Lynchmord in Köln-HöhenbergRichter schützt den Angeklagten – er soll Autofahrer attackiert haben

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Der Angeklagte wird von einem Wachtmeister in den Saal im Landgericht Köln gebracht.

Der in U-Haft sitzende Angeklagte wird von einem Wachtmeister in den Saal gebracht.

Der Prozess gegen einen mutmaßlichen Beteiligten findet hinter verschlossenen Türen statt. Die Begründung des Richters überrascht. 

Ein regelrechter Lynchmob überfiel einen Autofahrer in Höhenberg, nach etlichen Messerstichen starb der Familienvater wenig später. Am Donnerstag startete vor dem Landgericht der bereits dritte Prozess gegen einen der mutmaßlichen Täter. Im Gegensatz zu den anderen derzeit Angeklagten soll Toni H. aktiv mitgewirkt haben. Einzelheiten erfuhren Prozessbeobachter allerdings nicht.

Kölner Richter schließt die Öffentlichkeit vom Prozess aus

Die Anklageschrift war noch nicht verlesen, da fragte der Vorsitzende Richter Ansgar Meimberg den Verteidiger, ob dieser den Ausschluss der Öffentlichkeit beantrage. Der Anwalt bejahte und so kam es dann auch. Die kuriose Begründung: Toni H. mache einen labilen Eindruck. Im Zentrum des Geschehens stehe eine Familienfehde, es drohe eine „atmosphärische Auseinandersetzung“.

Für die Entwicklung des „Heranwachsenden“, so Meimberg, sei es daher besser, komplett hinter verschlossenen Türen zu verhandeln. Dabei ist Toni H. gar nicht mehr heranwachsend, er ist 22 Jahre alt. Die Tat selbst geschah nur drei Wochen vor dem 21. Geburtstag des Angeklagten – daher könnte noch Jugendrecht zum Zuge kommen. Danach gilt ausnahmslos das strenge Erwachsenenstrafrecht.

Angeklagter soll aktiv am Geschehen beteiligt gewesen sein

Informiert sei die Öffentlichkeit durch die beiden Parallelprozesse ja zur Genüge, hatte der Richter erklärt. Die dort Beteiligten sollen beim mutmaßlichen Lynchmord allerdings nur vor Ort gewesen und einen Fluchtwagen gefahren haben. Toni H. hingegen soll auf das Opfer aktiv eingewirkt haben, weshalb seine mutmaßliche Rolle bei der Tat womöglich als ungleich gewichtiger anzusehen ist.

Ausgangspunkt der Tat aus dem März 2022 ist laut Anklage eine Fehde zweier Familien-Clans. Der Bruder des späteren Opfers soll in der Nacht zuvor über Facebook die andere Familie beleidigt und insbesondere verstorbene Angehörige geschmäht haben. Mitglieder der Gegenseiten hätten daraufhin Rache geschworen, vom Patriarchen sei eine „Machtdemonstration“ gefordert worden.

Kölner Familienvater stirbt 18 Tage nach der Tat

Da der Facebook-Schmäher nicht greifbar gewesen sei, habe man sich dessen Bruder als Opfer ausgesucht. Und so kam es laut Anklage dazu, dass sich am Tattag 25 bis 30 mutmaßliche Familienmitglieder in Höhenberg versammelten. Ein Überwachungsvideo zeigt, wie die Männer stundenlang auf der Straße warteten, bis am Nachmittag ein Smart an der Kreuzung auftauchte.

Nur Momente später stürmte ein ganzer Mob auf das Auto zu und ging zum Angriff über. Von allen Seiten hätten die Täter auf ihr Opfer eingewirkt. Erst im Auto, dann draußen. Von 17 Stichen und Hammerhieben war die Rede. Das 37-jährige Opfer überlebte knapp, erlitt aber einen schweren Hirnschaden. Der zweifache Familienvater starb 18 Tage später im Krankenhaus.

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