Bei Brunnen-BauRömisches Leben unter dem Neumarkt entdeckt

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Zu sehen sind Prof. Dr. Marcus Trier (Direktor Römisch-germanisches Museum) und Achim Kass (Grabungsleiter) an der Ausgrabungsstätte einer römischen Badeanlage am Neumarkt.

Prof. Dr. Marcus Trier (Direktor Römisch-Germanisches Museum) und Achim Kass (Grabungsleiter) stehen an der Ausgrabungsstätte einer römischen Badeanlage am Neumarkt.

Im Zuge der Brunnen-Bauarbeiten auf dem Kölner Neumarkt haben Archäologen bei Ausgrabungen Zeugnisse römischen Lebens entdeckt.

Mithilfe eines Brunnens soll der Neumarkt neu belebt werden, so hat es der Hauptausschuss des Stadtrates im Februar beschlossen. Oberbürgermeisterin Henriette Reker erhofft sich, durch sprudelndes Wasser den Platz einladender zu gestalten. Nachdem die Arbeiten zur Errichtung des Brunnens im März gestartet waren, hat die Bodendenkmalpflege im Mai mittelalterliche Funde freigelegt. Am Donnerstagmittag präsentierten Marcus Trier, Direktor des Römisch-Germanischen Museums, und Gregor Wagner, Leiter der Archäologischen Denkmalpflege, ihre neuesten Ausgrabungen auf der Baustelle: gut erhaltene Zeugnisse römischen Lebens.

Dort, wo die Technikkammer für den Brunnen auf dem Neumarkt gebaut werden soll, sind die Archäologinnen und Archäologen bei ihren Ausgrabungen in die römische Schicht vorgedrungen. Dabei sind sie auf eine private Badeanlage aus dem späten vierten oder frühen fünften Jahrhundert gestoßen. „Sie sehen hier ein römisches Wohngebäude, das eine gehobene Ausstattung aufweist“, erklärt Wagner die Ausgrabungen. Das könne unter anderem anhand bemalter Wandputzreste an den Mauern angenommen werden.

Köln: Freigelegte Fußbodenheizung deutet auf Badeanlage hin

Vielsagender hingegen ist die freigelegte Fußbodenheizung: „Die Pfeiler haben den Fußboden getragen und darunter strömten Heizgase durch und erwärmten den Boden“, so Wagner. Neben den ausgegrabenen Pfeilern konnten ein ehemaliger Heizraum und Fragmente eines Heizkanals festgestellt werden.

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„Wir können das eindeutig als Badeanlage identifizieren, denn der Heizkanal ist extrem lang für eine einfache Bodenheizung“, erklärt Wagner. Zur Beheizung der gesamten Anlage habe es im Heizraum ein Feuer gegeben, das die Luft erwärmte, die in die Kanäle strömte. Gleichzeitig erhitzte das Feuer einen Wasserkessel, dessen Inhalt wiederum ins Badebecken geleitet wurde.

Zu sehen sind mehrere Bauarbeiter in orangefarbenen Warnwesten, die mit der Ausgrabung einer römischen Badeanlage am Kölner Neumarkt beschäftigt sind.

Gut erhaltene Zeugnisse römischen Lebens wurden bei Ausgrabungen am Kölner Neumarkt entdeckt.

Neben dem Heißbad habe es außerdem ein Lauwarmbad und ein Kaltbad gegeben, die sowohl zum Vorreinigen, als auch zum Akklimatisieren genutzt wurden. „Das Bad ist vermutlich nachträglich eingebaut worden“, berichtet Wagner und ergänzt: „Wir haben einen Wohnraum, der später für die Badezwecke umfunktioniert wurde.“ Dabei handelt es sich um die insgesamt vierte private Badeanlage, die in Köln gefunden wurde. Wagner geht allerdings davon aus, dass weitere noch nicht ausgegraben wurden.

Auch kleinere Funde sind besonders. Etwa fünfzig römische Münzen konnten bereits gefunden werden, die dem Team bei der Datierung der Ausgrabungsstücke helfen. Außerdem haben die Mitarbeitenden ein Marmorstück freilegen können, bei dem es sich vermutlich um einen Mittelmeerimport aus Griechenland handelt. „Marmor haben wir sehr selten, weil er oft rückgebaut wurde“, erklärt Trier.

Weitere archäologische Schätze unter dem Kölner Neumarkt vermutet

Insgesamt sind fünfzig Tage für die Bodendenkmalschutzarbeiten angesetzt, davon sind noch fünfzehn übrig. Insgesamt müssen sie vier Meter tief graben. „Es kann noch eine ältere Bauphase darunter sein, eine Holzbauphase ist typisch für die frührömische Zeit“, berichtet Wagner. Er ist sich jedoch sicher, dass die Arbeiten innerhalb der vorgesehenen Zeit abgeschlossen werden. Dabei liege der Fokus zurzeit darauf, die Funde freizulegen, sie zu erfassen, zuweisbar zu machen und dann abzutragen. Erst im nächsten Schritt sollen die Funde dann gereinigt, bestimmt und datiert werden.

Dass sich unter dem Neumarkt zahlreiche weitere archäologische Schätze befinden, dessen sind sich Wagner und Trier sicher. „Der Neumarkt ist ein einziges, drei Hektar großes Bodendenkmal“, so Trier. Allerdings wird immer nur dort gegraben, wo es baulich erforderlich ist. „Ansonsten lassen wir es geschützt im Boden liegen für künftige Generationen“, erklärt Trier.

Der Brunnen am Neumarkt kommt dorthin, wo zwischen 1956 und 1977 bereits ein Brunnen stand. Die Form und die Fläche der neuen Anlage sollen dem ehemaligen Brunnen entsprechen. Die Fertigstellung des Brunnens ist für Oktober geplant. Sprudeln wird das Wasser jedoch vermutlich erst im Frühjahr 2024, da die Brunnen in der Regel im Winter nicht laufen.

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