„Unerträglich“Türkische Nationalisten leugnen am Kölner Armenier-Denkmal den Völkermord

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Türkische Nationalisten demonstrieren gegen das Mahnmal für den Völkermord an den Armeniern im Osmanischen Reich. Gleichzeitig erinnern die Initiatoren des Mahnmals an das Ereignis, das führte zu Auseinandersetzungen.

Türkische Nationalisten demonstrieren gegen das Mahnmal für den Völkermord an den Armeniern im Osmanischen Reich. Ihnen gegenüber stehen Menschen, die um die getöteten Armenier trauern.

Am 100. Jahrestag der Gründung der Türkischen Republik stehen sich Befürworter und Gegner der Gedenkstätte lautstark gegenüber. 

Die Stimmung ist aufgeheizt, als sich die beiden Gruppen am Sonntag gegenüberstehen: Auf der einen Seite sind die, die sich getroffen haben, um derer zu gedenken, die beim Völkermord an den Armeniern im Osmanischen Reich getötet worden waren. Auf der anderen Seite stehen etwa 50 türkische Nationalisten, die gegen das Armenier-Denkmal an der Hohenzollernbrücke demonstrieren. Sie schwenken Fahnen mit dem Konterfei des türkischen Staatsgründers Mustafa Kemal Atatürk und skandieren dessen Namen.

Es ist der 100. Jahrestag der Gründung der Türkischen Republik. Das Kulturforum Türkei-Deutschland erinnert daran bei einem Festakt im WDR-Sendesaal mit hochrangigen Gästen wie Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir und der Kölner Grünen Landtagsabgeordneten und Landtagsvizepräsidentin Berivan Aymaz, die mittags Blumen am Mahnmal niedergelegt hatte.

Im Vordergrund ist das Mahnmal zu sehen, das an den Völkermord an den Armeniern erinnert. Im Hintergrund sind Demonstranten zu sehen.

Türkische Nationalisten demonstrieren gegen das Mahnmal für den Völkermord an den Armeniern im Osmanischen Reich.

Die Gruppe, die die Demonstration angemeldet hat, ist Mitglied der sogenannten „Initiativ Türk“, einer Kölner Vereinigung türkischer Vereine, darunter verschiedener Ditib-Moschee-Vereine und vom Verfassungsschutz beobachteter Rechtsextremisten. Sie leugnet die vom Deutschen Bundestag offiziell als Völkermord anerkannten Gräueltaten an den Armeniern. Einige Demonstrierende halten Plakate hoch mit der Aufschrift „1915 war kein Völkermord“ und „Dieses ‚Denkmal‘ ist illegal“.

Mitglieder der Initiative „Völkermord erinnern“ und andere Unterstützer wollen verhindern, dass die Demonstrierenden zur Gedenkstele mit der Aufschrift „Dieser Schmerz betrifft uns alle“ vordringen. „Wir haben im Vorfeld der Strafanzeige wegen Volksverhetzung und Völkermord-Leugnung gegen die Organisatoren der Demo gestellt“, sagt Albrecht Kieser von der Initiative. „Es ist für uns unerträglich, dass diese Menschen, die den Völkermord leugnen und sogar für eine Lüge halten, an diesem Ort demonstrieren dürfen.“

Köln: Türkische Nationalisten demonstrieren am Armenier-Denkmal

Die Aktivisten, die sich für das Armenier-Denkmal einsetzen, bilden eine Menschenkette, um die Demonstrierenden vom Mahnmal abzuschirmen. Sie rufen „Haut ab!“ Von der Gegenseite schallt es „Dieses Denkmal ist illegal!“ Von der Polizei fehlt zu dem Zeitpunkt noch jede Spur. Sie kommt erst deutlich später, nachdem Bezirksbürgermeister Andreas Hupke sie alarmiert hat. „Es ist unsäglich und empörend, dass keine Rücksicht genommen wird auf Menschen, die hier beten und im Stillen um ihre getöteten Vorfahren trauern wollen.“ Währenddessen würden Lautsprecher und Megafone eingesetzt. „Ein solches Ausmaß an Pietätlosigkeit habe ich so noch nie erlebt.“

Auch Stadtdechant Robert Kleine ist zum Mahnmal gekommen: „Ich bin hier, um als Christ und als Staatsbürger meine Stimme gegen diejenigen zu erheben, die leugnen, dass es den Genozid an den Armeniern gab. Ich trauere um die Opfer dieses Völkermords.“ Als die türkischen Nationalisten nach einer knappen Stunde abziehen, äußert sich Hupke erleichtert: „Ich bin froh, dass so viele gekommen sind, um das Mahnmal zu schützen. Wir verteidigen unsere Demokratie mit Zivilcourage.“

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