Neun Bezirksvertretungen gibt es in Köln, für jeden Stadtbezirk eine – was ist ihre Aufgabe, was nicht, wer ist wo Bürgermeister oder Bürgermeisterin? Ein Überblick.
Kommunalwahl 2025Die neun Kölner Bezirksvertretungen und ihre Bürgermeister

Die Bezirksvertretung Innenstadt tagt im Spanischen Bau.
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Die Verfasser der Gemeindeordnung in NRW haben es sich etwas zu leicht gemacht: Bezirksvertretungen seien „für Angelegenheiten zuständig, deren Bedeutung nicht wesentlich über den jeweiligen Stadtbezirk hinausgeht“, heißt es da. Klingt einfach, doch in der Kölner Praxis wird es schnell kompliziert. Wer entscheidet, welche Schulform in einem großen Neubaugebiet angeboten wird? Ist das Sache der Interessenvertreter im Stadtbezirk, die sich vor Ort bestens auskennen? Oder entscheidet das der Stadtrat, weil er Grundsätze der gesamtstädtischen Schulpolitik festlegen will? Notfalls auch gegen ein einstimmiges Votum der Bezirksvertretung wie im seit Jahren andauernden Streit um die Frage, ob in Rondorf ein Gymnasium oder eine Gesamtschule eröffnen soll.
Platz-Benennung wird gesamtstädtische Angelegenheit
Der Kölner Stadtrat tut sich nicht nur schwer damit, Entscheidungen abzugeben. Er interpretiert die Frage nach den Befugnissen gerne zu seinen Gunsten. Vor allem die Bezirksvertretung der Innenstadt gerät immer wieder in Streit mit Stadtrat und Verwaltung. Da wird sogar die Benennung eines Platzes zur gesamtstädtischen Angelegenheit, wie zuletzt die Diskussion um die Würdigung des Kölner Schauspielers und Komikers Dirk Bach gezeigt hat. Ob der so genannte „kleine Offenbachplatz“ umbenannt werden durfte oder nicht, wurde zum Rechtsstreit zwischen BV und Stadtrat auf Kosten der Steuerzahler. Eine Entscheidung des Kölner Verwaltungsgerichts reichte nicht. Das Oberverwaltungsgericht Münster musste den Stadtrat in seine Grenzen weisen: Wenn die Bezirksvertretung will, dass der Platz vor der Oper nach Dirk Bach benannt werden soll, hat der Stadtrat da nicht reinzureden.
Wie ein roter Faden zieht sich das Kompetenzgerangel seit ihrer Einführung 1975 durch die Geschichte der Bezirksvertretungen. Der streitbare, scheidende Bezirksbürgermeister in der Innenstadt, Andreas Hupke, beklagte, dass die Interessenvertretungen auf Stadtbezirksebene geknebelt und bewusst „knapp gehalten“ werden. So etwas gebe es in keiner anderen großen Stadt in Deutschland.
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Neun Bezirksvertretungen mit je 19 Mitgliedern
Neun Bezirksvertretungen gibt es in Köln, für jeden Stadtbezirk eine. Sie haben jeweils 19 Mitglieder, die bei der Kommunalwahl mit einem separaten Stimmzettel gewählt werden. Bei der letzten Kommunalwahl 2020 fuhren die Grünen bei der Bezirksvertretungswahl ein noch besseres Ergebnis ein als bei der Stadtratswahl. Über 33 Prozent der Kölnerinnen und Kölner wählten die Partei, die danach fünf von neun Bezirksbürgermeister stellen konnte. In Porz und Chorweiler blieb die CDU vorne. Die SPD konnte sich nur noch knapp in Kalk an erster Stelle behaupten. In Mülheim musste sie ein Bündnis gegen den grünen Wahlsieger schmieden, um weiter den Bezirksbürgermeister zu stellen.
Bekanntheitsgrad und Reputation der Gremien sind nicht die besten, was nicht nur daran liegt, dass sie Stadtrat und Verwaltung nicht ernst genug nehmen. Zum schlechten Image trägt auch manche BV selber bei, indem sie das Vorurteil bestätigt, sich viel zu wichtig nehmen. Da wird über politische Grundsatzfragen gestritten und über Koalitionen verhandelt, als wäre man ein richtiges Parlament. Darunter leidet dann die direkte Interessenvertretung.
Anregungsrecht bei Bauleitplanung
Die Praxis zeigt: Nur wenn man sich über Parteiinteressen einig wird, haben Bezirksvertretungen gute Chancen, politische Entscheidungsprozesse mitzugestalten. Sie sollen sich auch bei Fragen einmischen, die weit über eine Platzbenennung hinausgehen. Die Gemeindeordnung will, dass sich die Bezirksvertreter bei der Haushaltsplanberatung einbringen und Stellung beziehen, wenn es um Planungen und Investitionen im Bezirk geht. Es gibt ein Anregungsrecht bei der Bauleitplanung. Sie sollen über die Ausstattung von Schulen, Sport- und Spielplätzen sowie Altenheimen entscheiden.
Gleiches gilt für die Grünpflege, den Unterhalt von Straßen, die Brauchtumspflege und andere Kulturangebote. Bestenfalls haben Bezirksvertretungen für so etwas einen eigenen Etat, der weit über das hinausgehen könnte, was ihnen zur Zeit in Köln überlassen wird. Auch das aktuell so intensiv debattierte Thema der Verwahrlosung des öffentlichen Raums ist nach der Gemeindeordnung eigentlich ihre Sache. Doch um sich dem anzunehmen, bräuchten sie nicht nur Geld, sondern auch Zugriff auf mehr Personal. Davon ist man in Köln auch nach jahrelangem Streit um Befugnisse weit entfernt. Wer sich die langen Tagesordnungen des Stadtrats anschaut, wird sich wundern, womit sich die über Überlastung klagenden Kommunalpolitiker so alles befassen und was sich leicht auf die Bezirksebene herunterdelegieren ließe.
Innenstadt, Andreas Hupke (Ex-Grüner)

