Für zwei Millionen EuroTiger-Gehege im Kölner Zoo erneuert – WWF lobt Umbau

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Das Tiger-Gehege im Kölner Zoo wurde erneuert - noch während der Pandemie.

  • Das Tiger-Gehege im Kölner Zoo wurde für zwei Millionen Euro aufwendig erneuert.
  • Noch streift Tiger Sergan alleine über die Anlage, Tigerkatze Hanya musste eingeschläfert werden.
  • Wir haben uns das Gehege angesehen und werfen außerdem einen Blick zurück auf die bewegte Geschichte der Tiger im Kölner Zoo.

Köln-Riehl – Das Plätschern eines neu geschaffenen Kaskaden-Wasserfalls bildete die Geräuschkulisse, als am Donnerstag im Zoo die modernisierte, von 900 auf 1050 Quadratmeter erweiterte Anlage für die Amur-Tiger eingeweiht wurde. Damit ist der Tiergarten kurz vor seinem 160. Geburtstag um eine Attraktion reicher. Zum einen dient der Umbau dazu, den höheren Ansprüchen an eine artgerechte Haltung zu genügen, zum anderem sollen die Tiere für die Besucher interessanter als bisher präsentiert werden.

Noch streunt der sieben Jahre alte Tigerkater Sergan, der während der Bauarbeiten im Zoo Schwerin untergebracht war, allein über das Gelände mit Wassergraben, Laubbäumen, nachgebildeten Felsen und langen, waagerecht auf dem Rasen liegenden Stämmen.

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Das Gehege hat einen Wasserfall bekommen

Ausweichquartier für die 14-jährige Tigerkatze Hanya war der Krefelder Tiergarten; wegen einer Krankheit musste sie in diesem Frühjahr eingeschläfert werden. Zoodirektor Theo B. Pagel ist zuversichtlich, dass Sergan bald eine neue Begleiterin bekommt.

Alles zum Thema Henriette Reker

Besucher des Kölner Zoos bekommen mehr Sicht auf die Tiger

Rund zwei Millionen Euro hat die Umsetzung des Projekts gekostet. Ein Teil des Gelds stammt von den Mitgliedern des „Teams Tiger Köln“. 2016 hatten der Kölner Zoo und die Natur- und Umweltschutzorganisation World Wide Fund for Nature (WWF) diese Gemeinschaftsinitative gestartet. Mit Hilfe der mehr als 1400 Mitglieder konnten in vier Jahren über eine halbe Million Euro für den Tigerschutz gesammelt werden. Sie kamen sowohl der Modernisierung der Kölner Zoo-Anlage als auch Schutzprojekten für die letzten knapp 600 Tiger zugute, die noch in freier Wildbahn in der Amur-Region im russisch-chinesischen Grenzgebiet leben.

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Noch ist Tigerkater Sergan alleine auf seiner Anlage.

Die neue Anlage bietet unter anderem zwei zusätzliche Absperrgehege, um zum Beispiel den Kater von den Jungtieren trennen zu können, und eine Wand für Beschäftigungstraining; die Arbeit der Tierpfleger mit den Tigern, die dort stattfindet, kann von den Besuchern gut beobachtet werden. Freie Sicht haben sie auch auf den fünf Meter hohen Kletterbaum. Über einen Treppenabgang gelangen sie auf das Niveau des Wassergrabens und können durch ein riesiges Fenster aus Panzerglas schauen. Neue Einblicke bieten auch weitere großformatige Sichtfenster. Das gilt ebenso für die Glasscheiben des Raums neben dem kürzlich eröffneten Imbiss „Tigerhütte“.

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Durch ein Fenster sehen die Zoogäste auf das gesamte Gehege und durch ein anderes in eine zwölf Quadratmeter große Höhle, die als Rückzugsort der Raubkatzen dient. Um das Heimatgebiet der Tiger besser nachzuempfinden, ist die ehemalige Schieferfassade des alten Raubtierhauses durch ein Verkleidung aus Kunstfelsen ersetzt und ergänzt worden. Nicht zu vergessen: der Bachlauf mit dem erwähnten Wasserfall.

