Nach Skandal-FreispruchKölner Opfer-Anwältin glaubt an späte Gerechtigkeit für Waseem

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Der 27-jährige Geschädigte mit Nebenklage-Anwältin Eva Kuhn im Landgericht.

Köln – Der Vorsitzende Richter Thomas Beenken hat es nicht eilig. Hatte sein Vorgänger in der ersten Instanz vorm Amtsgericht das Verfahren nach wenigen Stunden noch abrupt und gegen jede Regeln der Strafprozessordnung mit Freispruch beendet, setzte Beenken am Dienstag bereits den sechsten Verhandlungstag fest. Diesmal soll es offenbar besonders gründlich laufen. Dazu gehört auch, dass dem Geschädigten im Berufungsprozess viel Zeit gewidmet wird. Er ist der einzig verbleibende Zeuge. 

Zeuge schildert Entführung und Angriffe

In ruhigen Worten schilderte Waseem M. (27) abermals im Zeugenstand, wie ihn drei ehemalige Arbeitskollegen nach einer Hochzeitsfeier in Niehl gegen seinen Willen in ein Auto gezerrt und bis zur Keupstraße in Mülheim gefahren hätten.

Man habe auf ihn getreten und geschlagen und am Ende seien sein Smartphone und 500 Euro in bar weg gewesen. M. geht davon aus, dass er beraubt wurde. Theoretisch hätten er die Wertsachen im Gerangel aber auch verlieren können, so der Zeuge.

„Akte zu, Affe tot“ in der ersten Instanz

Es ist ein außergewöhnliches Berufungsverfahren vor dem Landgericht. Für die Angeklagten, das Opfer und die beteiligten Anwälte. Nicht aufgrund der Vorwürfe von Freiheitsberaubung, Raub und Körperverletzung, das ist Alltag im Justizgebäude.

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Sondern, weil Richter Frank Altpeter den Fall in erster Instanz mit den Worten „Akte zu, Affe tot“ erledigt hatte, ganz ohne Plädoyers und Beratung mit den Schöffen, die als Laienrichter eigentlich gleichberechtigt das Urteil hätten fällen sollen. Altpeter ist inzwischen versetzt worden, eine Disziplinarmaßnahme wurde verhängt.

Staatsanwalt will keine Einstellung des Verfahrens

Nachdem sich die Staatsanwaltschaft beim ersten Durchgang überrumpeln ließ, macht Staatsanwalt Benno Schmitz in der Berufung vor dem Landgericht deutlich, wie ernst er den Fall nimmt. Als einer der Verteidiger eine Einstellung des Verfahrens gegen eine Geldzahlung an das Opfer anregte, schob Schmitz dem einen Riegel vor. Das sei mit ihm nicht zu machen. Diesmal soll es ein Urteil geben, wie auch immer es aussehen wird. Denn ein Freispruch bleibt natürlich auch in zweiter Instanz möglich.

Das Verfahren ist gekennzeichnet davon, dass mehrere Zeugen, die den Vorfall im Oktober 2018 beobachtet haben wollen, sich plötzlich an nichts mehr erinnern. Und so kommt es letztlich im Wesentlichen auf die Glaubwürdigkeit des Geschädigten an. Und die sei gegeben, sagt Opfer-Anwältin Eva Kuhn. „Mein Mandant hat keinerlei Belastungstendenzen“, sagt Kuhn. Sie glaube an eine Verurteilung.

Der Prozess wird in einer Woche fortgesetzt, Termine gibt es bereits bis in den August hinein.

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