Polizei-Fahndung wegen versuchten TotschlagsMann prügelt Kölner am Barbarossaplatz ins Koma und flüchtet

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Hauptkommissar Dirk Bachem klebt am Tatort in der Weyerstraße ein Fahndungsplakat nach einem versuchten Tötungsdelikt Ende Februar.

Kriminalhauptkommissar Dirk Bachemklebt am Tatort in der Weyerstraße ein Fahndungsplakat nach einem versuchten Tötungsdelikt Ende Februar auf eine Mauer.

Das spätere Opfer soll zuvor vor dem „Venus Celler“ Reizgas versprüht haben.

Die brutalen Szenen, die sich in der Nacht auf Samstag, 25. Februar, um 3.50 Uhr nahe dem Barbarossaplatz abspielen, haben Zeugen später der Polizei geschildert: Ein Mann ringt einen anderen vor einer Reinigung auf der Weyerstraße zu Boden, mitten auf der Fahrbahn. Er setzt sich auf ihn, schlägt dem Wehrlosen mehrfach gegen den Körper. Dann erhält der Angreifer einen Anruf. Er richtet sich auf, nimmt das Gespräch entgegen.

Auch das Opfer will aufstehen, doch der Täter tritt ihm heftig gegen den Oberkörper, mehrfach. Da sind bereits die Sirenen herbeieilender Streifenwagen zu hören, die ein Zeuge alarmiert hat. Doch der Angreifer hat immer noch nicht genug. „Gewissermaßen als Abschiedsgruß“, sagt Kriminalhauptkommissar Dirk Bachem, tritt der fast zwei Meter große, muskulöse Mann seinem Opfer noch einmal mit voller Wucht gegen den Kopf, bevor er davonläuft. Bis heute weiß die Polizei nicht, wer der Schläger ist.

Köln: Schläger hat kurze Hare, ist muskulös und trug Shirt und Sneaker

Jetzt, fast drei Monate später, versuchen die Ermittler, mit einer Plakataktion weitere Zeugen zu erreichen. Sie haben den Fahndungsaufruf am Mittwoch in Schaufenster von Geschäften, Cafés und Restaurants rund um den Tatort geklebt. Sie suchen Hinweise auf den Flüchtigen, von dem immerhin bekannt ist, dass er zur Tatzeit sehr kurze Haare oder eine Glatze hatte, ein blaues Shirt mit neongelbem Muster trug, blaue Jeans und Turnschuhe. Er soll zwischen 30 und 35 Jahre alt sein.

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Das Opfer liegt seit der Tat auf der Intensivstation, aus dem Koma ist der 32-Jährige aber inzwischen erwacht. Er konnte sich in jener Nacht noch einmal aufrappeln. Er schleppte sich 20 Meter weiter bis zur Gaststätte Haus Töller, wo er zusammenbrach. Im Rettungswagen musste er reanimiert werden.

Der Mann hat schwere Hirnschäden erlitten und wird wohl dauerhaft geschädigt bleiben, berichtet Bachem. Eine Vernehmung war bislang nicht möglich. „Er ist derzeit nicht in der Lage, etwas Zusammenhängendes zu sagen.“ Die Staatsanwaltschaft hat den Tatvorwurf inzwischen von Körperverletzung auf versuchten Totschlag hochgestuft – auch ein Grund, warum die Polizei die Fahndung nun intensiviert.

Köln: Opfer liegt seit fast drei Monaten auf der Intensivstation

Ob Täter und Opfer sich vorher schon kannten, bleibt vorerst unklar. Offenbar hatte der Angriff aber zumindest eine unmittelbare Vorgeschichte: So soll das spätere Opfer wenige Minuten vorher vor dem Nachtclub „Venus Celler“ auf der Zülpicher Straße Reizgas in eine Gruppe von Menschen gesprüht haben, die auf Einlass warteten, unter ihnen sollen auch Security-Kräfte gewesen sein – und der spätere Täter. Warum der 32-Jährige sie einsprühte, ist ungewiss. Der Sprühstoß habe Zeugenangaben zufolge wohl keiner bestimmten Person gegolten, sondern sei eher ziellos in die Menge abgegeben worden.

Danach ergriff der 32-Jährige sofort die Flucht, der fast zwei Meter große Mann lief ihm hinterher. Nach 300 Metern, auf der Kreuzung Weyerstraße/ Friedrichstraße, holte er den 32-Jährigen ein, brachte ihn zu Boden und schlug und trat auf ihn ein.  Eine Waffe, ein Messer etwa, soll nicht im Spiel gewesen sein – nur Fäuste und Füße.

Hoffnung setzt die Polizei jetzt auf weitere Zeugenaussagen. Ein weiterer zunächst vielversprechender Ermittlungsansatz hat sich hingegen zerschlagen: Die Videokameras am „Venus Celler“ waren defekt, sie haben das Geschehen nicht aufgezeichnet. Auch sonst scheint es bislang keine Fotos oder Videoaufnahmen des Täters zu geben.

LKA untersucht Bekleidung auf DNA-Spuren

Eine weitere möglicherweise heiße Spur führt ins Labor des Landeskriminalamts (LKA). Akribisch hatte die Polizei die Bekleidung des Opfers auf Spuren untersucht und sie zum LKA geschickt. Mit ein bisschen Glück, so hoffen die Ermittler, könnte sich daraus die DNA des Täters ergeben. Mit noch mehr Glück ist diese DNA schon in der Datenbank gespeichert und lässt sich einem Namen zuordnen.

Der 32-Jährige wurde im Kölner Umland geboren und lebte in Köln. Er habe keine Kinder, heißt es. Die Polizei hat nach eigenen Angaben Hinweise darauf, dass er „Betäubungsmitteln zugesprochen“ haben soll. Außerdem soll der Mann auch mal als Türsteher gearbeitet haben, allerdings nicht im „Venus Celler“. Ob sich sein Gesundheitszustand noch einmal so bessert, dass er irgendwann Angaben zur Tat und zum Täter machen kann, ist derzeit völlig unklar.

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