„Was guckst Du so?“Messerattacke auf Kölner Ringen – Richter spricht von Notwehr

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Der Angeklagte mit seinem Verteidiger Simon Groß beim Prozessauftakt im Kölner Landgericht.

Köln – Aus einer Nichtigkeit heraus entsteht am Hohenzollernring eine beinahe tödlich verlaufene Auseinandersetzung. „Was guckst Du so?“ Ein solcher Satz und ein Tritt veranlassen Yilmaz B. (21, Name geändert) vergangenen Juni dazu, sein Klappmesser aus der Hosentasche zu ziehen. Er steht seit Donnerstag vor Gericht. Blutige Vorfälle wie diese, die völlig außer Kontrolle geraten sind, hatten zu den frisch eingerichteten Waffenverbotszonen in der Kölner Innenstadt geführt.

Überwachungskamera zeichnet Vorfall im Juli auf

Die Überwachungskamera auf den Ringen hat den Vorfall an jenem Samstagmorgen, 5.29 Uhr, glasklar aufgezeichnet. Das Video wird im Gerichtsaal abgespielt: Es ist bereits hell, als der Angeklagte mit einem Freund und einer Bekannten nach dem Feiern auf dem Bürgersteig steht und auf den Provokateur trifft. Den Tritt gegen sein Bein lässt sich Yilmaz B. noch ruhig gefallen, nicht aber, dass der Fremde nach deren Eingreifen plötzlich nach seiner Begleiterin schlägt.

Tumultartige Szenen schließen sich an. Erst bringt der Angeklagte den Pöbelnden zu Boden, das Messer hat er dabei noch in der Hand. Dann stürmen auf einmal etwa zehn Männer dazu, die sich vorher am Taxistand aufgehalten haben. Sie schlagen auf Yilmaz B. ein, der rücklings auf den Boden kracht. Ein Mann im weißen Hemd tritt wuchtig in Richtung des Kopfes des Bodybuilders. Das ist der Augenblick, als B. sein Messer einsetzt, und dem Angreifer in die linke Flanke sticht.

Alles zum Thema Herbert Reul

Mann musste nach Messerstich Gallenblase entfernt werden

„Oh Gott“, ruft eine Begleiterin im Gerichtsaal, als die die Szenen auf der Leinwand beobachtet. Das weiße Hemd des Getroffenen hat sich im Bereich des Rückens rot gefärbt, der Mann verlässt den Tatort vor einer Bar noch auf den eigenen Beinen. Nach wenigen Metern kollabiert er zwischen zwei geparkten Autos. Lebensgefährlich verletzt wird der 24-Jährige ins Krankenhaus eingeliefert. Eine Not-Operation rettet sein Leben, die Gallenblase muss entfernt werden.

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Er und seine Kammer hätten sich das Video sicher 50 Mal angeschaut, sagt der Vorsitzende Richter Achim Hengstenberg. Und letztlich sei man zu dem Schluss gekommen, dass hier wohl eine Notwehrsituation vorgelegen habe. Der Angeklagte sei daher aus der Untersuchungshaft entlassen worden. Nachdem der Verletzte und der Provokateur am Donnerstag die Aussage verweigert haben, läuft nun alles auf Freispruch vom Vorwurf des versuchten Totschlags heraus.

Ringe und Kwartier Latäng nun Waffenverbotszonen

Unabhängig davon, ob der Messereinsatz rechtlich zulässig war oder nicht: Dieser Fall zeigt deutlich, welch furchtbare Dynamik sich aus dem Mitführen einer Waffe in einer Partyzone entfalten kann. Übermäßiger Alkoholkonsum, Imponiergehabe junger Männer und im schlimmsten Fall liegt jemand tot auf der Straße. Der damalige Tatort ist nun auch Teil der Waffenverbotszonen, die Innenminister Herbert Reul (CDU) im Dezember an Kriminalitäts-Hotspots einrichten ließ.

Waffenverbotszone Schild

Diverse Schilder weisen in der Kölner Innenstadt jetzt auf die Waffenverbotszonen hin.

Am Wochenende von 20 Uhr abends bis 6 Uhr morgens ist das Mitführen etwa von Schuss- und Stichwaffen und generell Messern mit einer Klingenlänge von mehr als vier Zentimetern im Bereich Ringe und Kwartier Latäng nicht mehr erlaubt. Das Verbot sei ein deutliches Signal, „dass wir hier in Köln keine Gewalt dulden und in unserer Stadt kein Platz ist für Menschen, die mit dem Messer in der Tasche »feiern« wollen“, hatte die Kölner Stadtdirektorin Andrea Blome dazu erklärt.

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