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Reemtsma-Entführer äußert sichThomas Drach plädiert auf Unschuldig: „Ist das hier nur Verarschung?“

Lesezeit 3 Minuten
Reemtsma-Entführer Thomas Drach beim Prozess im Kölner Landgericht.

Reemtsma-Entführer Thomas Drach beim Prozess im Kölner Landgericht.

Mit einem kuriosen Monolog hat sich Thomas Drach beim laufenden Prozess zu Wort gemeldet. Er bewertete den bisherigen Prozessverlauf.

Mit einem scharfen Monolog hat sich der Reemtsma-Entführer Thomas Drach am Montag im Mammut-Verfahren vor dem Landgericht zu Wort gemeldet. Als halte er gerade selbst das für den Schluss des Verfahrens vorgesehene Plädoyer, nahm Drach in Saal 112 des Justizgebäudes den bisherigen Gang der Hauptverhandlung auseinander. Er sehe sich in keiner Weise überführt, sagte Drach und stellte eine provokante Frage in den Raum. Der Vorsitzende Richter reagierte prompt.

Köln: Thomas Drach plädiert auf Unschuldig

„Herr Vorsitzender, ich möchte mich mal beschweren über den Fortgang des Verfahrens“, so hatte Drach seinen Vortrag an diesem 72. Verhandlungstag angekündigt. Richter Jörg Michael Bern überließ dem mehrfach verurteilten Schwerverbrecher kurz darauf das Wort. Drach legte los. „Ich komme hier seit anderthalb Jahren hin und habe keinen Beweis gehört“, meinte der Angeklagte. Es gäbe „keine Fingerabdrücke“, „keine DNA“, „keine morphologische Vermessung“, die ihn belasteten.

„Kein Augenzeuge hat uns gesehen, kein Telefon war am Tatort eingeloggt und keine Durchsuchung hat was erbracht“, beschrieb Drach seine Sicht auf die bisherige Beweisaufnahme. Sechs Monate sei er bis zu seiner Festnahme „total überwacht“ worden. Und in keinem abgehörten Telefonat seien die hier angeklagten Taten angesprochen worden. Stattdessen würden „drogensüchtige Idioten“ hofiert und als „Zeugen“ befragt. Drach meint ehemalige Mitgefangene, die ihn durch Hörensagen belasten.

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Drach spricht den Richter an: „Ist das hier Verarschung?“

„Ist das hier eine Gerichtsverhandlung oder nur eine Verarschung?“, fragte Drach zum Abschluss seines Monologs in Richtung des Richters. „Letzteres sicher nicht“, antworte der Vorsitzende Bern, der gerade zu der Frage ansetzen wollte, was Drach denn nun wolle. Einen schnellen Freispruch womöglich? Doch der Reemtsma-Entführer fiel dem Richter ins Wort, sagte wiederum, dass hier die Zeit mit unnötigen Dingen verschwendet würde. Doch darauf hatte Bern die passende Antwort.

„Sie können sich ja auch selbst eine Meinung dazu bilden, warum wir hier so lange sitzen“, entgegnete der Richter dem Angeklagten. Das Beweisprogramm sei eigentlich seit Ende Dezember vergangenen Jahres durch. Dass verschiedene Zeugen nun bereits mehrfach vernommen wurden, darunter der von Drach als „Spitzel“ bezeichnete Mithäftling, liege nicht am Gericht. „Sagen Sie doch, wegen mir“, mischte sich da Verteidiger Wolfgang Heer ein, der Drachs Mitangeklagten vertritt.

Kölner Landgericht: Bereits Termine bis Oktober

Heer hatte laut Feststellung des Richters etwa einer Gutachterin ganze 47 sachfremde Fragen gestellt, was Bern rügte. Als Steilvorlage nutzte Heer am Montag, dass Bern die Aussage eines weiteren Anwalt als „derart absurd“ bezeichnet und gesagt hatte: „Da fällt mir noch mehr ein, das kann ich aber in öffentlicher Hauptverhandlung nicht äußern.“ Heer stellte mehrere Anträge, um herauszufinden, was Bern gemeint habe. Der sagte aber: „Was ich denke, das spielt keine Rolle.“

Der Richter hatte Heer und Drachs Verteidiger Dirk Kruse bereits wegen „prozessordnungswidrigen Verhaltens“ mit der Entziehung der Pflichtmandate gedroht. Obwohl Bern nun aufs Tempo drücken will, hat er vorsorglich neue Prozesstermine bis in den Oktober hinein festgelegt. Was derzeit aus dem Fokus gerät: Verhandelt wird immer noch wegen vierer Raubüberfälle auf Geldboten. Thomas Drach droht wegen versuchten Mordes eine lebenslange Haftstrafe und Sicherungsverwahrung.

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