Satirischer WochenrückblickEin neues Wort für die kölsche Sproch

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Die Beschäftigten verlassen den 105 Meter hohe Justizpalast (links)  und ziehen in das Nachbargebäude, den ehemaligen Standort der Kölner Arbeitsagentur.

  • Über Köln und die Kölner kann unser Autor Peter Berger manchmal nur den Kopf schütteln – oder schallend lachen.
  • In seiner satirischen Köln-Kolumne „Die Woche”, in der er die Nachrichten der vergangenen sieben Tage humoristisch verarbeitet.
  • Diesmal geht es um einen Schrottpalast und einen Campingzuschuss für Apotheker

Köln – Die Akademie för uns kölsche Sproch, Gralshüter der Kölner Stadtmundart, hat es sich zur Aufgabe gemacht, ihr Erscheinungsbild zu erfassen und zu untersuchen. Und sie will dem Verfall entgegentreten. Das ist löblich und lässt das Herz eines Imi höher schlagen.

Deshalb fasse ich mir ein Herz – pardon, ein Hätz – und schlage den Gralshütern einen neuen Begriff zur Aufnahme in den kölschen Wortschatz vor. Für ein Phänomen, das es nur in Kölle gibt. Dat Interimm.

Dat Interimm steht für Zwischenzeit oder Zwischenlösung, von denen es in Kölle derart viele gibt, dass der Begriff eingekölscht werden muss. Dat berühmteste Interimm ist und bleibt der Dom. 632 Jahre Bauzeit. Einfach fantastisch!

Immerhin ein Interimm!

Doch auch bei Gebäuden der Neuzeit bemüht sich die Stadt, dieser Tradition zu folgen: Oper, Musical Dome, diverse Museumsbauten, Schulcontainer in Naturschutzgebieten und jetzt der Justizpalast, eine Schrottimmobilie, mit der selbst der schlimmste Hedgefonds nichts mehr anzufangen weiß. Alles Interimms.

Das Bau-Drama an der Luxemburger Straße wird als doppeltes Interimm in die Stadtgeschichte eingehen. Und die geht so: Die Mehrzahl der 1190 Beschäftigen verlässt den Schrottpalast. Oder sollte man besser von Evakuierung sprechen? Sie zieht nach nebenan, in die alte Arbeitsagentur. In ein Interimm, das ab 2023 – frisch saniert – 530 Studenten als Dach über dem Kopf dienen sollte. Und der Justizpalast? Der wird auch zum Interimm. Schließlich werden die Zellen im Keller, die Gerichtssäle, Kantine und Caféteria noch gebraucht.

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Die Pläne für den neuen Justizpalast hat der dafür zuständige Minister vor knapp zwei Jahren vor- und dabei festgestellt, dass der Innere Grüngürtel für die Kölner eine Heilige Kuh ist. Unantastbar also. Deshalb werde man jetzt sukzessive alle Schritte abarbeiten und zahlreiche Gutachten einholen.

Mit einem Schnelltest ist das nicht getan. Aber auch da herrscht in Köln die maximale allgemeine Verunsicherung. Die Schulen wissen nichts, die Stadt hat keine Ahnung, die Unternehmen keinen Schimmer. Niemand weiß irgendwas. Am Ende werden noch die Mitarbeiter von Rewe ihre Selbsttests bei Aldi kaufen. Und umgekehrt.

Es gibt keine Strategie. Aber einen Campingzuschuss von 1000 Euro für Apotheker, wenn sie zum Schnelltesten vor ihrem Laden ein Zelt aufstellen wollen. Als Interimm, bis die Pandemie vorbei ist. Sind die Zelte groß genug, könnte man sie anschließend für studentisches Wohnen nutzen. Für Medizinstudenten. Die müssten bei der nächsten Welle nur den Reißverschluss für die nächste Impfrunde öffnen. Das wäre eine Strategie.

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