Legendäre Jazz-BarDas Melody schließt für immer

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Stefan Katona sitzt noch einmal am Flügel im Melody.

Stefan Katona sitzt noch einmal am Flügel im Melody.

Lindenthal – Hochgestellte Stühle, Umzugskartons, Berge alter Fotos und Cocktail-Gläser, die bereits Staub ansetzen. Noch einmal lässt sich Stefan Katona an dem Flügel in seiner Bar nieder. Nachdenklich bewegt er die Finger über die Tasten. Läufe in Moll, Akkorde nur angedeutet. Dann erklingt das unvergessene „Unforgettable“ von Nat King Cole. Für den 65-jährigen Pianisten und Gastronomen Katona geht eine Ära zu Ende. Nach 29 Jahren hat er seine Jazz-Bar Melody an der Dürener Straße in Lindenthal für immer geschlossen. „Wissen Sie“, sagt er leise weiterspielend, „ich habe hier sehr gute, aber auch sehr schwere Zeiten durchlebt. Und ich freue mich darauf, noch einmal neu beginnen zu dürfen. Ohne die Verantwortung eines Geschäftsmanns und mit der Begeisterung eines Musikers.“

Katona hat nie eine Musikhochschule besucht. „Aber schon als Vierjähriger habe ich jedes Musikstück im Radio mit den Kochlöffeln meiner Mutter rhythmisch begleitet.“ Später lernte er Klavierspielen, die meiste Zeit autodidaktisch. „Ich hatte das in mir und musste meine Art zu interpretieren und zu improvisieren mehr entwickeln als erlernen“, erklärt er. Die Beatles waren ihm ein großes Vorbild. Schon mit 14 Jahren gründete er seine erste Band, machte fortan Musik. Als er Mitte 20 war, fand er zum Jazz. „Erroll Garner, Oscar Peterson und Monty Alexander, das waren meine Vorbilder. Mich faszinierte der Bar-Jazz, der so eine Cocktail-Dinner-Atmosphäre schafft. Sanft und solide und immer sehr entspannt klingt das. Und das ist auch heute noch meine Musik“, erzählt er. Für diese Art Jazz stand auch das Melody, das er 1983 eröffnete und das bald zu einer Institution wurde. „Die Leute kamen aus einem Umkreis von 70 bis 80 Kilometern zu uns. Und wenn eine der großen Messen war in Köln, dann traf sich bei uns die Welt“, schildert Katona.

Sessions mit weltbekannten Jazzmusikern

Auch die Liste der Musiker, die im Melody spontan miteinander improvisierten, kann sich sehen lassen. Der weltbekannte Ira Coleman spielte dort. Damals studierte er noch an der Musikhochschule Köln. Heute tourt der Kontrabassist zum Beispiel mit Sting um die Welt. Jeff Hamilton, Willy Ketzer, Grady Tate, Stevie Woods, der bereits verstorbene Garcia Morales und der Kölner Jazz-Musiker Peter Fessler – sie alle traten im Melody auf. Viele wurden Freunde. All die Jahre war Katona sieben Nächte die Woche im Melody, als Gastgeber und als Musiker.

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Das Melody war ein seltsam zeitloser Ort. Weil dort ein immer gleiches Dämmerlicht herrschte. Man tauchte ein und blieb. Manchmal die ganze Nacht. Dann tranken und rauchten die Gäste, die Musiker jammten.

Ab und zu schaute unerwartet eine Jazz-Größe herein. Es kam auch vor, dass sich Gäste ein Herz fassten, plötzlich die Rollen tauschten und mit in die „Jam-Session“ einstimmten, noch zaghaft zunächst, dann wie befreit durch den Applaus der anderen. Das Fortschreiten der Zeit war in solchen Nächten nur im Verklingen der Musik zu spüren. Unforgettable. Katona steht auf und sagt: „Kommen Sie. Gehen wir hinaus in die Sonne.“ Er will nun viel reisen und sich der Musik widmen. Seine Fans können ihm aber bereits am kommenden Sonntag, 28. Oktober, wieder zuhören. Dann wird Stefan Katona mit seinem Trio im Rahmen der Eröffnungsveranstaltung zur Lindenthaler Street Gallery im Ameron Hotel Regent am Melatengürtel 15 auftreten.

Das Melody bleibt geschlossen. Er habe sich sehr bemüht, einen geeigneten Nachfolger zu finden, sagt Katona, aber in der heutigen Zeit sei es schwer geworden, Musiker zu sein und gleichzeitig auch noch einen gastronomischen Betrieb finanziell stemmen zu können.

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