Politik und Karnevalisten blickten gespannt auf das Pilotprojekt und stellen fest: Es muss sich erst noch etablieren.
„Aller Anfang ist schwer“Neue Kölner Bühne am Ring blieb leer – Kritik von Schaafenstraßen-Wirt
Um 11.11 Uhr tat sich an der neuen Bühne auf dem Hohenstaufenring Leere auf. Platz wäre hier für bis zu 7000 Menschen gewesen. Joachim Zöller, Präsident der Karnevalsgesellschaft „Die Grosse von 1823“ trat zum Mikro und begrüßte die vereinzelten Jecken, die im Regen standen. Die wenigen Feiernden, die an Weiberfastnacht das neue Angebot zwischen Schaafenstraße und Schaevenstraße aufgesucht haben, stellten sich zwischendurch lieber in die Hauseingänge statt an die Bühne.
Ein paar Stunden später wird Zöller ein erstes Fazit ziehen: „Dass der Regen sich so auswirken würde, hätten wir nicht gedacht.“ Aber er bleibt betont gelassen: „Wir wollten eine Alternative schaffen und keinen weiteren Hotspot.“ Man habe vorher kaum Werbung gemacht, angesichts der Wetterprognosen hätte man vielleicht doch nochmal die Werbetrommel auf Social-Media rühren können. Aber als erfahrener Veranstalter weiß er auch: Eine Bühne braucht Zeit, um angenommen zu werden. Bis dahin bleibe es eine „Gratwanderung“.
OB Reker an der Open-Ring-Bühne „traurig“
Deutlicher drückt OB Henriette Reker ihre Enttäuschung aus. Für ihr traditionelles Statement haben die OB und Festkomitee-Präsident Christoph Kuckelkorn statt der Zülpicher Straße die neue „Open Ring“-Bühne gewählt, um diese einzuweihen. Sie sei traurig, dass man am Donnerstag den Ernstfall nicht habe proben können. „Trotzdem muss ich sagen, hier sind ja Menschen hergekommen. Es ist also attraktiv genug, um Menschen anzuziehen.“
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Als Ausweichfläche für die üblicherweise brechend volle Zülpicher Straße könne sie aber erst dann eingesetzt werden, wenn sie „sich wirklich etabliert. Das kann auch drei bis vier Jahre dauern“, sagt Zöller. Er zieht eine Parallele zur Veranstaltung im Tanzbrunnen, die die KG vor zehn Jahren am 11.11. als Entlastung zum Heumarkt eingeführt habe. „Da haben wir in den ersten zwei Jahren auch defizitär gearbeitet und jetzt ist der Tanzbrunnen immer ausverkauft.“
Morgens um 9 Uhr: Eine Gruppe steht pünktlich vor der Bühne, hochmotiviert. Thomas Feuser hat sich mit seinen Freunden ganz bewusst für das neue Angebot entschieden. „Hier geht alles gesittet und friedlich vonstatten. Die Zülpicher hat sich in den letzten Jahren zu einer Saufveranstaltung entwickelt. Und ich habe nur schlechte Erfahrungen da gemacht“, sagt der 20-Jährige.
„Hier gibt es Live-Musik, an der Zülpi nicht“
Eine Familie steht ebenfalls um kurz nach neun bereit. Sie ist enttäuscht: „Es hieß, dass es um 9 losgehen sollte, aber noch ist nichts. Wir sind extra früh aufgestanden. Außerdem ist es viel zu kalt.“ Im Laufe des Tages nutzen die Jugendliche den Abschnitt der „Open Ring“-Bühne eher als Durchgang. Manch eine Gruppe bleibt neugierig stehen, tanzt oder singt mit - um kurze Zeit jedoch später weiterzuziehen.
Emily ist mit ihren Freunden aus dem Kölner Umland hergekommen. Eigentlich wollten sie direkt zur Zülpicher Straße, haben sich aber zu den Liedern vom Jugendchor St. Stephan schon einmal warmgetanzt. „Ich finde das echt cool hier, weil es Live-Musik gibt, die gibt es an der Zülpi nicht.“ Und das ist auch erklärtes Ziel von KG-Präsident Zöller: „Wir wollen die Jugend abholen und ihnen zeigen, wie man mit Niveau Straßenkarneval feiert.“ Das Programm mit der Band Rhythmussportgruppe, Kempes Feinest oder Stadtrand sowie mit einigen DJs war ambitioniert.
Das Ganze hat sich die Stadt 320 000 Euro kosten lassen. „Wir haben drei Unfallstationen eingerichtet mit großem Zelt, Getränke- und Essenstände aufgebaut. Wir haben Probleme, mit der Summe auszukommen. Von der Stadt kriegen wir noch einen Nachschlag, und sonst legen wir aus eigener Tasche noch was dazu“, so Zöller. Auch Bezirksbürgermeister Andreas Hupke stattete der Veranstaltung einen Besuch ab: „Aller Anfang ist schwer“. Trotz der niedrigen Auslastung möchte er an dem Konzept festhalten. „Man braucht einen langen Atem.“
Open-Ring: Kritik aus der Schaafenstraße
Kritik an der neuen Bühne kam im Vorhinein aus dem Vorstand des Cologne Pride. Die Situation in der Schaafenstraße blieb tagsüber aber ruhig. Die Absperrung vor der Straße führte dazu, dass Passanten die Schaafenstraße nur über den Zugang der Stadtsparkasse erreichen konnten. Dennoch blicken Steffen und Dorin auf dem Weg zur Kneipe Excorner mit gemischten Gefühlen auf den Tag. „Am 11.11. wurden wir von Jugendlichen angepöbelt. Durch die Absperrung wirkt es auf jeden Fall sicherer.“
Auch Excorner-Wirt Dieter Hennes ist kritisch: Er bedauert, dass die Stadt kein gesondertes Bühneprogramm für die Schaafenstraße erlaube. „Wenn ich hier am Nachmittag Einlassstopp machen muss, was machen dann die, die einen geschützten Raum zum Feiern suchen, die sich mit ihrem Fummel, als Homosexueller oder Transgender auf der Zülpi oder an den Ringen nicht wohl fühlen?“.