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Köln früher und heuteWie die Oper an ihre schrägen Fassaden kam

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Die Opernbaustelle im Jahr 1956, im Vordergrund der Ford von Wilhelm Pfeffer.

Die Opernbaustelle im Jahr 1956, im Vordergrund der Ford von Wilhelm Pfeffer.

Die Kölner Oper am Offenbachplatz galt einst als Symbol für Moderne. Seit dem Bau in den 1950er-Jahren ist viel passiert.

Die Ruinen des Kriegs sind abgeräumt, das Feld ist frei für den Neuanfang. 1956 ragt die neue Oper schon mit markanten Konturen aus dem Matsch der Innenstadt, ein Jahr später wird sie fertig sein. Die Kölner laufen in Scharen auf die Baustelle von Deutschlands größtem Kulturgebäude. Der Entwurf von Architekt Wilhelm Riphahn polarisiert vor allem mit den beiden angeschrägten Turmgebäuden. „Grabmal des unbekannten Intendanten“, spotten die einen, „Trockendock“ die anderen. „Genialische Idee“, sagt der frühere Kölner Stadtkonservator Ulrich Krings.

Klaus Jürgen Pfeffer spielt als Kind mit seinen Schulkameraden auf der Opernbaustelle, denn sein Vater Wilhelm ist dort als Bauleiter im Einsatz. Den Jungen faszinieren die schrägen Werkstatttürme, die an Kreuzfahrtschiffe erinnern. Aber auch die riesigen Fenster des Foyers und „diese Schubladen“, die fächerförmig gegeneinander versetzten Balkone im Zuschauerraum. Die Oper lässt seinen Entschluss reifen, wie sein Vater Architekt zu werden.

Aber er bekommt auch mit, wie die Vergangenheit in Riphahn und seinem Vater nachwirkt. Riphahn sei während der Nazi-Zeit mit einer jüdischen Frau verheiratet gewesen und habe untertauchen müssen. Sein Vater, ein Jude, überlebte den Holocaust nur mit Glück. „Die ganze Geschichte wurde bei uns viel erzählt“, sagt Klaus Jürgen Pfeffer.

Bauarbeiten für die Oper beginnen 1954

Mit der Kamera hält Wilhelm Pfeffer 1956 nicht nur den schnell werdenden Prestigebau fest, sondern auch seinen Ford Taunus. Damit liegt der Architekt voll im Trend. Das Auto ist die große Richtschnur beim Aufbau Kölns nach dem Krieg. Auch die neue Oper soll zentral und verkehrsgünstig liegen. 1954 beginnen die Bauarbeiten deshalb dort, wo sich wenige Jahre später die Nord-Süd-Fahrt durch die Innenstadt schlagen soll. Neben der Oper entstehen Parkhäuser und Anfang der 1960er Jahre das neue Schauspielhaus, ebenfalls ein Entwurf Wilhelm Riphahns. Der Offenbachplatz mit seinem Café öffnet sich bewusst zum Verkehr. Was anfangs als Ausdruck des Fortschritts gern angenommen wird, wirkt später eher abstoßend.

Mehrere andere Standorte standen für die Oper zur Diskussion. Darunter der Volksgarten, der Stadtgarten, der Sachsenring, die Cäcilienstraße oder der Theodor-Heuss-Ring. Nur am Rande wird darüber nachgedacht, die kriegsbeschädigte Oper am Rudolfplatz wiederaufzubauen. Historistische Architektur steht nicht gerade hoch im Kurs in den 1950er Jahren. Am Ende fällt die Entscheidung auf den kompletten Neustart an der Ecke Nord-Süd-Fahrt/Glockengasse, wo im Vorkriegsköln das alte Schauspielhaus und eine Synagoge gestanden hatten. Hier wollten schon die Nazis ein großes Kulturzentrum bauen. Nun verwirklicht Riphahn sein wichtigstes Werk der Nachkriegszeit.

Schräge Fassaden für den „Kick“

In einem früheren Entwurf habe er die Turmbauten des Bühnenhauses noch als „rechteckige Kästen“ konzipiert, erläutert Ulrich Krings. Daraus seien dann zum Glück schräge Fassaden geworden, die dem Bau den „eigentlichen Kick“ gegeben hätten. So originell die Turmbauten, so konservativ fielen die Fassaden des Foyers am Offenbachplatz aus. Innen allerdings sei das Foyer „einer der schönsten Räume der 1950er Jahre“. Als vor Jahren der Abriss des Komplexes zur Diskussion stand, habe er sich vehement für die Sanierung eingesetzt, so Kunsthistoriker Krings: „Dass daraus nun so eine Leidensgeschichte geworden ist, tut uns damaligen Enthusiasten natürlich leid.“ Trotzdem sei der Erhalt richtig: „Der Bau ist wirklich sehr toll.“

Früher stand die Oper für Fortschritt und Moderne, nach 13-jähriger Sanierung mit Gesamtkosten von rund 1,5 Milliarden Euro ist sie heute Sinnbild für städtische Misswirtschaft. Klaus Jürgen Pfeffer freut sich trotzdem auf die Wiedereröffnung, die die Stadt für September 2026 angesetzt hat: „Ich bin gespannt, ob man dann die Veränderungen auch sieht, die diese Kosten verursacht haben.“