Wegen der Probleme mit den Kulturbauten, entzog OB Reker dem Dezernat 2017 die Zuständigkeit. Doch es vergab weiter Arbeiten. Das rügen jetzt Prüfer.
„Fachkenntnisse fehlen“Kölner Museen vergeben Arbeiten – trotz fehlender Zuständigkeit

Sinnbild für den Zustand der städtischen Museen: Der Gerüsteingang des Museums für Angewandte Kunst.
Copyright: Matthias Hendorf
Das Kulturdezernat und sechs der städtischen Museen haben in den Jahren 2021 und 2022 eigenhändig Handwerkerarbeiten vergeben, obwohl dafür seit 2018 die städtische Gebäudewirtschaft zuständig ist. Das ist das Ergebnis eines aktuellen Berichts des Rechnungsprüfungsamtes (RPA), der auf Stichproben beruht.
Und die Vergaben hatten zahlreiche Probleme: Demnach gab es kein nötiges Fachpersonal, keine Regeln, keine Bedarfsprüfung und keine Dokumentation für die Vergabe, obwohl das vorgeschrieben ist. Es geht um jährlich bis zu 420.000 Euro je Kultureinrichtung, eine Gesamtsumme nennt das RPA nicht. Das Amt prüft generell, ob die Verwaltung wirtschaftlich und rechtmäßig arbeitet.
Das Fazit der Analyse: Zwar hätten die Mitarbeitenden die Aufträge „nach bestem Wissen und Gewissen“ bearbeitet, aber es fehlten ihnen die Fachkenntnisse, um wirtschaftlich und sparsam zu handeln – doch das sind die Grundsätze der Haushaltsführung der Stadt. Es geht ja um öffentliches Geld.
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Laut RPA besteht „Handlungsbedarf“, es beanstandete die fehlenden Regeln zur Vergabe der Arbeiten und gab noch fünf Hinweise für Verbesserungen.
Die Frage, wer sich um kleinere Instandhaltungen kümmert, wird immer wichtiger, weil die Stadt aus Sparzwängen die großen Sanierungen einzelner Häuser wie des Museums für Angewandte Kunst aufgeschoben hat. Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Die Vorgeschichte
Sie liegt acht Jahre zurück. Damals legte das städtische Kulturdezernat am 27. Juni 2017 dem Kulturausschuss des Stadtrates kurzfristig den Planungsbeschluss zur Sanierung des Römisch-Germanischen Museums (RGM) vor. Die Fachpolitiker sollten darüber beraten, der Rat zwei Wochen später den Beschluss treffen. Doch die Kulturpolitiker waren sehr verärgert, denn in der Information an sie hatte die Verwaltung an keiner Stelle genannt, wie lange die Sanierung dauern sollte. Sie führte acht einzelne Schritte des Bauprojekts samt deren Dauer an. Aber erst, wenn man sie addierte, kam man auf rund sechseinhalb Jahre.

Oberbürgermeisterin Henriette Reker.
Copyright: Michael Bause
Auch im Stadtrat gab es eine harte Debatte, in deren Verlauf Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) bemerkenswert offen gesagt hatte: „Ich habe Verständnis dafür, dass Sie der Verwaltung bei Bauprojekten keinen Vertrauensvorschuss mehr geben.“ Schon zuvor hatte sie gesagt: „Die größte Herausforderung derzeit ist das Bauen – bei der Performance der Stadtverwaltung in diesem Zusammenhang darf es nicht bleiben.“
Die Folgen
Die OB entzog dem Kulturdezernat die Zuständigkeit über die Kulturbauten, der Rat stimmte dem Plan im September 2017 zu. Die Stadt begründete das mit Doppelstrukturen mit der Gebäudewirtschaft, die zu „qualitativen Einbußen“ führen und möglicherweise unwirtschaftlich sind. Die Gebäudewirtschaft übernahm die Aufgaben 2018.
Die Wichtigkeit
Weil die Prüfer in dem Bericht für die Jahre 2021 und 2022 festgestellt haben, dass einige Kultureinrichtungen „weiterhin eigenständig Bauaufgaben wahrgenommen und Handwerkerfirmen beauftragt werden“. Welche Museen das sind, sagt das RPA nicht. Es hat das Kulturdezernat und sechs Museen geprüft.
