landgerichts jedoch. Durch die dynamische Situation in der Herrentoilette sei nicht sicher, wer näher am Ausgang gestanden habe. Und auch Hilferufe seien nicht unbedingt erfolgversprechend gewesen – denn weitere Gäste waren offenbar auf der Seite des Kontrahenten, wie der spätere Angriff auf der Straße belege.
Die Beweisaufnahme muss nun laut BGH-Beschluss komplett wiederholt werden. Beim neuen Prozessauftakt bekräftigte der Angeklagte, sich in einer für ihn ausweglosen Situation befunden zu haben. Durch eine Skizze des Tatorts machten sich die Prozessbeteiligten ein Bild von den beengten räumlichen Verhältnissen. Ein Urteil im neuen Verfahren soll bereits Ende August fallen.