Andreas Hupke
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Bei der Kommunalwahl 2020 erzielten die Grünen mit knapp 45 Prozent im Bezirk ein Rekordergebnis und konnten in die BV 1 acht Mitglieder entsenden. Vor der Aufstellung der Kandidaten für die kommende Wahl hat es schwer gekracht: Die Grünen sägten ihren prominenten Bezirksbürgermeister Andreas Hupke ab. Der 75-Jährige beklagte Altersdiskriminierung und kontert nun mit einem „Aktionsbündnis“, dem „Team Hupke“. Ansonsten herrschte in der zu Ende gehenden Wahlperiode ein kollegialer Umgangston mit den Vertretern von SPD, CDU, Linken, FDP, Klimafreunden und Die Partei. Die Bezirksvertretung Innenstadt ist die einzige, in der die AfD nicht vertreten war.
Rodenkirchen, Manfred Giesen (Grüne)

Manfred Giesen
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Bei der letzten Kommunalwahl 2020 holten sich die Grünen die schwarze Hochburg und wurden stärkste Fraktion in der Bezirksvertretung. Ob es dabei bleibt, wird spannend. In der BV kooperieren sie mit SPD und Linken. Ihr Bezirksbürgermeister Manfred Giesen tritt nicht mehr an. Die BV hat es geschafft, sich auf Stadtebene etwas mehr Gehör zu verschaffen. Beim wichtigen Streitthema Gesamtschule Rondorf ignorierte der Stadtrat jedoch sogar ein einstimmiges Votum der BV, weil das grüne-schwarze Bündnis im Rat auf ein Gymnasium geeinigt hatte. Die BV neigt dazu, die Verwaltung mit zu vielen unrealistischen Anträgen zu überhäufen. Mehr Effizienz wäre möglich.
Lindenthal, Cornelia Weitekamp (Grüne)

Cornelia Weitekamp
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Der Streit um die Erweiterung des Geißbockheims im Grüngürtel hat den Grünen geholfen, auch diese angestammte Bastion der CDU bei der vergangenen Wahl zu schleifen. Mit einem riesigen Vorsprung: Fast 40 Prozent wählten grün. CDU, aber auch SPD verloren deutlich in der Wählergunst. Auch in Lindenthal wird es eine neue Bezirksbürgermeisterin oder einen neuen Bürgermeister geben. Cornelia Weitekamp steht nicht mehr für das zeitintensive Amt zur Verfügung. Auch die CDU verliert erfahrene Mitglieder: Die ehemalige Bürgermeisterin Helga Blömer-Frerker, Ex-Fraktionschefin Marliese Berthmann und die derzeitige Vorsitzende Svenja Führer kandidieren nicht mehr.
Ehrenfeld, Volker Spelthann (Grüne)

Volker Spelthann
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Eine gefühlte Ewigkeit – seit der Einführung der Bezirksvertretungen 1975 – hatte hier die SPD die Nase vorn. 2020 lagen die Grünen klar vorne, Volker Spelthann übernahm das Bürgermeisteramt. Die Fraktionen arbeiten kollegial zusammen, was vielleicht auch an den Mehrheitsverhältnissen liegt. Zusammen mit der dreiköpfigen SPD-Fraktion, der ebenfalls dreiköpfigen Fraktionsgemeinschaft von Die Linke und Die Partei sowie der Vertreterin der Klimafreunde ist die von den Grünen angeführte „linke“ Mehrheit so groß, dass es in den vergangenen Jahren nie zu größerem Streit oder langen Diskussionen kam. Für CDU (zuletzt 12,5 %) und FDP (3,5 %) bleibt Ehrenfeld ein hartes Pflaster.
Nippes, Diana Siebert (Grüne)

