Kölner IS-Anhänger vor GerichtAngeklagter ist voll schuldfähig – Urteil am Donnerstag

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Mohamed J. beim Prozessauftakt im Landgericht

Mohamed J. beim Prozessauftakt im Landgericht

Köln-Humboldt/Gremberg – Dissozial, egoistisch, narzisstisch, in Selbstmitleid schwelgend, ein Simulant – zu dieser Persönlichkeitsanalyse kommt eine psychiatrische Sachverständige, die sich im Fall Mohammed J. mit der Frage nach dessen Schuldfähigkeit beschäftigt hat. J. muss sich vor dem Landgericht wegen versuchten Totschlags und gefährlicher Körperverletzung verantworten und ist bekennender Anhänger der Terrormiliz Islamischer Staat (IS).

Immer wieder auf Gegner eingestochen

Im Oktober vergangenen Jahres hatte er in Gremberg im Streit auf einen Marokkaner eingestochen. Laut Anklage entzündete sich der Streit an einem Posting in sozialen Netzwerken, in dem der Angeklagte das Opfer in Zusammenhang mit dem IS gebracht habe. J. hatte immer wieder auf sein Gegenüber eingestochen, den am Boden liegenden Mann gegen den Kopf getreten und damit lebensgefährlich verletzt.

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Nach Überzeugung der Psychiaterin ist Mohammed J. strafrechtlich voll verantwortlich, sie sah keinerlei Hinweise für eine psychische Erkrankung oder eine Affekt-Tat. Ihren Ausführungen zufolge habe sich Mohammed J. aufgrund der drohenden Abschiebung immer mehr in die Enge gedrängt gefühlt. Zumal ihm in der tunesischen Heimat ebenfalls eine strafrechtliche Verfolgung drohe, weil er sich dem Militärdienst entzogen hatte und er zudem Statements im Netz abgab, in denen er sich zum IS bekannte. J. kam 2014 nach Deutschland und wurde hier wiederholt strafrechtlich auffällig, er hat mehrere Verurteilungen wegen Diebstahls und Leistungserschleichung kassiert.

Es scheint offensichtlich, dass J., dem bereits mehrfach Asyl verweigert wurde, durch seine Heirat mit einer 20 Jahre älteren Frau ein Bleiberecht durchsetzen wollte. Vergeblich – die Frau hat inzwischen die Scheidung eingereicht. Um vor der Abschiebung bewahrt zu werden, habe er sich auf juristischen Rat auch wiederholt in die Psychiatrie einweisen lassen, wo er stets nach kürzester Zeit mangels Krankheitsbild entlassen wurde.

Aus Psychiatrie entlassen

Auch die Hinwendung zur IS-Terrormiliz dürfte nach Einschätzung der Gutachterin aus „nicht religiösen Motiven“ erfolgt sein. Vielmehr habe Mohammed J. aufgrund seiner Persönlichkeitsstruktur sozusagen zur Stabilisierung seines Selbstwertgefühls „die Flucht nach vorn angetreten“, um als Gotteskrieger für den IS in den Kampf zu ziehen.

So undiszipliniert, frech und unflätig wie auf der Anklagebank setzt sich das Verhalten des Angeklagten auch in der Untersuchungshaft fort: Dort beschwerte er sich über eine „dreckige Zelle“ und fühlt sich in seiner Privatsphäre gestört. Wiederholt drohte er laut Akten sowohl Mitgefangenen wie auch Justizbediensteten. Ein Urteil soll voraussichtlich am Donnerstag verkündet werden.

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