Nachtschicht am FlughafenAuf Drogensuche mit Kalle und dem Kölner Zoll

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Zoll Hund

Spürhund Kalle schnüffelt am Flughafen Köln-Bonn nach Rauschgift in Paketen

Köln – Der erfahrenen Zollbeamtin schwant Übles, als ihr Kollege das verdächtige Paket mit einem Messer öffnen will: „Pass auf, das wird eine Sauerei“, warnt sie ihn. Jens Ahland streift Einmalhandschuhe über. Er schneidet in die weiße Kunststofffolie, in die die Sendung eingeschlagen ist und dreht reflexhaft den Kopf zur Seite: Ein beißender, ranziger Geruch strömt heraus; die Innenseite der Folie ist mit schwarz-braunem Matsch verschmiert. Die feuchte Kaffeepaste sollte wohl die feine Nase der Drogenspürhunde irritieren, aber das Ablenkungsmanöver der Schmuggler hat – wie so oft – nicht funktioniert, der siebenjährige Labrador Kalle hat trotzdem angeschlagen. Und das nicht zum letzten Mal in dieser Nacht in der Paketabfertigung des Flughafens Köln-Bonn.

Köln: Zöllner finden immer mehr Rauschgift am Flughafen

Seit Monaten schon steigen die Rauschgiftmengen stetig, die die Beamtinnen und Beamten des Hauptzollamts Köln bei ihren Kontrollen am Flughafen aus dem Verkehr ziehen. „Wir werden inzwischen jede Nacht fündig“, sagt Sprecher Jens Ahland. Vor allem Marihuana steht bei den Schmugglern derzeit hoch im Kurs. Aber auch psychoaktive, chemische Substanzen, aus denen zum Beispiel Amphetamin-Pillen hergestellt werden, kommen ab 22 Uhr mit den großen Frachtfliegern aus Südamerika, den USA oder Afrika nach Köln – meistens, um gleich von hier aus in andere Erdteile weitertransportiert zu werden.

Die wenigen Stunden, in denen die Pakete am Flughafen umgepackt werden, nutzt der Zoll, um sie auf Drogen zu untersuchen. Der „Kölner Stadt-Anzeiger“ hat das Ermittlerteam in der Nacht zum Freitag begleitet.

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Nachdem Ahland sich durch den Kaffeematsch gearbeitet hat, stößt er zum Kern des Pakets vor: ungefähr hundert Bodypacks mit Marihuana, kleine speichel- und magensäureresistente Beutel, die Kuriere schlucken, um sie in ihrem Körper zu transportieren. Die Sendung kommt aus Spanien und soll weiter nach Schweden. Doch in Köln ist Schluss. Die weiteren Ermittlungen übernimmt die Abteilung Zollfahndung.

Zoll Drogen im Kaffee

Bodypacks mit Marihuana steckten in einer Sendung, die mit Kaffeepaste beschmiert war, um die Spürhunde abzulenken

Von mehr als 500.000 Paketen, die täglich am Flughafen umgeschlagen werden, können die Beatimmen und Beamten nur ein paar hundert pro Nacht kontrollieren. Sendungen mit seriösen Absendern oder Adressaten werden in der Regel gleich durchgewunken, übrig bleiben Pakete, die in irgendeiner Form Verdacht erregen. „Bei einem 20 Kilo schweren Teddy aus Kolumbien würde wahrscheinlich bei jedem das Bauchgefühl anschlagen“, sagt Ahland.

Zoll Röntgen

Verdächtige Pakete werden von einem Röntgengerät durchleuchtet.

Es ist kurz nach Mitternacht: Im Keller des weitläufigen Frachtbereichs halten die Zöllner ein 15 Kilo schweres Paket an, das angeblich eine Plastik-Basketballanlage für Kinder enthält. So steht es auf der bunten Originalverpackung. Der Absender wohnt in den USA, Empfänger ist ein Mann in Thüringen. Aber die Spürhunde reagieren aufgeregt, immer wieder pressen sie ihre Nasen an das Paket. Unter dem Röntgenapparat sind verdächtige Schatten zu erkennen. Als die Ermittler den Karton öffnen, finden sie außer dem Basketballkorb kiloweise Marihuana – ein Volltreffer.

Zoll Basketball

In einem Paket mit einem Basketballkorb lagen auch mehrere Tüten Marihuana.

Ungefähr 30.000 Euro kostet die Ausbildung eines Drogenspürhundes. Für die Tiere sei das Schnüffeln so „wie für uns Hochleistungssport“, erklärt Ahland. Bis zu 400 Atemzüge machen die Zollhunde Kalle und Schäferhündin Kate während ihrer Suche pro Minute, immer wieder brauchen sie Pausen. Mit Futter und Spielchen werden sie bei Laune gehalten.

Außer auf die Nasen von Kalle und Kate sowie auf ihr eigenes Gespür setzen die Fahnder seit ein paar Jahren auf „Gemini“, ein hochmodernes zehntausende Euro teures Analysegerät, das die chemische Zusammensetzung tausender verbotener Substanzen gespeichert hat. Jetzt kommt es zum Einsatz. Aus einem Paket, das aus dem Kongo nach Australien unterwegs ist, zieht eine Zöllnerin mehrere Packungen mit Kunsthaar. Auf den ersten Blick alles normal, aber die Pappetiketten fühlen sich ungewöhnlich dick an.

Zoll Kunsthaar

Kokain im Kunsthaar - in einem Paket aus dem Kongo werden die Zöllner fündig.

Ein Ermittler öffnet ein Etikett und entdeckt darin weißes Pulver. Eine Probe legt er auf das Analysegerät. Auf dem Display lädt sich ein roter Balken auf: „Scan läuft“. Nach wenigen Sekunden erscheint die Anzeige: „Kokain“. Mehr als ein halbes Kilo finden die Fahnder in der Kunsthaar-Sendung – ein Straßenverkaufswert von 40.000 Euro. Tags zuvor erschnüffelten die Hunde zwei Kilo Kokain versteckt in einem Schachbrett.

Zoll Analysegerät

Ein Analysegerät zeigt an, ob eine bestimmte Substanz verboten ist

Am frühen Freitagmorgen steht fest: Diese Nacht war eine besonders erfolgreiche. Siebenmal sind allein die Hunde fündig geworden. Das Gesamtergebnis: 31 Kilo Marihuana, sieben Kilo Haschisch, ein Kilo psychoaktiver Stoffe und 520 Gramm Kokain. Straßenverkaufswert insgesamt: ungefähr 426.000 Euro. „Das haben wir nicht jeden Abend, da waren heute tolle Treffer dabei“, bilanziert Ahland.

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Ihn wundere das nicht, sagt ein Fahnder. Der Donnerstag sei eben oft besonders ertragreich. „Die Sachen werden am Wochenanfang verschickt, damit sie pünktlich zum Wochenende beim Empfänger sind.“ In einigen Fällen warten die Konsumenten und Dealer diesmal allerdings vergeblich.

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