Die AfD kann ihr Ergebnis mit 9,1 Prozent im Vergleich zu 2020 mehr als verdoppeln und bleibt trotzdem deutlich unter Landesergebnis zurück.
Partei doch einstelligKölner AfD verdoppelt sich im Stadtrat - Ergebnis niedriger als bei Bundestagswahl

Christer Cremer, Kreissprecher der Kölner AfD und OB-Kandidat Matthias Büschges in einem Rodenkirchener Lokal
Copyright: Lena Heising
Am frühen Abend waren die Stimmung auf der AfD-Wahlparty noch euphorisch. Als gegen 18.30 Uhr Kreissprecher Christer Cremer und OB-Kandidat Matthias Büschges das Wort erhoben, lag die AfD in der landesweiten Hochrechnung bei 16,5 Prozent. Die ersten ausgezählten Kölner Wahlbezirke schoben den blauen Balken auf über 20 Prozent.
Kölschbeseelt stimmten die circa 75 AfD-Gäste einen Sprechchor an. „Ganz Köln liebt die AfD“, brüllte die Menge, angelehnt an den die Parole „Ganz Köln hasst die AfD“, die bei Demonstrationen gegen die Partei häufig gerufen wird. Den ersten Teil des Abends liefen immer wieder Mitglieder zu Parteifreunden, hielten ihnen ihre Handys vor das Gesicht, zeigten entzückt auf die blauen Balken. Mit mehr ausgezählten Wahlbezirken sank dieser deutlich und die Euphorie schwand. Fest steht trotzdem: Die AfD wird im Stadtrat deutlich stärker und die Suche nach Mehrheiten komplizierter.
Bei der Ratswahl landet die AfD mit 9,1 Prozent der Stimmen auf Platz fünf, knapp hinter den Linken, und hat künftig acht Sitze im Kölner Rat. Damit konnte die rechtsradikale Partei ihr Ergebnis in Köln im Vergleich zu 2020 zwar verdoppeln, bleibt aber leicht hinter dem der Bundestagswahl zurück und liegt deutlich unter dem Landesschnitt. Ein Direktmandat bekam die AfD in keinem Wahlbezirk. OB-Kandidat Büschges erreichte 8,5 Prozent der Stimmen.
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Euphorie schwindet leicht
Am frühen Abend, kurz nach Veröffentlichung der ersten Hochrechnungen, zeigte sich Büschges noch überschwänglich. Er sprach von einer Verdreifachung im Stadtrat und Fraktionsstärke in jeder Bezirksvertretung, prognostizierte 14 Prozent für ihn bei der OB-Wahl und sah sich in der Stichwahl. „Das wird historisch heute“, versprach er noch. Etwas zurückhaltender schätzte Christer Cremer die vorläufigen Ergebnisse ein. Die erste Hochrechnung mache Hoffnung, sagte er. „Mindestens doppelt so viele Sitze im Rat sollten drin sein.“
Als der Kreisvorstand um 21 Uhr erneut das Wort ergriff, war die Euphorie erblasst und die blauen Balken von Rats- und OB-Wahl hatte sich in den Hochrechnungen fast halbiert. Büschges rief die AfD trotzdem zum Wahlsieger aus. Denn als einzige Partei habe sich die AfD in Köln verdoppelt.
Köln sei eben nicht die Sächsische Schweiz, befand Kreissprecher Cremer. In keiner deutschen Großstadt sei der Gegenwind gegen die AfD so groß wie in Köln. Die nächste Fraktion im Stadtrat werde jedoch deutlich größer werden, sagte er in einem Versuch, die Stimmung zurück auf das vorherige Hoch zu heben. „Das ist das höchste Ergebnis, das eine nationalkonservative Partei seit dem Zweiten Weltkrieg in Köln geholt hat!“, rief er dann. „Wir haben einen Rechtsruck! Punkt!“ Die Wahlparty brach in „AfD!“-Rufe aus.
Hochburg in Chorweiler
AfD-Hochburgen bei der Ratswahl waren am Sonntag – ähnlich wie bei den letzten Wahlen – Blumenberg, Chorweiler, Finkenberg, Godorf, Grengel und Wahnheide. In allen Stadtteilen holte die AfD mehr als 20 Prozent, in Chorweiler mit 27,4 Prozent am meisten. Am schlechtesten schnitt die Partei in Lindenthal, Klettenberg, Ehrenfeld, Braunsfeld, Neustadt-Nord und Süd, Nippes und Sülz ab. In allen Stadtteilen lag die AfD unter fünf Prozent, in Klettenberg sogar unter vier Prozent.
Bei der Wahl der Bezirksvertretungen schnitt die AfD in der Innenstadt am schlechtesten ab: Mit 4,75 Prozent kommt die AfD dort auf einen Sitz. In der BV Chorweiler ist die Partei dagegen mit 18,6 Prozent und vier Sitzen vertreten.
Köln gilt als hartes Pflaster für die AfD. Bei der Bundestagswahl im Februar war der Wahlkreis Köln II der mit den bundesweit wenigsten AfD-Stimmen, Veranstaltungen der Partei werden meist von großen Gegendemos begleitet. Studien beschreiben Köln regelmäßig als besonders zufriedene, besonders weltoffene und besonders tolerante Stadt. Trotzdem nahm die Partei bei den letzten Wahlen auch in Köln langsam, aber stetig zu. Bei der Bundestagswahl wählten zehn Prozent der Kölnerinnen und Kölner AfD.
In den Rat der Stadt Köln zog die Partei erstmals 2014 ein, mit drei Sitzen und 3,6 Prozent der Wählerstimmen. Bei der Kommunalwahl 2020 konnte sie ihr Ergebnis nur mäßig verbessern: Die Partei kam auf 4,4 Prozent der Wählerstimmen und vier Sitze. Selbst in der Partei hielt sich die Freude über den leichten Zugewinn damals in Grenzen. Obwohl die rechtsextreme Wählergruppe „Pro Köln“ sich zuvor ausgelöst hatte, konnte die AfD kaum profitieren. Als Oberbürgermeister-Kandidat trat 2020 Christer Cremer an, Kreissprecher der AfD Köln. Er holte 4,2 Prozent der Stimmen.