Das Problem
Erstens: Es sollten ja Doppelstrukturen abgebaut werden. Und es kommen laut RPA noch deutlich gravierendere dazu. Zweitens: Laut der Prüfer gilt seit Mai 2021 eine Anweisung, wie die einzelnen Dezernate Firmen für Arbeiten suchen sollen und die Aufträge vergeben. Und laut der Prüfung gab es in den untersuchten Jahren trotzdem keine Regeln für Vergabe und Dokumentation. Das führte dazu, dass die Mitarbeitenden die Aufträge „ungeregelt nach bestem Wissen und Gewissen“ vergaben. Es fehlte die Basis für eine Qualitätssicherung und den rechtssicheren Rahmen.
Drittens: Bevor die Stadt Aufträge vergibt, muss sie laut einer Vorgabe vorher den Bedarf feststellen – doch anhand der Dokumente konnte das RPA „keine dokumentierte Bedarfsprüfung feststellen“. Viertens: Die Vergaberegeln sehen vor, dass die Stadt öffentliche Aufträge an fachkundige Firmen vergibt und die Firmen regelmäßig wechselt. Nur: Laut RPA gab es im Untersuchungszeitraum keine Regeln, es fehlten auch Dokumente. Somit können die Prüfer „eine faire und fachkundige Firmenauswahl nicht bestätigen“.
Die Bedeutung für die bereits durchgeführten Arbeiten
Das sind viele monierte Mängel und fehlende Regeln bei der Vergabe. Was heißt das für die durchgeführten Arbeiten?
Dass laut RPA unklar ist, ob die geforderten Summen der Firmen nachvollziehbar sind, denn es fehlten wesentliche Informationen für die Leistungsbeschreibung und für die Preise.
Und: Die Prüfer haben nach eigener Aussage mit Mitarbeitenden der Häuser gesprochen – und die Erkenntnis ist ebenso bemerkenswert. Demnach bestätigten die Mitarbeitenden die „unzureichenden Rechnungsinhalte damit, dass aufgrund fehlender Fachkenntnisse allgemeine Leistungsbeschreibungen und Pauschalisierungen genutzt wurden, um so die weitere Leistungskontrolle, eventuelle Aufmaße, Lohnstundenüberwachung und Abnahmen weitestgehend unnötig zu machen.“
Im Klartext: Sie haben Pauschalen angesetzt, um ihr fehlendes Fachwissen zu kompensieren und Bauabnahmen zu vermeiden. Es ist auch nicht dokumentiert, „nach welchen Kriterien die Qualität und Quantität“ sie die erledigten Arbeiten überprüft haben.
Und sonst?
Ja. Als der Rat 2017 die Verantwortung für den Kulturbau an die Gebäudewirtschaft beschloss, hieß es im Beschluss: „Hinsichtlich der Bauunterhaltung soll darüber hinaus eine pragmatische Lösung gefunden werden, mit der das etablierte und bewährte Zusammenspiel zwischen Institutsleitungen und maßnahmeführenden Handwerkern, Meistern, Technikern und Ingenieuren erhalten bleibt.“
Fehlende Entlastung durch das Kulturamt?
Entlastet das nicht das Kulturdezernat und die Museen? Eine pragmatische Lösung könnte doch bedeuten, dass die Kultureinrichtungen die Arbeiten weiter selbst vergeben.
So könnte es verstanden werden. Die Stadt lässt die Frage aber unbeantwortet, was diese Passage bedeutet.
Gibt es Äußerungen der Stadt zum RPA-Bericht?
Ja. Sie teilt mit: „Aus Dringlichkeitsgründen wurden kleinere Baumaßnahmen in den Museen selbst vorbereitet, ausgeschrieben und vergeben. Dies stellte eine Ausnahme dar. Die Museen wurden seitens des Kulturdezernates angehalten, die Mitarbeitenden in den Bereichen der Vergaben weiter zu schulen.“ Laut des Berichts fand im Januar 2024 ein Abschlussgespräch statt.
Was bedeutet das konkret?
Haben die Museen und das Kulturdezernat damit aufgehört, Arbeiten zu vergeben, obwohl sie schon lange nicht mehr zuständig sind?
Das lässt die Stadt auf Nachfrage zumindest etwas offen: „Die Zuständigkeit liegt bei der Gebäudewirtschaft. Die Schulungen verankern aber ein weitergehendes Verständnis der Museen für die Anforderungen an die Maßnahmen, die die Museen bei der Auftragsvergabe formulieren müssen.“