Großer Andrang dank Gratis-AusweisZentralbibliothek öffnet nun auch sonntags

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Die Wartenden vor der Stadtbibliothek am Neumarkt.

  • Köln ist die erste Stadt in Deutschland, die ihre Bibliothek regelmäßig sonntags öffnet.
  • Es gibt ein besonderes Programm: Roman Lob mit seiner Band Stadtrand trat auf.
  • Wir haben uns bei der Premiere umgesehen und mit Besuchern gesprochen.

Köln – „Gibt es hier etwas umsonst?“, fragt eine Passantin verdutzt, als sie die vielen wartenden Menschen vor dem Eingang der Zentralbibliothek am Neumarkt sieht. „Anstehen bei der Hitze“, wundert sie sich und geht vorbei. Tatsächlich stehen mehr als fünfzig Personen um kurz vor 13 Uhr vor der Bibliothek und warten darauf, dass sich zum ersten Mal seit Bestehen der Stadtbibliothek die Türen auch an einem Sonntag öffnen.

Überraschend kommt der große Andrang für die Direktorin Hannelore Vogt nicht, wie sie sagt. „Ich habe nur befürchtet, dass bei der Hitze etwas weniger Leute kommen.“ Viele Besucher wenden sich nach dem Einlass direkt an den Anmeldeschalter, denn: Die ersten 100 Menschen bekommen den Bibliotheksausweis für ein Quartal gratis. Ein zusätzlicher Anreiz, um die Kölnerinnen und Kölner am Sonntag in die Bibliothek zu locken.

Erste Stadt mit Sonntagsöffnung

Damit ist Köln die erste Stadt in Deutschland, die ihre Bibliothek regelmäßig sonntags öffnet und den Gästen zusätzlichen Service bietet. Jahrelang hatten Vertreter der Bibliotheken kritisiert, dass sie im Gegensatz zu Museen, Theatern und wissenschaftlichen Bibliotheken nicht an allen Wochentagen öffnen durften. Durch ein Gesetz, das der Landtag von Nordrhein-Westfalen im vergangenen Jahr verabschiedet hat, wird das nun möglich. Eigentlich war der erste offene Sonntag schon für das Frühjahr geplant, doch wegen der Corona-Pandemie wurde der Termin in den August verschoben.

Im Haushalt der Stadt sind für die Jahre 2020 und 2021 insgesamt 440.000 Euro für die Sonntagsöffnung vorgesehen. Zusätzlich bekommt die Stadtbibliothek 102.400 Euro an Fördermitteln direkt vom Land. Bedingung dafür ist, dass den Besuchern ein spezielles Sonntagsprogramm geboten wird, wie Direktorin Vogt erklärt. Am Sonntag konnten Kinder zum Beispiel an einem Workshop über die „Stadt der Zukunft“ teilnehmen.

Zusätzliches Personal

Das Geld geht vor allem an das zusätzliche Personal, das in der Vorwoche einen Grundkurs in Sachen Bibliothek bekommen hatte. Insgesamt 12 Mitglieder des „Sonntagsteams“ kümmerten sich um die Fragen der Besucher, unter ihnen viele Studierende und Senioren. Eine von ihnen ist Joe-Ann Jacobsen, die in der dritten Etage zwischen den vielen Lehrbüchern arbeitet. Ihr bisheriger Arbeitgeber in der Veranstaltungsbranche konnte sie nicht weiter beschäftigen. „Deshalb und weil ich in einer Bibliothek schon immer mal hinter die Kulissen schauen wollte, passt das super“, sagt die 21-jährige Lehramtsstudentin.

Zu groß ist der Andrang in ihrem Bereich aber nicht, denn trotz der Warteschlange am Eingang verteilen sich die Besucher schnell auf die weitläufigen Etagen. Theoretisch dürften knapp 800 Menschen ins Gebäude, diese Zahl wird am Sonntag aber nicht erreicht. Viele Studierende nutzen in den Semesterferien die Arbeitsplätze zum Lernen oder für Hausarbeiten, entsprechend ruhig ist es in den Stockwerken.

Auftritt der Band „Stadtrand“

Unter den Kölnerinnen, die einen der kostenlosen Quartalsausweise bekommen haben, ist auch Kirsten Landsmann. Sie besucht die Bibliothek mit ihrem Mann, ihren zwei Söhnen und ihrer Tochter. Während die drei Kinder regelmäßig Bücher und Spiele ausleihen, ist hat sie mit ihrem neuen Ausweis zum ersten Mal den Ausleihautomaten benutzt. In der Tasche der Lehrerin landen ein paar Kochbücher und ein Ernährungsratgeber.

Eine Art Premiere gab es in der Bibliothek auch für die Kölschrock-Band „Stadtrand“. Roman Lob, Sänger und deutscher Teilnehmer beim Eurovision Song Contest 2012, freute sich sichtlich über sein Publikum. „Das ist unser erster Auftritt vor echten Menschen seit der letzten Karnevalssession“, sagte er.

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Die kölschen Songs der fünfköpfigen Gruppe kamen bei den Besuchern gut an, schließlich dürfte kaum jemand in den letzten Monaten ein Live-Konzert besucht haben können. Doch in Zukunft dürfte noch mehr Musik aus der Region im Veranstaltungssaal der Bibliothek zu hören sein. Die Bibliotheksleitung will gezielt Kulturschaffende aus der Region unterstützen, die durch die Pandemie momentan nur schwer Geld verdienen können.

Außerdem sucht die Bibliothek noch nach Freiwilligen, die ehrenamtliche Aufgaben an den Sonntagen übernehmen wollen. Dazu gehören etwa Vorlesestunden oder Unterstützung bei den Veranstaltungen. Interessierte können sich unter hannelore.vogt@stadt-koeln.de direkt bei der Direktorin melden. (tse)

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