Woelki, Schwaderlapp, Puff und andereDie handelnden Personen im Erzbistum Köln

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Kardinal Rainer Maria Woelki steht seit Monaten in der Kritik.

Köln – Heute ab 10 Uhr wird in Köln das vom Erzbistum Köln beauftragte Missbrauchsgutachten des Rechtsanwalts Björn Gercke vorgestellt (wir berichten im Liveticker). Gerckes Auftrag war zu prüfen, wie die Kölner Bistumsleitung seit 1975 mit Missbrauchsfällen verfuhr.

Aus bereits vorliegenden Sondergutachten und Presseberichten zu einzelnen Missbrauchstätern sowie Interview-Aussagen Gerckes ergibt sich, dass etliche verantwortliche des Kölner Erzbistums im Gutachten belastet werden – inwieweit ist noch offen.

Eine Übersicht über lebende Amtsträger des Erzbistums Köln (aktiv und ehemalig):

Kardinal Rainer Woelki

Kardinal Rainer Woelki, geb. 1956, ist seit September 2014 Erzbischof von Köln. Er wurde in Köln-Mülheim geboren und 1985 von Kardinal Joseph Höffner zum Priester geweiht. Nach Einsätzen in der Seelsorge macht Kardinal Joachim Meisner ihn 1990 zu seinem Geheimsekretär. 1997 wurde Woelki Direktor des Collegium Albertinum in Bonn, dem Ausbildungshaus des Erzbistums für die Priesteranwärter in der Zeit ihres Studiums. 2003 wurde Woelki Weihbischof in Köln mit Zuständigkeit für den Pastoralbezirk Ost (bis 2005) und Nord (ab 2006).

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Gerüchten zufolge war Woelki über Jahre Wunschkandidat Meisners für seine Nachfolge. 2011 wurde Woelki zum Erzbischof von Berlin gewählt und trat dieses Amt im August an. 2012 erhob Papst Benedikt XVI. ihn in den Kardinalsstand. 2014 wählte das Kölner Domkapitel Woelki zum Erzbischof von Köln.

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Im Fall des mit ihm befreundeten Düsseldorfer Pfarrers O. (gestorben 2017) führte Woelki im Jahr 2015 zu einem ihm seit 2011 bekannten Missbrauchsvorwurf keine kirchliche Voruntersuchung durch und meldete den Fall auch nicht nach Rom. Er macht geltend, eine schwere Erkrankung des Geistlichen habe eine Befragung unmöglich gemacht. Führende Kirchenrechtler halten diese Begründung für nicht stichhaltig. Die Bitte Woelkis an den Papst um Überprüfung des Falls wurde von Rom bisher nicht offiziell beantwortet.

Erzbischof Stefan Heße

Stefan Heße, geb. 1966, stammt aus Köln-Junkersdorf. Er wurde 1993 von Kardinal Meisner zum Priester geweiht. Danach war er vier Jahre als Kaplan tätig. 1997 war er in der Priesterausbildung im Collegium Albertinum in Bonn tätig, das damals vom späteren Kardinal Woelki geleitet wurde. Ab 2005 arbeitete Heße in der Kölner Bistumsverwaltung. Von 2006 bis 2012 leitete er als stellvertretender Generalvikar die Hauptabteilung Seelsorge-Personal. 2012 übernahm er das Amt des Generalvikars, das er auch nach dem Amtsantritt von Kardinal Woelki behielt, bis er 2015 zum Erzbischof von Hamburg gewählt wurde. In der Zeit nach dem altersbedingten Rücktritt Kardinal Meisners 2014 leitete Heße als Diözesanadministrator kommissarisch das Erzbistum.

Heße sieht sich seit September Vorwürfen ausgesetzt, als Personalchef nicht adäquat mit Missbrauchsfällen umgegangen zu sein. Er bestreitet persönliches Fehlverhalten und hat die Bischofskongregation in Rom um Überprüfung gebeten.

