Das Rechnungsprüfungsamt soll das Projekt in der Kölner Innenstadt untersuchen und klären, ob eine Rückabwicklung möglich wäre.
300-Millionen-Euro-MietvertragReker soll Vorgänge um ehemalige Kaufhof-Zentrale rechtlich prüfen lassen

Die ehemalige Kaufhof-Zentrale an der Leonhard-Tietz-Straße in der Kölner Innenstadt
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Die Ratsfraktionen von Grünen, SPD, Linke und Volt haben nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ Oberbürgermeisterin Henriette Reker schriftlich gebeten, sich in die Angelegenheit rund um die Anmietung der ehemaligen Kaufhof-Zentrale in der Innenstadt einzuschalten. Reker soll demnach das Rechnungsprüfungsamt beauftragen, den gesamten Vorgang auf seine Rechtmäßigkeit und Grundsätzlichkeit zu prüfen. Die Stadt zahlt bis zum Jahr 2050 insgesamt 300 Millionen Euro an Miete und verfügt im Anschluss nicht über eine Kaufoption. Unterzeichnet haben Grünen-Fraktionschefin Christiane Martin, SPD-Fraktionschef Christian Joisten, Linke-Fraktionssprecherin Güldane Tokyürek und Volt-Fraktionschefin Jennifer Glashagen. Die CDU und die FDP beteiligten sich nicht an dem Vorstoß.
Ergebnisse sollen dem Kölner Stadtrat am 4. September vorliegen
Die Ergebnisse der Untersuchungen erwarten die Politiker kurzfristig, noch vor der Oberbürgermeister- und Kommunalwahl am 14. September. Zwischenberichte sollen die Rechnungsprüfer demnach bereits am 11. August in der Sitzung des Hauptausschusses und am 2. September in der Sitzung des Rechnungsprüfungsausschusses vorlegen. Spätestens zur Ratssitzung am 4. September soll der vollständige Bericht mit einer Empfehlung zur Beschlussfassung existieren.
Baudezernent Markus Greitemann, der aktuell auch Oberbürgermeisterkandidat der CDU ist, hatte in seiner Funktion als Erster Betriebsleiter der städtischen Gebäudewirtschaft versucht, von der Politik im Stadtrat die Freigabe von 50 Millionen Euro zu bekommen, um die gemietete Immobilie für die Belange der Stadt umzubauen. Dabei stellte sich heraus, dass die Stadt mit der Vermieterin Swiss Life offenbar einen Mietvertrag abgeschlossen hatte, ohne vorher zu klären, welche Ämter und Dienststellen dort konkret einziehen sollen und welche genauen Anforderungen sie stellen. Andererseits sieht der Mietvertrag wohl vor, dass Swiss Life sämtliche Umbauten selbst plant und umsetzt und der Stadt dafür Kostenprognosen zukommen lässt, die diese prüfen kann. So handelt es sich auch bei den 50 Millionen Euro um eine Schätzung der Vermieterin.
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Die vier Fraktionen machen dem Vernehmen nach geltend, dass trotz mehrfacher Befragung der Stadtverwaltung und einer Einsicht in die Akten wesentliche Aspekte ungeklärt seien. Die Vorgänge seien für ehrenamtliche Politiker nicht nachvollziehbar. Darüber hinaus sei es den Ratsfraktionen nicht möglich, externe Experten hinzuziehen, da es sich bei einem Mietvertrag um eine nichtöffentliche Angelegenheit handelt. Das Rechnungsprüfungsamt wiederum kann problemlos alle verwaltungsinternen Vorgänge prüfen und habe sich in der Vergangenheit als neutral erwiesen.
Kölner Standesamt soll für 15 Millionen Euro in eine Villa ziehen
Wie zu erfahren war, wollen die Politiker vor allem eine Aufklärung darüber haben, ob die Gebäudewirtschaft tatsächlich einen Mietvertrag für die Immobilie abgeschlossen hat, ohne vorher zu klären, welche Dienststellen mit welcher Mitarbeiterzahl einziehen sollen. Dabei handelt es sich aus ihrer Sicht um eine zentrale Frage, da die Gebäudewirtschaft das Nutzungskonzept später noch einmal stark veränderte. So gab man zum Beispiel den Plan auf, ein Interim für die Innenstadt-Feuerwache auf dem Areal zu bauen und beschloss, dass nun das Standesamt in eine Villa auf dem Gelände einziehen soll, was alleine schon 15 Millionen Euro kosten würde.
Die Umplanungen führten wiederum dazu, dass die Stadt den mit der Vermieterin verabredeten Einzugstermin am 1. Januar 2024 verstreichen ließ und aufgrund des nicht abgeschlossenen Umbaus auch jetzt noch immer nicht eingezogen ist. Das soll zu Mietausfällen in Millionenhöhe geführt haben, die Swiss Life inzwischen geltend macht. Das Rechnungsprüfungsamt soll das ebenso klären wie den Umstand, dass die Gebäudewirtschaft zwei Nachträge zum Mietvertrag unterzeichnete, ohne den Stadtrat einzubeziehen, obwohl gleichzeitig bereits die politische Debatte über das Ausbaubudget und die dazugehörige Ratsvorlage lief.
Fachabteilung der Gebäudewirtschaft lehnte Verantwortung für Zahlen ab
Untersucht werden soll auch, warum die zuständige Abteilung der städtischen Gebäudewirtschaft gegenüber der eigenen Betriebsleitung die Verantwortung für die in der Ratsvorlage genannten Zahlen und Schätzungen abgelehnt hatte, weil diese nicht belastbar und nicht valide seien. Es kam demnach zu einer „Remonstration“, also einer Einwendung, die eine verbeamtete Person gegen eine Weisung erhebt, die sie von einer ihr vorgesetzten Person erhalten hat. So lassen sich Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit dienstlicher Anordnungen geltend machen.
Die Rechnungsprüfer sollen dem Vernehmen nach Ross und Reiter nennen. So sollen sie die Entscheidungswege und die Entscheidungsträger transparent benennen und prüfen, ob diese im rechtlich zulässigen Rahmen gehandelt haben oder nicht. Außerdem soll untersucht werden, ob eine Rückabwicklung des Mietvertrags rechtlich möglich wäre und was das finanziell für die Stadt Köln bedeuten würde. Damit die Prüfer ihre Aufgaben erfüllen können, soll Oberbürgermeisterin Reker dafür sorgen, dass das Rechnungsprüfungsamt sämtliche Unterlagen zur Anmietung der ehemaligen Kaufhof-Zentrale in digitaler Form erhält.
Das Baudezernat hatte auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ mitgeteilt, dass sich die Remonstration so erklären lasse, dass Fachabteilung und Betriebsleitung einen unterschiedlichen Kenntnisstand hatten. Die von der Betriebsleitung unmittelbar bei dem Vermieter angefragten Baukosten habe die Fachabteilung in der Kürze der Zeit nicht verifizieren können. In Bezug auf die beiden Nachträge zum Mietvertrag teilte das Baudezernat mit, dass die sich daraus ergebenden finanziellen Verpflichtungen durch das im Mietvertrag enthaltene Ausbaubudget und den Ratsbeschluss vom 3. Februar 2022 gedeckt seien. Daher sei eine weitere Einbindung der politischen Gremien nicht notwendig gewesen.