Schlechte ZahlenScharfe Kritik an Wohnungsbaupolitik der Stadt Köln

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Die wachsende Stadt benötigt mehr Wohnungen. 

  • Im vergangenen Jahr wurden in Köln 2175 Wohnungen gebaut. Das ist fast die Hälfte der Zahl von 2018. Das Ziel der Stadt sind eigentlich 6000 Wohnungen.
  • SPD und Linke sehen die Oberbürgermeisterin Henriette Reker in der Pflicht.
  • Vor allem für die Stadtspitze dürften die schlechten Zahlen im Wahljahr ziemlich ungelegen kommen.

Köln – Die am Donnerstag vorgestellten Zahlen zum Wohnungsbau in Köln haben SPD, Linke und FDP zum Anlass für deutliche Kritik an der Stadtspitze genommen. SPD-Oberbürgermeisterkandidat Andreas Kossiski sprach von einem „neuen Tiefpunkt“, für den er Oberbürgermeisterin Henriette Reker verantwortlich machte. „Wohnen ist in Köln mittlerweile ein Luxusgut“, weil zu wenig gebaut werde. Er forderte schneller Genehmigungsverfahren und die Ausweisung von mehr Bauland.

„OB lässt sich an der Nase herumführen”

Die Linke will, dass die Stadt selbst mehr in den Wohnungsbau investiert. Eine neue städtische Baugesellschaft könne dafür ein gutes Instrument sein. Ihr Fraktionschef Jörg Detjen kritisierte auch die privaten Investoren. Reker würde sich von den privaten Unternehmen „an der Nase herumführen“ lassen. „Das Bündnis der Oberbürgermeisterin mit privaten Investoren löst das Wohnungsproblem nicht“, so Detjen. „Das Kölner Wohnbaubündnis entwickelt sich zum Rohrkrepierer.“ Die private Wohnungswirtschaft müsse beim nächsten Wohnungsbauforum Mitte Juni Rechenschaft darüber ablegen, „warum sie sich verweigert und nicht ansatzweise die zugesagte Fertigstellung von 6000 Wohnen pro Jahr erreicht“. Die Linke glaubt, dass manches Projekt trotz Baugenehmigung nicht realisiert werde, weil der Investor auf weiter steigende Preise am Grundstücks und Wohnungsmarkt spekuliere.

FDP fordert weniger Vorgaben

Die FDP nahm die Wohnungswirtschaft in Schutz. Es seien die vielen Vorgaben und bürokratischen Hürden, die das Bauen blockierten. „Immer neue bürokratische Hürden belasten den Standort und schrecken Investoren ab“, so FDP-Fraktionschef Ralph Sterck. Er sieht nicht nur die Oberbürgermeisterin und das schwarz-grüne Ratsbündnis in der Pflicht, sondern nimmt SPD und Linke gleich mit in Haftung. Eine „unheilige Allianz aus OB, SPD, CDU, Grünen und Linken bringt den Kölner Wohnungsbau – aus vermeintlich gut gemeinten Motiven – Schritt für Schritt zum Erliegen“, so Sterck. Die FDP fordert eine „Entfesselung“.

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Magere Bilanz für Reker und das Ratsbündnis

Für CDU und Grüne, aber vor allem die Stadtspitze um Oberbürgermeisterin Henriette Reker dürften die schlechten Zahlen im Wahljahr ziemlich ungelegen kommen. Waren es 2018 noch fast 4000 neue Wohnungen, die in Köln gebaut wurden, gab es im vergangenen Jahr einen regelrechten Einbruch um fast die Hälfte. Nur 2175 Wohnungen wurden fertiggestellt.

Die selbstgesteckte Zielmarke der Stadt liegt bei 6000. Diese Zahl wurde zuletzt 1996 erreicht. Seit 1999 liegen die jährlichen Zahlen unter 4000.

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SPD-OB Kandidat Kossiski kritisiert die Gesamtbilanz der Amtsinhaberin beim Wohnungsbau: Die Zielmarke sei in jedem Amtsjahr Rekers deutlich verfehlt worden. In fünf Jahren hätten es insgesamt 30.000 Wohnungen sein sollen. Nicht einmal die Hälfte sei erreicht worden.

CDU und Grüne setzen auf große Neubauprojekte

CDU und Grüne versuchten die schlechten Zahlen nicht zu beschönigen. Sie seien „natürlich nicht zufriedenstellen“, so CDU-Fraktionsgeschäftsführer Niklas Kienitz. Die Fraktionschefin der Grünen, Brigitta von Bülow, sprach von einem „großen Ärgernis“. Beide verwiesen auf die großen Wohnungsbauvorhaben Parkstadt-Süd, Mülheimer Süden, Deutzer Hafen, Rondorf-Nordwest und Kreuzfeld. Weit über 10.000 Wohnungen seien „in der Pipeline“, so Kienitz. Es komme darauf an, neues Bauland zu schaffen. Dafür habe das Ratsbündnis „zahlreiche Planungen angestoßen, die ihre Wirkung definitiv noch entfalten werden“. CDU und Grüne setzen auf die Beschleunigung der Genehmigungsverfahren. „Immerhin wurden alle 2019 eingereichten Anträge für 4160 neue Wohnungen bearbeitet, allerdings sind fast 70 Prozent der Anträge unvollständig oder fehlerhaft. Auch das gehört zur Wahrheit dazu“, so die CDU.

Von Bülow forderte für die Grünen auch neue gesetzliche Regelungen: So müssten Bauherren gezwungen werden können, nach Erteilung schneller mit dem Bauen zu beginnen. „Die stehen ihrerseits in der Verantwortung, genehmigte Wohnungen schnell zu errichten. Unnötige Verzögerungen dürfen nicht sein und schaden allen.“

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