Kölner AufräumberaterinWie Entrümpeln glücklich machen kann

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unaufgeräumte garage

Entrümpeln muss nicht schwierig sein - man muss nur einfach anfangen.

Esch – Gertrud Meinert hatte an alles gedacht. Damit ihre Gesprächspartnerin Jasmine Dünker vor Publikum ihre Faltkünste nach der „Kon-Mari-Methode“ demonstrieren konnte, hatte sie zum „Talk unterm Turm“ im Martinushaus einen Bettbezug und zwei T-Shirts von zu Hause mitgebracht. Lachend folgte Dünker der Aufforderung, legte die Textilien zu Päckchen zusammen und setzte sie stehend auf dem Tisch ab, entfernt erinnerte der Anblick an Skihütten in den Alpen. Auf die Art solle man Kleidung im Schrank aufbewahren, nie wieder werde sich Unordnung einstellen, weil keine Stapel mehr zu Fall gebracht würden, empfahl sie.

Als Aufräumcoach bietet die 45-Jährige Beratung an, ist eine Anhängerin von Marie Kondo – einer Amerikanerin mit japanischen Wurzeln –, die durch den Ratgeber „Magic Cleaning“ bekannt wurde.

Kölner Gesprächsreihe „Talk unterm Turm“

Zum 43. Mal fand der „Talk unterm Turm“ statt, bei voll besetztem Saal. Der Abend verläuft nach festem Ritual: Es finden drei Gespräche statt, jeweils mit einem anderen Moderator. Die Talkgäste stammen meistens aus Pesch, Esch oder Auweiler, die Namen werden vorher nicht bekanntgegeben, um Spannung zu erzeugen. Veranstalter ist die Katholische Frauengemeinschaft (kfd). Neben Dünker, die in Pesch wohnt, waren diesmal noch Dieter Herion aus Esch, Stadtführer und Buchautor, und der RTL-Regisseur Dominik Bensiek eingeladen. Er ist in Esch großgeworden. Für Musik sorgte Jazzbar, eine Band ehemaliger Abiturienten aus dem Heinrich-Mann-Gymnasium.

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In Köln entrümpeln wie Marie Kondo

Jasmine Dünker, die vor der Geburt ihrer siebenjährigen Zwillinge als Eventmanagerin tätig war, erzählte, vor zwei Jahren habe ihre Cousine ihr das Buch von Marie Kondo geschenkt. Nach der Lektüre ging sie sofort ans Werk, häufte wie geheißen ihre Kleidung bergeweise und sortierte aus. Danach entrümpelte sie den Haushalt. „Das hat mich glücklich gemacht, diese Erfahrung möchte ich weitergeben.“

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Jasmine Dünker  zeigte, wie  gefaltete Textilien im Schrank untergebracht werden sollten. damit Ordnung herrscht.

Dünker ließ sich in New York zur zertifizierten „Kon-Mari-Beraterin“ ausbilden. Kondos Reinigungslehre geht auf den Shintoismus zurück – eine in Japan beheimatete Religion, die nicht nur Menschen, Tieren, Pflanzen eine Seele zubilligt, sondern auch Gegenständen. Die Denkweise führe zu einem achtsameren Umgang mit Industriegütern, sagte Dünker. Es sei heilsam, mit den Dingen in liebevollen Dialog zu gehen, sich zum Beispiel bei jenen zu bedanken, die man weggeben möchte. „Auch das Konsumverhalten verändert sich, man überlegt sich genau, was man braucht. Wenn ich einkaufen gehe, nehme ich wirklich nur die weiße Bluse, die mir noch fehlt, und nicht noch den rosa Pulli dazu.“ Auch bei ihren Kunden beobachtet sie Einschneidendes: „Sie haben hinterher ein Strahlen in den Augen, es ist ein Erlebnis, im Leben wieder Struktur zu haben.“

Der RTL-Regisseur Dominik Bensiek

Das Gespräch mit Dominik Bensiek führte Stefanie Krieger. Mit 25 Jahren kann er schon auf eine steile Karriere zurückblicken, machte nach dem Abitur bei RTL eine Lehre als Mediengestalter, bekam ein Volontariat angeboten und ist jetzt Regisseur. Die Wurzeln seien in der Kindheit gelegt worden, sagte Bensiek. „In Esch konnte man sich kreativ ausleben, eine super Grundlage.“ Geprägt hat ihn Wilma Overbeck, er wirkte in der Grundschule in ihren Musicals mit, sang bei den Escher Rappelköpp, ist bis heute noch im Karneval aktiv.

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Dominik Bensiek gab Moderatorin Stefanie Krieger Einblick in den Arbeitsalltag beim Sender RTL.

Sein Chef bei RTL habe ihn stark gefördert, so Bensiek. Sein jugendliches Alter sei da eine Herausforderung. „Ich sitze in der Regie und gebe die Kommandos an die älteren Kollegen.“ Um sich Gehör zu verschaffen, greift er zu einem Trick: „Ich trage Hemd und Sakko, das trägt dazu bei, dass die Leute mir mit Respekt begegnen.“

Der Stadtführer

Paul Müller befragte Dieter Herion. Der 82-Jährige erzählte lebhaft und voller Humor. Interesse für Geschichte habe er schon früh gehabt, doch sei er beruflich lieber den Fußstapfen seines Vaters gefolgt. Er wurde Bankangestellter. Anfangs arbeitete Herion in Köln, dann zog es ihn in die verbotene Stadt.

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Paul Müller interviewt Dieter Herion zur Kölner Stadtgeschichte.

„Ich wollte mehr Geld verdienen und habe mich nach Düsseldorf beworben, unter den Kollegen habe ich immer  wieder den Kölner raushängen lassen, bis eine Kollegin sagte, mach doch mal den Stadtführer.“ Daraus entwickelte sich eine 20-jährige Tradition, Herion arbeitete 20 Touren aus. Zudem führte er ehrenamtlich Gruppen durchs Stadtmuseum. Intensiv beschäftigte er sich mit der Hexenverfolgung, schrieb darüber ein Buch. Im Mittelpunkt steht Katharina Henot, die in Köln als Hexe verbrannt wurde. Sie sei aufs Grausamste gequält worden. „Ich war entsetzt, was im Mittelalter gelaufen ist.“ 

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