Spurensuche in KölnAls die Kölner am Langeler Rheinufer planschten

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150.000 Goldmark kostete das fast 200 Meter lange Gebäude des Strandbads.

150.000 Goldmark kostete das fast 200 Meter lange Gebäude des Strandbads.

Porz – Im naturbelassenen Gestrüpp am Langeler Rheinufer, vis-à-vis von Godorf, versteckt sich ein moosbewachsenes Stück Mauer. „Das könnte einmal zum Fundament des Strandbads gehört haben“, sagt Gerd Matthiae von der Interessengemeinschaft Wasser, Umwelt und Jugend Porz-Langel.

1911 war am südlichen Strand von Langel nämlich ein mondänes Familienbad eröffnet worden. Männer und Frauen konnten hier sogar gemeinsam ins Rheinwasser gleiten, was im katholischen Köln damals noch als überaus frivol angesehen wurde.

Die Kölner konnten in ihren Badeanstalten nur dann einen Blick auf das andere Geschlecht erhaschen, wenn sie in die „Britz“, die Holzwand, die den Bereich der Männer von dem der Frauen trennte, ein Loch gebohrt hatten.

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150.000 Goldmark hatte ein Konsortium rheinischer Geschäftsleute damals aufgebracht, um das fast 200 Meter lange Gebäude des Strandbads errichten zu lassen. Es sollte eines der damals größten binnenländischen Strandbäder Europas werden.

„Zu den Investoren, die sich vom Strandbad einen schönen Gewinn erhofften, hat auch Emil Marquet, Pfarrer an der 1890 geweihten Pfarrkirche St. Clemens in Langel, gehört“, sagt Matthiae. Mehr als 6000 Besucher waren gekommen, als die Badeanstalt eröffnet wurde. Die meisten seien wohl mit der linksrheinisch verkehrenden Rheinuferbahn bis Sürth gefahren und hätten dann mit der Fähre übergesetzt. „Später fuhren auch Schiffe von Porz nach Langel“, sagt Matthiae. 30 Pfennig habe das damals gekostet.

Wie das Badevergnügen ein Ende fand

Die glorreiche Zeit des Strandbads Langel, an dem sich vor allem Kölner Bürger erfreuten, dauerte aber nicht lange an. Denn schon drei Jahre nach seiner Eröffnung wurde das Strandbad 1914 unter bis heute nicht geklärten Umständen durch einen Brand zerstört.

„Brandstiftung kann nicht ausgeschlossen werden“, sagt Matthiae. Denn vielen Kölnern sei das in ihren Augen frivole Treiben am Langeler Lido ein Dorn im Auge gewesen. Täglich bis zu 3000 Badegäste beiderlei Geschlechts hätten sich im Sommer dort ungeniert vergnügt. „Da könnte schon einer auf krumme Gedanken gekommen sein und den Wunsch gehabt haben, das lockere Treiben ein für alle mal zu beenden.“

Blick vom früheren Strandbad zum Rhein, gegenüber die Türme der Raffinerie von Godorf.

Blick vom früheren Strandbad zum Rhein, gegenüber die Türme der Raffinerie von Godorf.

Zum Strandbad gehörte noch ein Restaurant mit Freitreppe zum Rhein und eine Liegewiese. Sonntags spielten im Restaurant sogar die Deutzer Kürassiere zum Tanz auf.

1914 war natürlich ein schlechter Zeitpunkt, um das Strandbad gleich wieder aufzubauen. Das Deutsche Kaiserreich glitt in den Ersten Weltkrieg und hatte wahrlich andere Sorgen. So dauerte es bis 1931, bevor ein Kölner Geschäftsmann dem Bauunternehmer Heinrich Klein aus Langel den Auftrag erteilte, das Strandbad wieder aufzubauen.

Allerdings ging dem Geschäftsmann bald das Geld aus, und Klein machte auf eigene Rechnung weiter. Er konnte das Strandbad aber längst nicht mehr so mondän bauen, wie es ursprünglich einmal gewesen war. Seine Mittel reichten gerade einmal für ein gemauertes Fundament, auf dem er eine Holzbaracke errichtete, die als Gaststätte und der Familie Klein als Wohnung diente.

Direkt am Strand hatte Klein damals aber auch einen Kaffee-Garten angelegt, und für Badegäste stellte er Umkleideräume bereit. Das Vergnügen, am Langeler Strandbad im Wasser zu planschen, machte dann der Rhein selbst schon 1941 zunichte. Er hatte nämlich am Langeler Bogen eine große Sandbank angespült. „Das Rheinufer lag jetzt fast 100 Meter weit vom Strandbad entfernt, nur bei Hochwasser konnte man noch direkt ins Wasser hüpfen“, sagt Matthiae.

Ein „Strandbad“ genanntes Ausflugslokal gab es aber weiterhin. 1951 hatte es Marie Hollstein übernommen und „Strandbads Marie“ genannt. Marie und Gustav Hollstein eröffneten dort außerdem noch einen Campingplatz. Als sie sich zur Ruhe setzten, wurde die Gaststätte, ein nach wie vor beliebtes Ausflugsziel, geschlossen.

Der Landschaftsplan von 1991 sah vor, das gesamte Gelände nach Ablauf der Nutzungsgestattungen in den Zustand des umliegenden naturbelassenen Auenwaldgeländes zurückzuführen. Dagegen protestierten aber die Langeler Bürger, und die Stadt schloss sich ihrem Protest an. 2006 gab die Bezirksregierung dem Widerspruch statt, das Ausflugslokal „Strandbads Marie“ konnte wieder eröffnet werden.

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