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Nach Pöbel-Eklat in KölnDrachs Mitbeschuldigter kommt in JVA-Klinik – was das für den Prozess bedeutet

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Eugen W. im Kölner Landgericht. Er gilt als mutmaßlicher Komplize von Thomas Drach.

Eugen W. im Kölner Landgericht. Der Niederländer gilt als mutmaßlicher Komplize von Thomas Drach.

Der mutmaßliche Komplize von Thomas Drach wird ins Justizkrankenhaus verlegt. Das könnte Auswirkungen auf den Prozess in Köln haben.

Nicht nur die fortwährenden Entgleisungen eines Verteidigers beeinträchtigen den ordnungsgemäßen Ablauf des Strafprozesses gegen Reemtsma-Entführer Thomas Drach, sondern auch der Gesundheitszustand dessen Mitangeklagten Eugen W. Der klagte zuletzt immer wieder über heftige Kopfschmerzen, was zum Abbruch mehrerer Verhandlungstage führte. Nun arrangierte Richter Jörg Michael Bern die Verlegung des Niederländers in das Justizkrankenhaus Fröndenberg.

Köln: Drachs Mitangeklagter kommt in die JVA-Klinik

Die Überstellung in die Gefängnisklinik im Kreis Unna ist laut Gericht am 17. April geplant, derzeit sitzt Eugen W. – wie auch Thomas Drach – noch in der JVA Köln-Ossendorf in Untersuchungshaft. Ein medizinischer Sachverständiger hatte im Prozess im Landgericht Köln zuletzt deutlich gemacht, dass der Angeklagte einer Schmerz- und Physiotherapie bedürfe, was in Fröndenberg zu leisten sei. Wie lange der Angeklagte im Justizvollzugskrankenhaus behandelt werden wird, ist zum jetzigen Zeitpunkt unklar.

Eugen W. leidet nach eigener Aussage über erhebliche Schläfenkopfschmerzen in Verbindung mit einem Tinnitus mit starken Piepen im rechten Ohr. Er leide unter Schlafstörungen und sei in der Konzentrationsfähigkeit eingeschränkt, hatte Verteidiger Wolfgang Heer für seinen Mandanten mitgeteilt. Zuletzt habe W. zusammengekrümmt auf seiner Pritsche in der Vorführzelle des Gerichts gelegen, „das war ein ganz erbärmliches Bild“. Heer hatte die Verlegung in die JVA-Klinik beantragt.

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Immer wieder hatten Sachverständige Drachs Mitangeklagten im laufenden Prozess untersucht, auch zusammen mit Notärzten. Auch wegen schwerer Schulterschmerzen waren bereits im vergangenen Jahr Prozesstage abgebrochen worden. Zuletzt hatte ein Gutachter dem 54-jährigen Beschuldigten eine Verhandlungsfähigkeit von etwa zwei Stunden bescheinigt. Ein Zeitraum, in dem sich die hohen Sicherheitsmaßnahmen mit bewaffnetem SEK und Sperrungen am Gericht nicht lohnen dürften.

Verfahren gegen Eugen W. könnte abgetrennt werden

Sollte sich der Gesundheitszustand von Eugen W. nicht deutlich bessern, wird dem Vernehmen nach auch dessen Abtrennung aus dem laufenden Verfahren diskutiert. Für den Richter hätte das gleich zwei Vorteile: Gegen Thomas Drach könnte zügig weiter verhandelt werden und der zuletzt durch Pöbeleien und Verzögerungstaktikten aufgefallene Verteidiger Wolfgang Heer wäre raus aus Drachs Hochsicherheitsverfahren. Gegen W. würde dann gesondert und wohl gelockert weiter verhandelt.

Am Mittwoch hatte der Vorsitzende Richter den Verteidiger von Drachs mutmaßlichen Komplizen abgemahnt. Nicht nur habe Rechtsanwalt Heer mit einer exzessiven sachfremden Befragung einer Gutachterin gegen das Beschleunigungsgebot verstoßen – das gilt, weil sich die Angeklagten in Untersuchungshaft befinden. Auch sei Heer immer wieder mit herablassenden Äußerungen in Richtung des Richters aufgefallen. Er hatte diesen etwa der Lüge bezichtigt und als frech bezeichnet.

Kölner Richter drohte Anwalt mit Entzug des Pflichtmandats

Heer droht daher der Verlust des Pflichtmandats und damit der Bezahlung durch den Staat – ein äußerst seltener Vorgang in deutschen Gerichtssälen. Ausgenommen von der Rüge waren die übrigen Anwälte, auch wenn Drachs Verteidiger ebenfalls gerne mal mit derben Bemerkungen auffallen. Auffällig unauffällig verhält sich im gesamten Prozessverlauf hingegen Heers Kollege Sebastian Dobritzsch. Der Strafverteidiger aus Duisburg überließ bisher ganz offensichtlich Heer das Poltern.

Ob mit einer Abtrennung vom Mitangeklagten oder einem nun womöglich disziplinierten Verteidiger – der Richter dürfte die Hoffnung hegen, dass der Drach-Prozess, der seit Februar 2022 läuft und laut Bern seit Monaten auf der Stelle tritt, nun störungsfrei fortgesetzt werden kann. Drach werden insgesamt vier Raubüberfälle auf Geldboten in Köln, Frankfurt am Main und Limburg an der Lahn vorgeworfen. Dem Reemtsma-Entführer droht lebenslänglich Gefängnis plus Sicherungsverwahrung.

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