Kölner Sommerblut-FestivalSchräge Begegnungen im Grüngürtel

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Irrer Wissenschaftler im Grüngürtel als Teil der Inszenierung "Biotopia".

Köln – „Bäume pulsieren im Takt der Gezeiten. Schamanische Wesen zwischen den Zeiten und Kategorien. Pflanzen als Chronist:innen zivilisatorischer Vergangenheit und Zukunft. Dazwischen Nebel, Sterne, Konstellationen, Menschen, Fadenwürmer. Wir begegnen uns nicht zum ersten Mal in der Anderswelt von Biotopia.“ So steht es im Programm des Sommerblut-Festivals, das an diesem Freitag eröffnet wird und ab Samstag, 7. Mai, mit der Inszenierung „Biotopia“ gleich viermal Gelegenheit gibt, Natur neu zu erfahren.

Audiowalk leitet Spaziergang durch Kölner Grün

Mit einem Audiowalk bringt Regisseur Frederik Werth Interessierte ins Grüne, also mit einem per App angeleiteten Spaziergang, der die eine oder andere Überraschung birgt. Praktisch bedeutet das: Man kauft ein Ticket, erhält im Gegenzug den Zugang zu einer App und Koordinaten. Zu dem so definierten Ort begibt man sich mit Smartphone (und Kopfhörer), folgt den Anweisungen oder latscht nach eigenem Gusto in die Landschaft. Warum man das machen sollte? „Alles um uns herum spricht mit uns“, sagt Werth, „wir müssen nur noch zuhören.“ Es gehe darum, die Trennung von Natur und Kultur, von städtisch und ländlich, in Frage zu stellen, weil der Mensch per se Teil seiner Umwelt sei. Im Grüngürtel vermischen sich Straßenbahngeräusche und Blätterrascheln, führen aufgeräumte Wege durch verwildertes Grün. Man wird aufgefordert, eingelaufene Pfade zu verlassen, im Kopf wie mit den Füßen.

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Grenzerfahrung mit urbaner Natur

Wer’s tut, trifft tatsächlich eine Tänzerin, die versucht, wie ein Baum zu sein, sich den Lebensformen um sie herum anzupassen. Die reagiert auf Impulse, sei es durch einen Wurm, einen Grashalm, ein Geräusch. Oder einen Schauspieler, der als „Dozent auf dem Zenit seiner Verwilderung“, wie Frederik Werth es formuliert, auf seinem ganz eigenen Survival-Trip den Besucher durchaus ansprechen könnte, Kontakt aufnimmt mit der Zivilisation, der er gerade entronnen scheint. Schräge Begegnungen im Nirgendwo irgendwo zwischen Spuk und Outdoor-Theater, zu dem der Regisseur sich wohl Nebelschwaden wünschen würde.

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Es gibt aber auch Gemeinschaftsorte, an denen es Kaffee gibt. Und einen irren Wissenschaftler, der an der Symbiose von Pilz, Kaffee und Mensch forscht. Es geht um Klimawandel, Ausbeutungsstrukturen, Gleichgültigkeit. Man bewegt sich zwischen Welten und jenseits der eigenen Erwartungen.  Regisseur Werth zitiert die US-amerikanische Molekularbiologin und Feministin Donna Haraway: „Wie schaffen wir es, auf einem beschädigten Planeten gemeinsam gut zu leben und zu sterben?“ Die Macher von Sommerblut und dem Theater im Bauturm definieren ihr Stück als „eine Fortpflanzung. Ein Kosmos, in dem die eigenen Sinne verwildern“. Mensch muss sich nur drauf einlassen.   „Biotopia. Eine Fortpflanzung“ ist an vier Tagen im Äußeren Grüngürtel zu erleben. Premiere ist diesen Samstag, 7. Mai, ab 16 Uhr. Weite Termine: Sonntag, 8. Mai, ab 9 Uhr und am 18. und 19. Mai, jeweils ab 19 Uhr. Tickets kosten 15 Euro (erm. 10 Euro). Weiter Infos unter www.sommerblut.de

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