Neue Studie der IHK KölnWenn Roboter und Drohnen die Pakete zum Kunden bringen

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Ein Zustellroboter der Firma Hermes

Köln – Den Kurier-, Express- und Paketdiensten hat die Pandemie nicht geschadet. Was früher Kunden im Einzelhandel in der City gekauft haben, wird heute gerne im Internet erworben. Die Folgen kann man unter anderem auf den Kölner Straßen sehen. Rechnet man die Speditionsgüter hinzu, sind laut IHK Köln hier täglich rund 10.000 Fahrzeuge im Liefereinsatz. Der Berg an Paketen, der durch die Stadt gefahren wird, wachse von Jahr zu Jahr. Waren es 2019 noch 49 Millionen Sendungen, stieg die Zahl auf 54 Millionen im vergangenen Jahr. Für 2030 wird gar mit 90 Millionen Paketen gerechnet. Treiber ist auch der Online-Handel mit Lebensmitteln. Dieser stieg laut Institut für Handelsforschung von etwa zwei Milliarden Euro im Jahr 2019 um mindestens ein Drittel an. Eine Herausforderung für Umwelt, Verkehr und Logistik.

Besonders umkämpft sind die Innenstädte und die sogenannte letzte Meile zum Kunden. „Es ist für alle Betroffenen wichtig, dass die Kommunen gute Rahmenbedingungen für die Belieferung auf der letzten Meile schaffen“, sagt Ulrich S. Soénius, Geschäftsführer Standortpolitik der IHK. „Wenn um- und neu gebaut wird oder sogar komplett neue Stadtteile errichtet werden, muss dieser Aspekt von Anfang an berücksichtigt werden.“ Die IHK hat daher mit der Wirtschafts- und Verkehrsberatung KE-Consult Kurte & Esser GbR in der Studie „Laden und Liefern im Kölner IHK-Bezirk“ rund 20 Konzepte vorgestellt, mit denen Kommunen und Handel die Logistik verbessern können. Sie reichen von Lastenrädern über Paketabholstationen bis zu Paketrobotern und Lieferdrohnen. „Es gibt schon viele gute Lösungen“, sagt Klaus Esser von KE-Consult Kurte & Esser.

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Im niederländischen Utrecht werden zum Beispiel Gastronomiebetriebe entlang der Grachten per Boot beliefert. Seit 2012 gibt es auch ein Boot, das gastronomiefremde Waren verteilt und Abfall mitnimmt. Die Boote übernehmen Lieferungen auf der letzten Meile von vier Brauereien und einem Großhändler für die Gastronomie mit 65 lokalen Geschäfte. In Frankfurt werden in einem Politprojekt Waren mit der Straßenbahn mitgenommen und anschließend mit Lastenrädern zu den Kunden gebracht.

Paketroboter fahren zum Kunden

Manches Beispiel aus dem IHK-Papier klingt sehr futuristisch, wird aber bereits erprobt: Die Firma Hermes in Hamburg und das Unternehmen Metro in Düsseldorf lassen Paketroboter und Lieferdrohnen zwischen drei Paketshops und ausgewählten Testkunden verkehren. Die Roboter fahren maximal sechs Stundenkilometer schnell und nutzen Bürgersteige. Technisch ist das machbar, unklar ist aber, ob sich das wirtschaftlich lohnt. Zudem gibt es juristische Unwägbarkeiten. Auch ein Blick in die Schweiz könnte sich lohnen: Dort plant die Firma Cargo sous terrain, den Gütertransport zwischen Logistikstandorten und Städten unterirdisch in einem Tunnelsystem vollautomatisch abzuwickeln. Geplant ist ein Streckennetz von 500 Kilometern. Eine erste Teilstrecke soll ab 2031 Härkingen mit Zürich verbinden. Ende Januar 2020 hat der Schweizer Bundesrat beschlossen, die Gesetzesgrundlage dafür zu schaffen.

Sendungen kommen mit dem „Ducktrain“

Auf überirdische automatische Fahrzeuge setzt das Aachener Start-up Droid Drive. Das automatisierte Fahrzeugsystem „Ducktrain“ soll bis zu fünf Elektrofahrzeuge in einem Zug koppeln. Der Zug folgt etwa einem Fahrrad, bei Erreichen des Zielgebiets entkoppeln sich die Einheiten und steuern die Kunden an. Jede einzelne Einheit (Duck) fasst eine Europalette und transportiert bis zu 300 Kilogramm, ein ganzer Zug 1,5 Tonnen.

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Das Paketzentrum am Kölner Eifeltor

Es gibt aber auch einfache Beispiele, die auch in Köln genutzt werden. Auf der „letzten Meile“ setzen mittlerweile mehrere Anbieter auf umweltfreundliche Lastenfahrräder und Mikrodepots. So entlasten Paketshops und Paketautomaten, von denen es in Köln etwa 900 gibt, den Verkehr. Gleichzeitig existieren neue Konzepte, die auch für Köln attraktiv sind. So sind in Hamburg anbieterübergreifende Paketabholstationen an rund 20 Bahnhöfen und Haltestellen („Hamburg Box“) installiert. In Köln und anderen Orten stellt bislang noch jeder Anbieter seine eigene Station auf. Eine weitere Möglichkeit ist, leerstehende Gewerbeflächen als innenstadtnahe Depots zu nutzen.

Lastenräder sind schnell und umweltfreundlich.

Lastenräder sind schnell und umweltfreundlich.

Ausgebaut werden könnte das System durch eine Idee des Kölner Start-ups Dropfriends. Demnach sollen möglichst viele Bürger, aber auch Händler sich als Paketannahmestationen in der Nachbarschaft registrieren lassen – gegen einen Bonus. Velo-Carrier, seit 2018 in Köln, betreibt derzeit zwei Depots in Köln, von denen aus die letzte Meile für den Online-Lebensmittelhandel (Rewe-Online, Fruiton), für die Paketzustellung und für den Stückgutbereich mit 18 E-Lastenrädern übernommen wird. Die Eröffnung weiterer Depots, auch auf der rechten Rheinseite, und eine Verdoppelung der E-Lastenräder sind geplant.

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Eine Ladezone in der Innenstadt

Positiv sieht die IHK die Kölner Ladezonen. Sie würden aber noch immer häufig von Falschparkern blockiert oder seien an falschen Stellen ausgewiesen. Die IHK Köln fordert daher, die Ladezonen besser zu gestalten und ausreichend zu überwachen. „Wir brauchen eine Offenheit für neue Ideen“, sagt Soénius. Denn: „Das Wachstum wird vorerst nicht abnehmen – im Gegenteil.“

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