Jugendwohnen in Köln-Porz„Frust oder Ängste rausboxen“ – Ex-Profi Torsten May trainiert junge Frauen

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Torsten May und Eda beim gemeinsames Box-Training im Keller von Jugendwohnen St. Ursula an der Bonner Straße in Porz.

Torsten May und Eda beim gemeinsames Box-Training im Keller von Jugendwohnen St. Ursula an der Bonner Straße in Porz.

Im Jugendwohnen St. Ursula in Porz leben 35 junge Frauen. Jenseits der pädagogischen Betreuung gibt es dort nun auch Sport mit einem echten Olympiasieger.

Eda lässt die Fäuste fliegen. Zuerst bearbeitet die 20-Jährige den Sandsack. Danach ist Pratzen-Training angesagt. „Den ganzen Stress, den ich um mich habe, den vergesse ich beim Training“, sagt sie. Dabei hilft ihr Torsten May. Der ehemalige Profiboxer und Olympiasieger von 1992 ist seit knapp acht Jahren Botschafter der Katholischen Jugendagentur (KJA) Köln. Die ist ein gemeinnütziger und anerkannter Träger der freien Jugendhilfe und zeigt jungen Menschen Lebensperspektiven auf und hilft dabei, dass sie ein selbstständiges Leben führen können. Unter anderem auch in stationären Jugendhilfeeinrichtungen.

Junge Frauen werden über das Jugendamt nach Porz vermittelt

Zu der zählt das Jugendwohnen St. Ursula an der Bonner Straße in Porz. Hier leben 35 junge Frauen im Alter von 15 bis 27 Jahren in eigenen Apartments. Meist leben die Frauen zwischen ein und fünf Jahren hier vor Ort. Betreut werden sie von sechs pädagogischen, ausschließlich weiblichen Fachkräften, sagt Henrike Boy. Sie ist seit knapp einem Jahr Leiterin der Einrichtung. Die Frauen, die hier leben, kämen aus unterschiedlichen Umständen, sagt Boy. Vermittelt werden sie über das Jugendamt. Das ist für Menschen bis zum 27. Lebensjahr zuständig.

Zusätzlich zur pädagogischen Betreuung gibt es ergänzend nun auch ein Box-Training mit Torsten May.„Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Sport einem Halt gibt“, sagt May. Das Boxen eigne sich sehr gut, den Stress von der Seele zu trainieren. „Da darf man dann auch mal auf den Sandsack ,draufkloppen’, den Frust oder die Ängste rausboxen.“ Geboxt werde allerdings nur auf Sandsack und Co. Richtige Boxkämpfe finden nicht statt.

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Sport ist gut für das Selbstvertrauen

Das Training sei das wichtige Merkmal, sagt May. Sport generell sei gut für das Selbstvertrauen. „Das kann den Frauen bei ihrem weiteren Lebensweg helfen“, ist May überzeugt. Alle zwei Wochen findet das Training mit dem ehemaligen Olympiasieger statt. Bis zu acht Frauen nehmen das Angebot derzeit wahr. Den Boxraum selbst können die Frauen jederzeit nutzen – auch für Kraftübungen oder um die Ausdauer zu trainieren.

„Zu unserem Alltag gehört auch, eine gesunde Lebensweise zu vermitteln“, sagt Einrichtungsleiterin Boy. Dazu zählt neben Ernährung auch der Sport. Das Training fördere die Fähigkeit zur Selbstbehauptung und selbstbewusstes Auftreten und vermittelt Kompetenz, Grenzen zu setzen.

Das ist meine Art, um runterzukommen
Eda, Bewohnerin des Jugendwohnens St. Ursula

Der Boxraum befindet sich im Keller der Einrichtung und war früher mehr Rumpelkammer als Trainingsraum. Ein alter Billardtisch hätte hier viel Platz in Beschlag genommen. Dank einer Spende in Höhe von 1000 Euro der Porzer Stiftung Wunschpunkte für Kinder und Eigenmitteln konnte der Raum für seine jetzige Nutzung umgestaltet werden. Der Raum habe eine regelrechte Verwandlung durchlebt, sagt Torsten May. Sein Engagement kommt im Haus gut an. „Ich spüre eine große Dankbarkeit, wenn ich mit den Frauen trainiere.“

Das kann Eda nur bestätigen. Das Boxen ist für sie eine Art Selbsttherapie. „Ich kann alles rauslassen. Das ist meine Art, um runterzukommen.“ Ballett oder anderer „Girlie-Kram“ sei nie so ihr Ding gewesen. 

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