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Erneuter Eklat im Kölner Drach-ProzessNächster Verteidiger rebelliert gegen Richter – der wehrt sich

Lesezeit 2 Minuten
Thomas Drach mit seinem Verteidiger Dirk Kruse im Kölner Landgericht.

Thomas Drach (r.) mit seinem Verteidiger Dirk Kruse im Kölner Landgericht.

Wieder lehnt sich ein Verteidiger im Prozess um Reemtsma-Entführer Thomas Drach gegen den Vorsitzenden Richter auf. Doch der wehrt sich erneut.

Der Prozess um den Reemtsma-Entführer Thomas Drach vor dem Landgericht ist um einen Eklat reicher. Der Vorsitzende Richter Jörg Michael Bern drohte am Freitag auch Drachs Verteidiger Dirk Kruse, diesem das Pflichtmandat zu entziehen. Kruse hatte es zuvor abgelehnt, in das Saalmikrofon zu sprechen – die Dolmetscherin für den Mitangeklagten konnte daraufhin nichts mehr verstehen.

Kölner Landgericht: Disput über Nutzung der Mikrofone

Hintergrund der offenkundigen Trotzreaktion war, dass Bern in einem Beschluss auf eine von der Verteidigung beanstandete Audioaufzeichnung der Hauptverhandlung für interne Beratungszwecke bestanden hatte. „Diese Anordnung unterlaufen Sie“, sagte Bern zum Verteidiger – die Aufzeichnung läuft über die Mikrofonanlage. Kruse hingegen sieht seine Persönlichkeitsrechte beeinträchtigt.

Verteidiger Wolfgang Heer im Kölner Landgericht.

Verteidiger Wolfgang Heer erhielt vom Richter eine offizielle Abmahnung.

Bern reagierte mit Kopfschütteln und nannte Kruses Verhalten „prozessordnungswidrig“ und „erstaunlich“. Zumal die Mikrofone seit 70 Prozesstagen genutzt wurden. Der Disput erscheint auch deshalb interessant, weil es sich bei Kruse um einen ehemaligen Richter handelt. Der Pensionär sagte nonchalant, er wolle über das Wochenende nochmal in Ruhe über die Thematik nachdenken.

Köln: Diesmal noch keine offizielle Abmahnung

Eine offizielle Abmahnung behielt sich Richter Bern diesmal vor. Diese hatte bereits Verteidiger Wolfgang Heer erhalten, nachdem dieser den Vorsitzenden immer wieder mit schmähenden Kommentaren bedacht und ihn sogar der Lüge bezichtigt hatte. Heer, der Drach mutmaßlichen Komplizen Eugen W. aus den Niederlanden vertritt, hält sich seitdem mit spitzen Bemerkungen zurück.

Heer bekam allerdings an diesem Verhandlungstag einen weiteren Rüffel. Der Verteidiger darf eine Gutachterin nicht mehr direkt befragen – nachdem der Anwalt der Sachverständigen, die Überwachungsbilder auswertet, zuletzt 47 Fragen gestellt hatte, die Richter Bern allesamt als sachfremd und damit unzulässig zurückgewiesen hatte, da sie ein anderes Verfahren betrafen.

Kölner Richter will nun aufs Tempo drücken

Heer soll nun vorab einen Fragenkatalog an das Gericht senden. So soll sichergestellt werden, dass die Befragung der Sachverständigen zügig abgeschlossen werden kann. Ähnlich soll im Fall eines weiteren Gutachters agiert werden. Bern will damit gegen mutmaßliche Verzögerungstaktiken der Verteidigung vorgehen und beim stagnierenden Prozess offensichtlich aufs Tempo drücken.

Tempo ist auch aufgrund des Gesundheitszustandes von Eugen W. geboten. Nach einem Aufenthalt im Justizkrankernhaus Fröndenberg scheint sich dieser aber zumindest etwas gebessert zu haben. Eine Abtrennung vom Verfahren war zuletzt kein Thema mehr. Der Prozess um vier Raubüberfälle auf Geldboten wird fortgesetzt. Drach droht hier lebenslänglich Gefängnis plus Sicherungsverwahrung.