Diana Siebert
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In Nippes ging der Wahlgewinner auf Konfrontationskurs zu denen, die lange das Geschehen bestimmten. Um nicht mit SPD oder CDU zusammenzuarbeiten, schmiedeten die Grünen ein einzigartiges Bündnis mit Kleinstparteien. FDP und Linke gehörten genauso dazu wie die mittlerweile fusionierten Klimafreunde und „Gut“. Das kuriose Bündnis wählte Diana Siebert zur Bezirksbürgermeisterin. In den vergangenen Jahren ging es nicht selten konfrontativ zu, vor allem, wenn es um Reizthemen wie Autoverkehr und Parkplätze ging. Die Ausgebooteten aus SPD und CDU arbeiten oft zusammen. Und auch das Bündnis hielt lange gut, bis es kurz vor Schluss zum Doppel-Austritt von FDP und Linken kam.
Chorweiler, Reinhard Zöllner (CDU)

Reinhard Zöllner
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Chorweilers Bezirksbürgermeister Reinhard Zöllner, der nicht wieder antritt, wurde auch in seiner zweiten Amtszeit von einem Bündnis aus CDU (7 Sitze) und Grünen (2 Sitze) getragen. Die Bezirksvertretung im Kölner Norden ist bislang die einzige, in der die AfD zwei Sitze und damit Fraktionsstatus erlangen konnte. Als Reaktion darauf suchten CDU, SPD und Grüne bei ihren Anträgen in der Regel den Schulterschluss untereinander und mit den Einzelvertretern aus anderen Parteien, um die Reihen nach rechts hin geschlossen zu halten. Ohnehin sieht man in Chorweiler eher die Verwaltung als gemeinsamen Gegner und vertritt die Interessen des Bezirks dieser gegenüber möglichst mit einer Stimme.
Porz, Sabine Stiller (CDU)

Sabine Stiller
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Auch in Porz wird es eine neue Bürgermeisterin oder einen neuen Bürgermeister geben, der in das wohl schönste Bezirksrathaus der Stadt einziehen wird. Sabine Stiller von der CDU tritt nicht mehr an. Trotz deutlicher Stimmengewinne bei der vergangenen Kommunalwahl blieben die Grünen in Porz nur auf Platz drei der Wählergunst. Die CDU lag knapp vor der SPD. In den vergangenen Jahren hat ein schwarz-grünes Bündnis bestimmt. Gegenwind der SPD wurde fast immer zu einem lauen Lüftchen. Ausnahme: Fahrradspuren ersetzen Pkw-Spuren auf der Kölner Straße. Hier waren sich CDU und Grüne uneins. Letztere konnten sich mit der SPD pro Radspuren durchsetzen.
Kalk, Claudia Greven-Thürmer (SPD)

Claudia Greven-Thürmer
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Die Kalker Bezirksvertreter und -vertreterinnen wissen, dass sie vom Rat nur gehört werden, wenn sie mit einer Stimme sprechen. Und sie geben sich redlich Mühe, dass das gelingt. Nicht immer erfolgreich. Beim Umgang mit dem Verkehr auf der Kalker Hauptstraße etwa liegen die Position von CDU auf der einen und Grünen und SPD auf der anderen auseinander. Die drei Fraktionen haben vor fünf Jahren gemeinsam Bezirksbürgermeisterin Claudia Greven-Thürmer von der SPD gewählt. Diesen Posten strebt sie wieder an. Kalk ist der einzige Stadtbezirk, wo die SPD 2020 noch vorne lag – allerdings nur mit mageren 24,4 Prozent und einem hauchdünnen Vorsprung vor Grünen und CDU.
Mülheim, Norbert Fuchs (SPD)

Norbert Fuchs
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Wenn das ungeschriebene Gesetz gelten soll, dass die Wahlgewinner auch den Bezirksbürgermeister stellen sollten, wurde es in Mülheim gebrochen. Der langjährige Bezirksbürgermeister Norbert Fuchs (SPD) wollte trotz Wahlniederlage weitermachen. So endete hier 2020 ein langjähriges rot-grünes Bündnis, weil die SPD den Grünen nicht den Vortritt überlassen wollte. Seitdem kooperiert die SPD mit der CDU und der FDP. Unabhängig vom Ausgang der kommenden Wahl steht nun eine große Veränderung an: Norbert Fuchs, der das Amt als Repräsentant des Stadtbezirks Mülheim seit 1989 ausübt, wird nicht noch einmal kandidieren. (fra, bes, cs, dro, es, hwh, rah, rde, riku, sam)