„Sucht kennt keine Uhrzeit“Stadt Köln will Drogensüchtigen am Neumarkt besser helfen

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Polizeiauto stehen auf dem Kölner Neumarkt.

Polizeiauto auf dem Kölner Neumarkt: Der bekannte Platz gilt als Drogen-Hotspot, der Drogenkonsumraum soll Suchtkranken helfen. (Symbolbild)

Allein in einer Woche wurde der Drogenkonsumraum knapp 1000 Mal aufgesucht. Zwei weitere Anlaufstellen sind rechtsrheinisch geplant.

Die Öffnungszeiten des Drogenkonsumraums im Gesundheitsamt am Neumarkt werden ausgeweitet. Das hat der Rat bei seiner Sitzung am Donnerstag beschlossen. Ab März ist der Raum montags bis samstags von 8 bis 23 Uhr durchgehend geöffnet. Nach der letzten Erweiterung der Öffnungszeiten stand er an Werktagen von 8 bis 18.30 Uhr sowie samstags von 10 bis 17.30 Uhr zur Verfügung.

Die Erweiterung an die Abendstunden sei am Bedarf orientiert, betont Oberbürgermeisterin Henriette Reker. „Man muss sich bei den Öffnungszeiten nach dem Bedarf richten. Und der Bedarf ist groß“, sagte Reker dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.

Suchthilfe-Angebot: Blick in den Kölner Drogenkonsumraum am Neumarkt

Suchthilfe-Angebot: Blick in den Kölner Drogenkonsumraum am Neumarkt

In der letzten Septemberwoche wurde der Raum laut Stadt 973 Mal aufgesucht, 655 Mal wurden dort Drogen konsumiert. Damit hat sich die Nutzung im Vergleich zur Nutzung im Frühsommer etwa verdreifacht. Um herauszufinden, welche Zeiten für eine Erweiterung am sinnvollsten sind, hat die Stadt vorab unter Nutzerinnen und Nutzern des Drogenkonsumraums Befragungen durchgeführt.

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Kölner Streetworker begrüßt die Ausweitung

Reker hofft, dass sich mit der Erweiterung nicht nur die Situation für Drogenabhängige, sondern auch für Anwohner und Passanten verbessert. „Der Konsum soll mit der Erweiterung von der Öffentlichkeit in die Privatsphäre verlagert werden. Ich glaube, dadurch werden auch die Anlieger entlastet – und die Besucher haben die Bilder nicht vor Augen“, sagte sie.

Streetworker Franco Clemens, der mit obdachlosen Kölnerinnen und Kölnern regelmäßig in Kontakt steht, hält die Entscheidung grundsätzlich für richtig. „Ich begrüße die erweiterten Öffnungszeiten“, sagte Clemens. Auch er sieht in den Abendstunden einen besonders großen Bedarf.

Aber: „Ideal wäre, wenn der Raum 24 Stunden lang geöffnet wäre und das auch sonntags. Denn die Sucht kennt keine Uhrzeit.“ Für eine Öffnung in der Nacht müsse jedoch ein ganzheitlicher sozialarbeiterischer Ansatz her, es brauche dafür einen Raum, in dem man sich auch aufhalten könne. Es gelte, diesen langfristig zu entwickeln.

Kölner Ratsbündnis will den Raum weiterentwickeln und plant zwei neue

Auch im Ratsbündnis aus Grünen, CDU und Volt sieht man die Erweiterung, für die in der Stadtverwaltung 16 neue Mitarbeiter eingestellt werden, nicht als Endstadium an. „Wir helfen mit diesem Angebot sowohl schwerstkranken Menschen als auch den Anwohnern und Geschäftsleuten am Neumarkt“, sagte Ralf Unna, gesundheitspolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion. Aber auch aus seiner Sicht wäre es „für eine Großstadt wie Köln darüber hinaus erstrebenswert, einen Konsumraum, der rund um die Uhr und sieben Tage die Woche geöffnet hat, anzubieten.“

Zwar gehe ihm die Weiterentwicklung des Raumes nicht schnell genug, doch die Zwischenschritte seien notwendig, um langfristig zu einer guten Lösung zu kommen. Auch rechtsrheinisch wollen Stadt und Verwaltung zwei neue Drogenkonsumräume schaffen, einen davon am Wiener Platz.

Kölner Neumarkt: Auch der Bau des Brunnens ist beschlossen

Für Reker ist die Fortentwicklung des Neumarkts ein wesentliches Ziel für das laufende Jahr. „Der Neumarkt war nie schön. Aber er hat immer gut funktioniert, wenn er belebt war. Und das wollen wir wiederherstellen“, sagte die Oberbürgermeisterin. Auch ein Brunnen, der nun gebaut wird, soll dabei helfen.

Bei seiner Sitzung stimmte der Rat ebenfalls der Finanzierung des Baus zu, der rund 700.000 Euro teurer ist als bei der ersten Planung vorgesehen, die Kosten liegen nun bei 1,5 Millionen Euro. Die Stadt erhofft sich davon eine höhere Aufenthaltsqualität. Von der früheren Brunnenanlage ist nur noch eine Eiseneinfassung erhalten, der Wasseranschluss wurde 1997 stillgelegt. „Endlich wird der Brunnen gebaut“, sagte Reker: „Er wird hoffentlich noch in diesem Jahr fertig.“

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