Kölner EisenbahngeschichteDie Südbrücke ist heute ein Denkmal in Not

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Südbrücke im Jahr 1920

Köln – Von Weitem macht die Südbrücke einen schicken Eindruck. Drei stählerne Bögen schwingen sich über den Rhein, eingefasst von Türmen aus reich verziertem Naturstein. Eisenbahnromantik macht sich breit, wenn wieder ein Güterzug über das schlanke Bauwerk rattert. Wer sich dem mehr als 100 Jahre alten Denkmal nähert, bekommt es jedoch eher mit Schauerromantik zu tun. Fußgänger und Radfahrer müssen auf der rechtsrheinischen Seite einen der beiden Treppentürme erklimmen, wenn sie die Geh- und Radwege neben den Gleisen nutzen wollen. Und die sind heillos mit Graffiti beschmiert. „Die Südbrücke ist richtig versaut, die ist ein Objekt von Schmierereien von oben bis unten“, sagt der ehemalige Kölner Stadtkonservator Ulrich Krings.

Zweite feste Rheinüberbrückung der Stadt

Es ist ein Denkmal in Not, dabei erzählt die insgesamt 536 Meter lange Eisenbahnbrücke zwischen Poll und Bayenthal eine bedeutende Geschichte über die Entwicklung des Stahlbaus und des Ingenieurwesens allgemein. Als sie am 5. April 1910 zum ersten Mal von einem Zug befahren wurde, war das ein Ereignis im Köln der Preußenzeit. Nach der Dombrücke war die Südbrücke die zweite feste Rheinüberquerung der Stadt, ausgeführt als moderne Fachwerk-Bogenkonstruktion, wobei die Strombrücke von vier massiven Türmen ähnlich Torburgen eingefasst wurde.

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Südbrücke heute

Die Kombination von Stahl und Stein war damals noch schwer in Mode. Purer Stahl galt als hässlich und durfte nicht ohne schmückendes Beiwerk gezeigt werden. Erst kurz nach Fertigstellung der Südbrücke änderte sich der Geschmack. Allmählich wurde selbst der Pariser Eiffelturm als schön empfunden. „Stahl galt als modern, und die Art, wie die Ingenieure damit umgingen, wurde zunehmend akzeptiert“, sagt Ulrich Krings.

Tragischer Unfall 

Die von Architekt Franz Schwechten entworfenen Portalbauten der Südbrücke waren jedoch nicht nur Schmuck. „In diesen Türmen befanden sich große Wacht- und Waffen-Stuben“, so der Kunsthistoriker. Ein möglicher Krieg gegen Frankreich sei damals immer mitgedacht worden: „Und Brücken über große Ströme sind immer ganz empfindliche Punkte.“ Kriegszerstörungen kamen jedoch viel später, erst im Januar 1945 wurde die Südbrücke schwer beschädigt.

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Am 9. Juli 1908 brach ein Montagegerüst zusammen und riss 40 Arbeiter samt Trümmerteilen in den Rhein.

Allerdings war es schon während des Baus zu einer Katastrophe gekommen. Am 9. Juli 1908 brach ein Montagegerüst zusammen und riss 40 Arbeiter samt Trümmerteilen in den Rhein. Der Unfall forderte acht Tote und 14 Verletzte, eine große Eröffnungsfeier fand deshalb nicht statt.

Vor allem für Güterverkehr

Die Rheinüberquerung, für deren Tragwerk Architekt Fritz Beermann verantwortlich zeichnete, diente von Anfang an vor allem dem Güterverkehr. Ab 1906 sei das Kölner Bahnwesen grundsätzlich erneuert worden, sagt Ulrich Krings. Riesige neue Eisenbahnringe seien entstanden, um das Nadelöhr aus Hauptbahnhof und Dombrücke zu entlasten: „Das ganze System des Großraums Köln wurde Anfang des 20. Jahrhunderts neu gedacht und neu aufgebaut.“ Teil dessen sei auch die Hohenzollernbrücke als Nachfolgebau der Dombrücke gewesen.

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Sie wurde von demselben Architektenteam realisiert, das die Südbrücke entworfen hatte. Die Ähnlichkeit beider Bauwerke ist nicht zu übersehen, wenngleich Krings die Südbrücke als schönere der beiden Schwestern betrachtet: „Im Schrägdurchblick ist sie bis heute feingliedriger und eleganter.“ Während die Portalbauten der Hohenzollernbrücke in den 1950er Jahren beseitigt wurden, sind sie an der Südbrücke bis auf die Dachaufbauten erhalten geblieben.

Wer als Fußgänger oder Radfahrer auf der linksrheinischen Seite ankommt, hat den vor Schmierereien gruselig gewordenen Durchgang unterhalb des Portalbaus heil überstanden und landet vor einer ebenfalls kräftig besprühten Eisenwand. Die Treppentürme auf der Bayenthaler Seite sind nämlich nicht mehr zugänglich, stattdessen führt eine seitlich angebrachte Treppe neueren Datums hinab zum Rheinufer. Den geplanten Ausbau der Südbrücke für den S-Bahnverkehr verknüpft Ulrich Krings deshalb mit einer großen Hoffnung: „Das wäre eine Gelegenheit, sie aus ihrem Dreckzustand zu erlösen.“

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