Weihbischof Dominikus Schwaderlapp

Dominikus Schwaderlapp, geb. 1967, wurde 1993 zum Priester geweiht. Er folgte Woelki im Amt des bischöflichen Geheimsekretärs. 2004 wurde er Nachfolger von Norbert Feldhoff als Generalvikar. Papst Benedikt XVI. ernannte Schwaderlapp 2012, kurz vor dem Ende von Meisners Amtszeit, zum Weihbischof in Köln. Er ist zuständig für den Pastoralbezirk Nord. Schwaderlapp steht dem Opus Dei nahe.

2010 zeichnete er für eine Informationsbroschüre des Erzbistums zum Missbrauchsskandal verantwortlich. Darin ist von nur fünf beschuldigten Priestern die Rede. Berichte über Missbrauchsfälle, die unter anderem in die Zeit Schwaderlapps als Generalvikar fallen, haben schwer wiegende Fragen nach seiner Verantwortung aufgeworfen. Schwaderlapp hat bisher zu alledem geschwiegen.

Weihbischof Ansgar Puff

Ansgar Puff, geb. 1956 in Mönchengladbach, machte sein Abitur am Aloisiuskolleg der Jesuiten in Bonn. 1987 wurde er zum Priester geweiht. Er war Kaplan in den Köln-Höhenberg und –Vingst sowie leitender Pfarrer in Düsseldorf. Dort amtierte er von 2004 bis 2012 als stellvertretender Stadtdechant. 2012 machte Kardinal Meisner ihn zum Personalchef. 2013 ernannte Papst Franziskus zum Weihbischof, kurz vor dem Ende von Kardinal Meisners Amtszeit. Puff ist für den Pastoralbezirk Süd sowie für die Caritas zuständig. Er gehört der geistlichen Gemeinschaft „Neokatechumenaler Weg“ an.

In einem 2020 bekannt gewordenen Missbrauchsfall soll Puff als Personalchef die Seelsorger der Gemeinden, in denen der Täter eingesetzt war, sowie die Gemeinden selbst über die Hintergründe einer Versetzung im Unklaren gelassen haben.

Im Januar 2021, mitten in den Diskussionen über die Aufarbeitung des Missbrauchsskandals im Erzbistum, löste Puff Proteste aus mit einem Joseph Goebbels zugeschriebenen Zitat über die Wirkungskraft fortwährend wiederholter Lügen, das er auf die Berichterstattung über Bischöfe anwandte. Puff entschuldigte sich und versicherte, er habe die Arbeit der Medien nicht diskreditieren wollen.

Dompropst a.D. Norbert Feldhoff

Norbert Feldhoff, geb. 1939 in Düsseldorf, wurde 1965 durch Kardinal Josef Frings zum Priester geweiht. Bereits nach vierjähriger Kaplanszeit machte ihn der neue Erzbischof Joseph Höffner zu seinem Geheimsekretär und weitere vier Jahre später zum Generalvikar. Als Verwaltungschef des Erzbistums blieb Feldhoff auch unter Kardinal Meisner im Amt. 2004 wurde Feldhoff zum Dompropst gewählt. 2015 trat er in den Ruhestand. Feldhoff hatte viele Jahre die Vizepräsidentschaft des Deutschen Caritasverbands sowie eine Fülle weiterer Ehrenämter inne. In seine Zeit als Dompropst fallen unter anderem die Entscheidung für die Gestaltung des großen Südquerhausfensters im Kölner Dom durch den Maler Gerhard Richter sowie die Abschaltung der Dombeleuchtung im Januar 2015 als Zeichen des Protests gegen eine Demonstration des Kölner Ablegers der Pegida-Bewegung.

Ein Sondergutachten der Münchner Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl zum Fall des Kölner Priesters und Sexualstraftäters Nikolaus A. bewertet das Agieren der Bistumsleitung unter Meisner und Feldhoff kritisch. Kardinal Woelki sprach 2020 in einer Stellungnahme von einer jahrzehntelangen Aneinanderreihung schwerer Fehler. Auch aus Berichten über weitere Missbrauchstäter geht hervor, dass Feldhoff in seiner Leitungsverantwortung pflichtwidrig gehandelt oder einen pflichtwidrigen Umgang mit Missbrauchsfällen hingenommen haben könnte. Feldhoff hat bisher öffentlich zu allen Fragen, die seinen Umgang mit Fällen sexuellen Missbrauchs betreffen, geschwiegen.

