„Sinnfrei, was da gerade passiert“So lief der Impfstart in einer Kölner Apotheke

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Apothekerin Raphaela Acht und Apotheker Alexander Großer impfen in der Apotheke „Zum Goldenen Horn“.

Köln – In der Kölner Apotheke „Zum Goldenen Horn“ am Chlodwigplatz herrscht am Dienstag Normalbetrieb, obwohl sich das Team rund um Apothekerin Raphaela Acht seit Monaten auf das Impfen des Corona-Impfstoffes vorbereitet hat. Seit Montag dürfen Apotheken impfen, seit Dienstag bieten sie es an – theoretisch. Denn praktisch ist die Nachfrage nach einer Impfung auch in den Apotheken so niedrig wie in ganz Köln derzeit.

Der erste Impftag beginnt für das Apotheker-Team „Zum Goldenen Horn“ also ruhig. Zwölf Impflinge haben sich zuvor über das Online-Portal angemeldet. Eine davon ist Anja Bierwirth. Die 49-Jährige nutzte das Angebot um sich die Booster-Impfung zu holen. Obwohl sie ihre ersten beiden Impfungen, mit Johnson & Johnson und Biontech, von ihrer Hausärztin bekam, entschied sie sich bei der dritten Impfung für die Apotheke.

Der Hausarzt ist zu weit weg

„Die Praxis meiner Ärztin ist in Nippes, das ist schon sehr weit weg“, sagt sie. „Meine Haus- und Hof-Apotheke ‚Zum Goldenen Horn‘ hingegen ist direkt um die Ecke.“ Lange brauchte die Kölnerin für ihre Entscheidung also nicht.

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Neben der Nähe habe die Apotheke noch einen weiteren Vorteil für Anja Bierwirth: „Viele Ärzte bieten mittlerweile auch nur noch bestimmte Impftage an, an denen ich wegen der Arbeit nicht immer Zeit habe.“ Für sie seien die Apotheken deshalb eine schöne Option, sagt sie. Im persönlichen Gespräch mit einem Mitarbeiter sei sie auf die Impfungen im „Zum Goldenen Horn“ aufmerksam geworden.

„Jeder Piks zählt“

Als im September bekannt wurde, dass Apotheken gegen Covid impfen dürfen, war für das Apotheken-Team direkt klar, dass auch sie diese Dienstleistung anbieten werden. „Wir machen das nicht wegen Geld, im Gegenteil, wir haben viel investiert. Wir sind der Meinung, dass wir jetzt gebraucht werden und dann machen wir das auch“, sagt Jürgen Büsch, Leiter der Apotheke „Zum Goldenen Horn“.

Auch für Dr. Armin Hoffmann, Präsident der Apothekerkammer Nordrhein, ist das Angebot der Apotheken eine gute Ergänzung zu den Angeboten der Stadt und der Hausärzte. Er ist zum Impfauftakt in die Apotheke am Chlodwigplatz gekommen. „Wir wollen alle die Pandemie so schnell wie möglich in den Griff bekommen. Ich sage immer: Jeder Piks zählt.“

Kritik von Ärzten: „Sinnfrei, was da gerade passiert“

Doch nicht jeder ist so euphorisch über das Impfangebot der Apotheken. Kritik kommt vor allem von Seiten der Hausärzte. „Dass Apotheken impfen dürfen ist weder medizinisch noch sachlich sinnvoll“, sagt Oliver Funken, Vorsitzender des Hausärzteverbands Nordrhein. Die Apotheken würden auch Impfzögerer nicht mehr erreichen können und das derzeitige Angebot von Arztpraxen, kommunalen Impfzentren sowie Impfmobilien reiche jetzt und auch bei einer vierten Impfung aus. „Es ist einfach sinnfrei, was da gerade passiert.“

Als Konkurrenz sehe er die Apotheken aber nicht, vielmehr seien sie wichtige Ansprechpartner für die Ärzte bei Fragen zu Medikamenten- und Impfstofflieferungen. Funken warnt, dass die Apothekerinnen und Apotheker nicht ausreichend geschult seien. „Eine mehrstündige Kurzschulung ist eine Einstiegsqualifizierung, die nichts mit einer medizinischen Ausbildung zu tun hat, die bis zum Facharzt zwölf Jahre dauert.“

Apotheken seien auf Komplikationen vorbereitet

Apothekerin Raphaela Acht ist sich der Kritik der Ärzte bewusst. Sie sieht sich mit der Schulung aber sehr gut vorbereitet. Zudem vollziehe die Apotheke seit Ende vergangenen Jahres auch die Grippeschutzimpfung. „Der praktische Teil ist nahezu identisch. In der Schulung war immer ein Arzt dabei, der uns unterstützt hat“, sagt sie.

Dennoch gibt sie zu: „Natürlich ist das für uns eine Herausforderung und auch die erste Spritze war eine Überwindung.“ Auf eventuelle allergische Reaktionen, die, so sagt Acht, im schlimmsten Fall passieren könnten, sei man aber vorbereitet. „Ich habe einen Notfallplan geschrieben und jeder Mitarbeiter weiß, wo was ist“, sagt sie.

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Am Ende des ersten Impftages haben die Mitarbeiter, trotz einiger Absagen, etwa zwölf Menschen geimpft, da sich ein paar wenige im Gespräch noch spontan entschlossen haben. „Lange Schlangen hatten wir sowieso nicht erwartet. Die Bürgerinnen und Bürger sollen das Angebot sukzessiv über eine lange Zeit in Anspruch nehmen können“, sagt Jens Krömer, Pressesprecher der Apothekerkammer Nordrhein. Anja Bierwirth hat dies bereits am ersten Tag getan. Sie habe sich während der Impfung sehr wohl gefühlt. „Es hat doch alles super geklappt“, sagt die 49-Jährige.

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