„Zero Waste-Konzept“Kölner sollen bis 2035 ein Drittel weniger Restmüll verursachen – wird die Biotonne Pflicht?

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Eine Frau legt eine Tüte mit Restmüll in eine Mülltonne. (Symbolbild)

Pro Kopf produzieren Kölner aktuell 225 Kilogramm Restmüll pro Jahr. (Symbolbild)

Die Stadt will außerdem prüfen, ob Werbeprospekte künftig nur noch nach eindeutiger Zustimmung eingeworfen werden dürfen. 

225 Kilogramm Restmüll hat jede Kölnerin und jeder Kölner 2021 statistisch produziert. Das soll weniger werden – und zwar deutlich. Um ganze 30 Prozent will die Stadt Köln die Menge an Restmüll pro Kopf und pro Jahr bis 2035 verringern. Das sieht das neue „Zero Waste-Konzept“ vor. 2030 soll die Restmüllmenge pro Kopf bei 180 Kilo liegen, 2035 dann nur noch bei 160 Kilo im Jahr. Perspektivisch sollen auf jede Kölnerin und jeden Kölner bis 2040 dann sogar nur noch 135 Kilogramm Restmüll pro Jahr entfallen.

Bis 2030 sollen 80 Prozent der Kölner Haushalte die Biotonne haben

Eine wichtige Rolle dabei, dieses Restmüllaufkommen zu reduzieren, könnte die Biotonne spielen. Die Nutzung der Biotonne ist aktuell freiwillig und kostet keine zusätzliche Gebühr. Dadurch hat der Bioabfall in Köln eine hohe Qualität, weil die Menschen ihre Bioabfälle gezielt entsorgen und nicht mit anderem Müll mischen. 2021 waren 65 Prozent der Kölner Haushalte an die Biotonne angeschlossen. Bis 2030 will die Stadt diese Anschlussquote auf mindestens 80 Prozent erhöhen. Zurzeit wird ein Pilotprojekt vorbereitet, in dem ein Stadtbezirk die Biotonne verpflichtend bekommt.

Denn die Haushalte, die momentan keine Biotonne haben, entsorgen ihre Lebensmittelabfälle im Restmüll. In einer 2020 veröffentlichten bundesweiten Hausmüllanalyse wurde ermittelt, dass der sogenannte „nativ-organische Abfall“ fast 40 Prozent des Hausmülls ausmacht. Je mehr Menschen diesen Müll besser trennen und in der Biotonne entsorgen, umso geringer wird die Restmüllmenge. Und diese ist in Köln, im Vergleich zu anderen dicht besiedelten Städten, sehr hoch. Über 26,2 Kilogramm mehr Restmüll pro Kopf pro Jahr wird in Köln im Vergleich zu den anderen Millionenstädten Berlin, München und Hamburg, aber auch dicht besiedelten Städten wie Bielefeld oder Bonn produziert. So steht es im „Zero Waste-Konzept“.

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Der Begriff „Zero Waste“ steht dabei nicht, wie es wörtlich übersetzt wäre, für das Ziel von „Null Abfällen“. Vielmehr soll grundsätzlich weniger Abfall produziert und die Möglichkeiten von Recycling gefördert werden. Dass die Maßnahmen dafür in einem Konzept festgeschrieben werden sollen, hat der Stadtrat bereits im Mai 2021 beschlossen, bis Ende 2022 sollte das Konzept eigentlich da sein. Nun hat das Umweltdezernat das etwa 150 Seiten lange Papier in Zusammenarbeit mit dem Wuppertal Institut für Klima, Umwelt und Energie vorgelegt. „Mit dem ‚Zero Waste-Konzept‘ möchten wir positive Anreize zur Abfallvermeidung in der ganzen Stadtgesellschaft setzen“, sagt Umweltdezernent William Wolfgramm. „Es ist der Beginn eines langfristigen Prozesses und Dialogs. Wir möchten mehr Bewusstsein für den Umgang mit Abfällen schaffen.“

Die Kernziele des „Zero Waste-Konzepts“ sind, neben einer Sensibilisierung der Bürgerinnen und Bürger für das Thema, eine deutliche Verringerung zum einen des Restmülls pro Person, zum anderen der sogenannten „Siedlungsabfälle“. Darunter versteht man sowohl Abfälle aus privaten Haushalten, als auch von Einrichtungen wie Arztpraxen, Schulen, Kindergärten, Verwaltungsgebäuden oder Pflegeeinrichtungen, der in der Zusammensetzung ähnlich wie Hausmüll ist. Auch diese Siedlungsabfälle sollen deutlich gesenkt werden. 2021 lag das Abfallaufkommen hier bei 474 Kilo pro Kopf. Bis 2035 soll diese Menge um 15 Prozent reduziert werden, auf 403 Kilogramm pro Person pro Jahr.

Gebrauchtwarenkaufhaus und weniger Werbeprospekte denkbar

Neben der Biotonne sind im Konzept noch weitere sowohl kurz- als auch langfristige Maßnahmen zur Müll-Reduktion festgeschrieben. Als eine Sofortmaßnahme ist die Einrichtung eines „Zero Waste Teams“ bei der Stadt und der AWB vorgesehen, das die Umsetzung des Konzepts koordinieren soll. Als weitere Sofortmaßnahmen sind die Unterstützung von Reparaturwerkstätten, Informationskampagnen und eine Mehrwegpflicht für Veranstaltungen im öffentlichen Raum vorgesehen. Für diese Startmaßnahmen sind Kosten von 200.000 Euro vorgesehen.

Mittelfristig könnte Köln nach dem Vorbild des „Noch Mall“ in Berlin außerdem ein Gebrauchtwarenkaufhaus bekommen, das die AWB betreibt. Unmittelbaren Effekt auf die Bürgerinnen und Bürger könnte auch die Reduzierung von Postwurfsendungen haben. Dafür soll geprüft werden, ob Anwohner Werbeprospekte und Postwurfsendungen nur noch durch ein „Opt-in“, also auf ausdrückliche Zustimmung hin, bekommen. Laut Konzept könnte diese Opt-In-Lösung die Menge von 46 Kilogramm Werbematerial pro Jahr um die Hälfte reduzieren.

Auch die Kölner Gastronomie, der Bausektor, der Sport und der Karneval sollen ihr Müllaufkommen reduzieren, durch die verstärkte Nutzung von Mehrweg-Verpackungen oder auch biologisch abbaubarem Konfetti.

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