Offizial Günter Assenmacher

Assenmacher, geb. 1952 in Sieglar (Rhein-Sieg-Kreis) wurde 1977 von Kardinal Höffner zum Priester geweiht. Der in Rom promovierte Kirchenrechtler leitete ab 1990 die Stabsabteilung Kirchenrecht im Kölner Generalvikariat. 1995 ernannte Kardinal Meisner ihn zum Offizial, dem Leiter des Kirchengerichts im Erzbistum Köln.

In dieser Funktion ist Assenmacher seitdem für die Bearbeitung von Missbrauchsfällen zuständig. Berichte über den Umgang mit Missbrauchsfällen haben Zweifel an einer rechtskonformen Bearbeitung geweckt.

Verstorbene Kardinäle

Joachim Meisner (1933-2017)

Joachim Meisner war 25 Jahre Erzbischof von Köln. Der gebürtige Breslauer kam im Zuge der Vertreibung am Ende des Zweiten Weltkriegs mit seiner Familie nach Thüringen. 1962 wurde er zum Priester geweiht. 1975 wurde Meisner Weihbischof in Erfurt. 1980 ernannte Papst Johannes Paul II. ihn zum Bischof des geteilten Bistums Berlin und erhob ihn 1983 zum Kardinal. 1988 setzte ihn der Papst, den Meisner als seinen Freund bezeichnete und zu dem Meisner über Jahrzehnte einen direkten Zugang hatte, gegen den Willen des Kölner Domkapitels als Nachfolger Kardinal Höffners in Köln durch. Meisners Amtsantritt im Februar 1989 war von Protesten begleitet. Zu den Höhepunkten seiner Amtszeit gehört der Weltjugendtag 2005, an dem auch der kurz zuvor gewählte Papst Benedikt XVI. teilnahm. Mit Vollendung der 25-jährigen Amtszeit trat Meisner 2014 in den Ruhestand. Er starb am 5. Juli 2017.

Ein Sondergutachten der Münchner Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl (WSW) zum Fall des Kölner Priesters und Sexualstraftäters Nikolaus A. bewertet das Agieren der Bistumsleitung unter Meisner und Feldhoff kritisch. Kardinal Woelki sprach 2020 in einer Stellungnahme von einer jahrzehntelangen Aneinanderreihung schwerer Fehler. Auch Berichte über weitere Missbrauchstäter legen den Verdacht eines pflichtwidrigen Umgangs mit Missbrauchsfällen nahe. Entgegen einer Fülle bereits öffentlich gewordener Missbrauchsfälle behauptete Meisner noch 2015, er habe vom Ausmaß der Geschehnisse „nichts geahnt“ und dies „nicht für möglich gehalten“.

Kardinal Joseph Höffner (1906-1987)

Joseph Höffner war von 1969 bis 1987 Erzbischof von Köln. Höffner stammte aus dem Westerwald. Er studierte in Rom und wurde 1932 zum Priester geweiht. 1951 wurde er Professor für Christliche Sozialwissenschaften an der Universität Münster. Er gilt bis heute als ein international herausragender Vertreter seines Fachs mit großem Einfluss auch auf die deutsche Sozialpolitik. Von 1962 bis 1969 war Höffner Bischof von Münster. In dieser Zeit nahm er auch am Zweiten Vatikanischen Konzil (1962 bis 1965) teil. 1969 folgte er auf Kardinal Josef Frings als Erzbischof von Köln. Von 1976 bis 1987 war Höffner Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz. In seine Amtszeit fällt der Besuch Papst Johannes Pauls II. in Köln (1987). Er starb kurz nach seiner Emeritierung am 16. Oktober 1987.

In einer Studie der Universität Münster zum Umgang der Münsteraner Bistumsleitung werden Höffner laut einem Zwischenbericht aus dem Jahr 2020 schweres Leitungs- und Kontrollversagen vorgeworfen. In Höffners Verantwortung wurde der Kölner Priester und Sexualstraftäter Nikolaus A. nach vorzeitiger Entlassung aus der Haft erneut in der Seelsorge eingesetzt. Das dazu erstellte Sondergutachten der Kanzlei WSW stellt ebenfalls Versäumnisse der Bistumsleitung in Münster unter Höffners Führung dar.

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