Bei Bauarbeiten für neuen Brunnen in InnenstadtArchäologischer Fund am Kölner Neumarkt entdeckt

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Zwei Bauarbeiter, die eine abgesperrte Fläche mit Steinen bearbeiten

Auf dem Neumarkt wurde eine mittelalterliche Straße beim Brunnenbau entdeckt.

Bei den Bauarbeiten für einen neuen Brunnen am Neumarkt wurde ein spannender archäologischer Fund gemacht – der keineswegs unbekannt ist.

Dort, wo bis Ende Oktober der neue Brunnen auf dem Neumarkt entstehen soll, hat die städtische Bodendenkmalpflege eine Entdeckung gemacht. Bei den archäologischen Untersuchungen sind Teile einer vermutlich mittelalterlichen oder aber frühneuzeitlichen Straße freigelegt worden. Außerdem sind Zeugnisse der historischen Marktnutzung zum Vorschein gekommen; dazu zählen Scherben von Geschirr und Teile von Tierknochen.

Zu den Fundstücken gehören acht siegelartige Tuchplomben, wie sie zum Nachweis durchgeführter Qualitätskontrollen an Textilien angebracht wurden. Sie sind ein Beleg dafür, dass der Platz nicht nur für den Handel mit Vieh genutzt wurde. Auch einen Rechenpfennig konnten Marcus Trier, Direktor des Römisch-Germanischen Museums, und Gregor Wagner, Leiter der Archäologischen Bodendenkmalpflege, am Mittwoch auf dem Neumarkt präsentieren. Solche metallenen Scheiben, die Münzen nachgebildet waren, dienten in der Zeit, als die römische Zahlschrift verwendet wurde, als Hilfsmittel beim Rechnen auf Linien – ähnlich der Methode beim Einsatz eines Abakus.

Das erste Mal namentlich erwähnt wurde der Neumarkt in einer Urkunde aus dem Jahr 1076. Darin legte Erzbischof Hildolf ihn als Platz „in novo mercato“ („auf dem neuen Markt“) fest, denn das rund 27.000 Quadratmeter große, wahrscheinlich überwiegend unbesiedelte Gelände an der westlichen Stadtmauer Kölns sollte den Alter Markt und den Heumarkt entlasten, auf den sich das Marktgeschehen bis dahin konzentriert hatte.

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Neumarkt Köln: Mittelalterliche Straße wird bereits auf Stadtplan aus dem 16. Jahrhundert angedeutet

Wann genau die mit Basaltsteinen gepflasterte Straße, von der nun ein Abschnitt sichtbar geworden ist, gebaut wurde, ist nicht klar. Sie zog sich diagonal über den Platz – von der südwestlichen Ecke, wo ein Durchlass in die Stadtmauer gebrochen wurde, bis zu der Stelle, von der die Olivengasse abging. Diese verlief dort, wo sich heute die Neumarktpassage befindet, und führte zum Kloster „ad olivas“ der Franziskaner-Observanten, das sich unter anderem mit Weberei finanzierte.

Auf einem Plan aus dem 16. Jahrhundert ist mit einer gestrichelten Linie eine Wegverbindung angedeutet, die anscheinend die Straße markiert. 1927 wurde sie schon einmal freigelegt und archäologisch untersucht. Doch alle Dokumente mit den Ergebnissen wurden im Juni 1943 beim schwersten aller Luftangriffe auf Köln vernichtet. „Hier schlägt das offene Herz des mittelalterlichen Köln“, sagte Trier am ausgegrabenen Straßenabschnitt.

Die Untersuchungen werden in dem Bereich der Baustelle fortgesetzt, wo die Technikkammer des Brunnens ihren Platz finden soll. Dort wollen die Archäologen bis in die römische Schicht vordringen. Nach den Arbeiten der Bodendenkmalpflege wird zum Schutz der Relikte eine Trennschicht aufgebracht, bevor das Grabungsfeld zugeschüttet und anschließend die große, flache Brunnenmulde angelegt wird.

Neuer Brunnen soll im Frühjahr 2024 in Betrieb gehen

Der Vorgängerbrunnen wurde 1956 errichtet und 1997 stillgelegt. Fläche und Form der neuen Anlage sollen dem früheren Brunnen entsprechen; das Wasser wird in weitem Bogen aus drei Düsen spritzen. Da die archäologischen Untersuchungen eingeplant waren, liegen die Arbeiten im Zeitplan. Allerdings wird Ende Oktober noch kein Wasser sprudeln, weil die Brunnen in der Regel im Winter nicht laufen. Vermutlich ab Frühjahr 2024 geht die Anlage in Betrieb auf dem Platz, auf dem unzählige Märkte abgehalten wurden, Turniere und Hinrichtungen stattfanden, paradiert und promeniert wurde und heute der Drogenhandel blüht.

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