SPD-Fraktionschef Christian Joisten ist neuerdings bei der Fraktion in Teilzeit angestellt, um sein politisches Engagement finanziell abzusichern. Das gefällt nicht jedem in der Fraktion.
Kölner SPD-FraktionschefChristian Joisten ist jetzt Berufspolitiker
Der Kölner SPD-Fraktionschef Christian Joisten (51) ist seit diesem Herbst Berufspolitiker und neuerdings in Teilzeit bei seiner Fraktion angestellt. Das hat Joisten dieser Zeitung am Mittwoch bestätigt. Nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ hat die 19-köpfige SPD-Fraktion zuletzt der wöchentlichen 25-Stunden-Anstellung mit 17 Ja-Stimmen und zwei Enthaltungen für zunächst ein Jahr zugestimmt – trotz einiger Bedenken.
Denn das Geld stammt aus dem Budget von rund 850.000 Euro, das die SPD jährlich aus der Stadtkasse für ihre politische Arbeit im Rat bekommt. Joisten erhält Geld, das für eine noch nicht besetzte Referentenstelle vorgesehen war. Unter anderem deshalb war aus der Fraktion zu hören: „Das ist jetzt nicht schön, aber ging nicht anders. Es wurde schon munter in der Fraktion darüber diskutiert.“
Joisten selbst sagte: „Es ist zeitlich nicht möglich, das Mandat des Fraktionsvorsitzenden in einer Millionenstadt als klassisches Ehrenamt auszuüben und nebenbei in Vollzeit zu arbeiten. Deshalb begrüße ich die neue Regelung, der die Fraktion zugestimmt hat.“
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Das Amt des Fraktionsvorsitzenden im Stadtrat ist ein Ehrenamt, bringt über die festgelegten Vergütungsregeln aber etwa 2000 Euro im Monat. Das entfällt durch den neuen Arbeitsvertrag, so sieht es die Gemeindeordnung NRW vor.
Zukünftig arbeitet Joisten statt Vollzeit nur noch einen Tag die Woche für seinen bisherigen Arbeitgeber. Es handelt sich um ein Unternehmen, das sich als Spezialisten für betriebliche Sicherheit und Gesundheitsschutz bezeichnet, Joisten ist dort Leiter für Kundenbeziehungen gewesen.
Teil der Vergütung muss Christian Joisten abgeben
Um auf sein bisheriges Gehalt zu kommen, erhält er den Lohn für die Teilzeitstelle bei der Fraktion sowie die Vergütungen für seine Sitze in den Aufsichts- und Verwaltungsräten, beispielsweise bei den Stadtwerken. Davon muss er laut eigener Aussage aber 30 Prozent an die Partei abgeben.
Joisten war in finanziellen Zugzwang gekommen, weil sein Arbeitgeber sein politisches Engagement in der bisherigen Form nur bis zur Landtagswahl im Mai geduldet hatte. Die Vollzeitstelle kollidierte teils mit seinem Amt als Fraktionschef, das er nach dem Rückzug von Martin Börschel 2018 übernommen hatte. Beispielsweise schrieb er manche E-Mail an die Fraktion nachts um halb drei.
Landtagsmandat als Hilfe für finanzielle Sicherheit
Üblicherweise wird der SPD-Fraktionschef für die Landtagswahl nominiert, damit er in das Landesparlament einzieht, dort erhalten die Abgeordneten monatlich 12.379,14 Euro. Über das Landtagsmandat, so die Überlegung, erhalten die Politiker also genug Geld, um damit auch ihre ehrenamtliche Arbeit in der Stadtratsfraktion finanziell abzusichern.
Allerdings hatte Joisten die Wahl im Mai gegen CDU-Landtagsmitglied Florian Braun verloren und stand damit vor der Frage, ob er weiter Politik macht, und wenn ja, wie er sich finanziert.
Oberbürgermeisterin Henriette Reker(parteilos) hatte 2018 an den damaligen NRW-Ministerpräsidenten Armin Laschet geschrieben und eine Kommission gefordert, die sich mit der besseren Bezahlung für Kommunalpolitiker beschäftigt. In dem Brief hieß es: „Besonders in der größten Stadt unseres Landes mit mehr als einer Million Einwohnern und einem Haushaltsvolumen von fast fünf Milliarden Euro ist in meinen Augen eine ehrenamtliche Tätigkeit für Ratsmitglieder in der bisherigen Form nicht mehr zeitgemäß.“
Neben der finanziellen Komponente hat die Anstellung auch eine politische Dimension. In der Sitzung wurde zwar laut Teilnehmern diskutiert, es stand aber auch keiner auf und bot sich als Alternative an. Durch das Votum hat Joisten einen „erzwungenen Vertrauensbeweis“ erhalten, wie es ein Mitglied formuliert.
Nach der Kommunalwahl 2020 wollte Oberbürgermeisterkandidat Andreas Kossiski Fraktionschef werden, unterlag Joisten aber mit sieben zu elf Stimmen bei einer Enthaltung.