Das sagt der WWF zum Gehege im Kölner Zoo

„Wir müssen alle an einem Strang ziehen“, sagte Pagel zur Kooperation mit dem WWF. Zoologische Gärten, die „wissenschaftlich geführt“ werden, leisteten einen „maßgeblichen Beitrag“ zum Artenschutz. Mit der neuen Anlage, die „noch mehr Nähe zu den Tieren“ biete, wolle der Zoo die Besucher für die Tiger begeistern und so für das Problem sensibilisieren, dass die Art vom Aussterben bedroht ist. „Das ist eine der besten Anlagen, die ich in den letzten zehn Jahren gesehen habe“, sagte Markus Radday, WWF-Referent für die Amur-Region. Er schilderte, was außer der Modernisierung der Anlage mit dem Geld geschehen ist, das durch die Gemeinschaftsinitiative eingeworben wurde. Unter anderem hat der WWF damit in der Amur-Region Schutzpatrouillen finanziert, die gegen die Schlingenwilderei vorgehen: Wilderer legen Schlingen aus, um Hirsche zu fangen, und bringen die Tiger um ihre Jagdbeute; dies stellt die größte Bedrohung der Raubkatzen in China dar. Außerdem kümmern sich zwei russische Teams um kranke oder verhaltensauffällige Tiere. Damit es nicht zu Konflikten mit der einheimischen Bevölkerung kommt, werden diese Tiger mit einem Laster in ein Reha-Zentrum gebracht.

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Auch Bürgermeister Ralf Heinen unterstrich die Rolle des Zoos bei der Arterhaltung durch Nachzucht. Oberbürgermeisterin Henriette Reker sagte, die Zeiten von Tiergärten als „Verwahr- und Ausstellungsanstalten“ seien längst vorbei. Der Kölner Zoo setze Maßstäbe beim Bau moderner Tierhäuser und -gehege ebenso wie beim Artenschutz. Stolz sei sie auch auf das Handwerk in Köln und der Region; mit seiner Arbeit habe es gezeigt, dass es „nicht nur Badezimmer bauen kann“. Zur Einweihung gekommen war Reker in erster Linie als Privatperson. Als solche hat sie die Patenschaft für Sergan übernommen. Pagel: „Das ist ein Zeichen dafür, wie die Bürger zum Zoo stehen.“

Tiger tötet Pflegerin im Kölner Zoo

Seit langem werden im Kölner Zoo, der 1860 gegründet wurde, Tiger gehalten und gezüchtet. Die Geschichte reicht bis in die Anfangszeit zurück. Schon im 1860 erbauten Raubtierhaus konnten die Besucher Tiger sehen. Abwechselnd wurden dort verschiedene Arten gehalten und gezüchtet, etwa Bengal-Tiger, Java-Tiger und Sumatra-Tiger. Ebenso Amur-Tiger, die auch Sibirische Tiger oder Ussuri-Tiger genannt werden. Es ist die größte Unterart des Tigers. Die Lebenserwartung liegt zwischen 15 und 20 Jahren.

32 Tiger wurden im Zoo geboren

1964 wurde die Tiger-Freianlage geschaffen, die nun komplett umgestaltet worden ist. Seit 1973 werden hier durchgehend Amur-Tiger gehalten; in dieser Zeit kamen 32 Tiere zur Welt. In der aktuellen Ausgabe des „Magazin Kölner Zoo“ schreibt Zoodirektor Theo N. Pagel, nach der Vollendung der Anlage solle „wieder in die Erhaltungszucht eingestiegen werden, um die Ersatzpopulation in Menschenhand zu stärken“. Die Nachzucht wird in Europäischen Erhaltungszuchtprogrammen koordiniert. Für jede Tierart ist ein eigener „Zuchtbuch-Koordinator“ zuständig; für den Amur-Tiger wird die Nachzucht von der Zoological Society of London gemanagt.

Tiger Altai fällt Ruth K. an

Am 25.August 2012 kam es zu einem dramatischen Ereignis im überdachten Innenbereich des Tigergeheges: Der Sibirische Tiger Altai fiel die 43-jährige Ruth K., eine erfahrene Raubtierpflegerin, an und tötete sie mit einem Biss in die Halswirbelsäule.

Tiger Kölner Zoo

Tiger Altai tötete 2012 eine Pflegerin. 

Pagel erschoss das Tier mit einem Gewehr, damit Rettungskräfte zu der Frau gelangen konnten. Fünf Monate nach dem tödlichen Angriff auf die Pflegerin eröffnete die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren gegen den Direktor, um zu prüfen, ob ihm eine fahrlässige Tötung der Pflegerin vorzuwerfen sei. Die Justizbehörde kam zu dem Schuss, die Verantwortlichen des Zoos treffe keine Schuld.

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