Öffnungen im Kölner Einzelhandel„Die Euphorie wird so nicht bleiben“

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Die Kölner Schildergasse ist eine beliebte Einkaufsmeile.

Köln – Die Schildergasse ist auch am Dienstag, einem normalen Arbeitstag, voll. Zwar bilden sich keine Schlangen mehr vor den Geschäften wie noch am langen Wochenende, doch überall herrscht Betrieb und auf den Terrassen der Cafés sitzen viele Menschen. Seit Montag dürfen mehr Kunden in die Läden, da der Inzidenzwert stabil unter 50 liegt. Der erste Andrang ist vorbei, aber die meisten Geschäftsleute in der Innenstadt sind zufrieden.

Die Verkäuferin im Geschenke- und Modeladen „Kauf dich glücklich“ auf der Ehrenstraße sagt: „Die Leute haben Lust, zu kaufen und zu bummeln. Das Feedback ist toll. Die Frequenz ist gut, um 17 Uhr beginnt hier die Rushhour.“ In das kleine Geschäft dürfen ohnehin nur drei Kundinnen und Kunden hinein, voll kann es also nicht werden. Das Einzige, was ihr Sorgen macht: „Viele Leute laufen auf der Straße ohne Maske herum. Hoffentlich kommt da nicht noch einmal etwas auf uns zu.“

Online-Handel wird bleiben

Christian Ohm, der um die Ecke in der Alten Wallgasse vor kurzem seinen Laden „Sneakers Unplugged“ für nachhaltige Sneakers eröffnet hat, begrüßt einen Kunden nach dem anderen. „Die Leute wollen in die Stadt, die wollen Dinge anprobieren. Und das ist natürlich gerade bei Schuhen ganz wichtig.“ Allerdings: „Etwas von der Krise wird hängenbleiben. Die Kunden haben sich jetzt daran gewöhnt, viel online einzukaufen. Und das wird bleiben“, sagt Ohm, der sein Sortiment ursprünglich nur im Internet vertrieben hat. „Wir fahren glücklicherweise ohnehin zweigleisig. Aber viele Läden sind immer noch nicht online.“

Gemischte Bilanz bei Butlers

Bei der Kölner Handelskette Butlers fällt die erste Bilanz gemischt aus. Die Kunden würden jetzt gezielter einkaufen – möglicherweise als „Lerneffekt“ aus dem Terminshopping – und deshalb sei am Ende auch meistens ein durchschnittlich höherer Betrag auf dem Kassenzettel als vor der Krise. Jedoch sei die Kundenfrequenz noch deutlich unter dem Niveau von 2019, so Sprecherin Bianca Kaufmann. Butlers habe während der Lockdowns von einem sehr starken Online-Geschäft profitiert, doch dürfte dieses nun auch wieder etwas nachlassen.

Jörg Hamel, Geschäftsführer des Handelsverbandes Aachen-Düren-Köln, hat von den Mitgliedern positive Rückmeldungen über die ersten Tage der Öffnung ohne Test und Termin. „Die Spontanität ist zurück, die Nachfrage ist groß. Einige Inhaber haben berichtet, sie seien regelrecht überrannt worden.“ Jetzt seien ja auch wieder Partys und Familienfeiern möglich, für die man sich ausstatten möchte. „Die Anlässe sind wieder da.“ Dieser Nachholbedarf nach der langen Schließung werde sicher noch einige Zeit anhalten.

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„Aber das wird nicht so bleiben. Der Konsum wird sich langfristig verändern.“ Unter anderem durch den erstarkten Online-Handel und die neuen Einkaufsgewohnheiten. 

Nach einer gewissen Aufbruchphase trete für die Einzelhändler dann auch wieder der Alltag ein. Staatliche Unterstützung fällt weg und der Unternehmer muss den ganze Kostenapparat wieder alleine tragen und die Mitarbeiter aus der Kurzarbeit zurückholen – vielleicht, nachdem er schon seine eigene Alterssicherung geopfert hat. Bis man hier erste konkrete Auswirkungen wie etwa Geschäftsaufgaben sehen kann, sei es aber ein längerer Prozess, so Hamel.

Eines stehe allerdings fest: Geschäfte und Lagen, die schon vor der Pandemie nicht gut funktioniert haben, würden von der jetzigen Aufbruchstimmung nicht profitieren.

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