„Natürlich fällt das auf“Kölner Politikerin nimmt ihr Baby mit in Sitzungen

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Jennifer Glashagen (Volt) im Rathaus mit ihrem Sohn

Köln – Es ist ein ungewohntes Bild in der Kölner Kommunalpolitik. Seit einigen Monaten nimmt Jennifer Glashagen ihren Säugling mit in politische Sitzungen. „Es ist zum Glück ein sehr politikkompatibler Sohn“, sagt Glashagen dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ und lacht.

„Natürlich fällt das auf, aber ich hoffe, dass ich dazu beitragen kann, solche Konstellationen zu normalisieren“, so die Politikerin weiter. Glashagen sitzt seit 2020 im Rat, als Vorsitzende der Volt-Fraktion hat sie eine Schlüsselfunktion. Ohne Volt als Partner wäre es Grünen und CDU nicht ohne weiteres möglich, gemeinsam zu regieren.

Kölner Politikerin über Sitzungen mit Kind: „Das ist unser Verständnis von Demokratie“

Kurz vor ihrer Kandidatur hatte Glashagen ihr erstes Kind bekommen. „Schon meine Tochter, die jetzt zweieinhalb Jahre alt ist, habe ich immer wieder in Ausschüsse mitgenommen“, erklärt sie. Mit traditionellen Vorstellungen davon, wer Politik zu machen habe und wer nicht, könne sie nichts anfangen. „Die Auffassung von Volt ist, dass jede und jeder in der aktuellen Lebenssituation ermutigt werden sollte, Politik machen zu können. Das ist unser Verständnis von Demokratie.“ Glashagen und ihr Mann wollten ihre Familie erweitern, gleichzeitig wollte sie ihr Mandat unbedingt fortführen. Durch viel Arbeit im Homeoffice und Glashagens Bereitschaft, ihr Kind mit ins Rathaus zu nehmen, lässt sich die Betreuung gut aufteilen.

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Die aktuelle Legislaturperiode will sie ausschließlich ihrer politischen Arbeit und ihrer Familie widmen, wegen ihrer zwei Geburten ist sie über mehrere Jahre in Elternzeit und somit freigestellt. Ein Zukunftsmodell? „Politik wird für junge Mütter gemacht werden, also müssen junge Mütter auch repräsentiert sein. So sehe ich das“, sagt Glashagen. Ihr Sohn hat nun schon mehr politische Sitzungen als Lebensmonate hinter sich gebracht.

Kölner Rathaus stellt Wickelkommode auch Männern zur Verfügung

„Bislang wird das sehr positiv kommentiert. Es wird mir auch ein Platz hinten oder am Rand ermöglicht, weil ich relativ viel stehen muss“, sagt Glashagen. Auch bei der Ratssitzung am 8. September war ihr Sohn dabei. „Es hat auch etwas Therapeutisches, mit Baby sind die Sitzungen harmonischer“, so die Fraktionsvorsitzende weiter. „Wenn ich mich aufrege, wird mein Baby auch unruhig.“

Ihre Fraktion hat auch angeregt, dass die Toilette mit Wickelkommode im Rathaus von einer Frauen- in eine Unisex-Toilette umgewidmet wird. Damit auch Väter, wie etwa Glashagens Parteikollege Manuel Jeschka, ihre Kleinkinder wickeln können. Im Bundestag hat Jennifer Glashagen ein prominentes Vorbild: Anton Hofreiter (Grüne) leitete im Juni eine Sitzung des EU-Ausschusses mit seinem Kind auf dem Schoß. „Das steht für einen neuen Politikstil“, sagt Glashagen. „Es braucht einen kleinen Anstoß, dann haben aber alle Verständnis.“

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