Serie zum GrüngürtelFreizeitspaß im Schussfeld – Kölns „Grüne Forts“

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Das Fort X wird von Vereinen genutzt, die sich auch um seinen Erhalt kümmern.

Das Fort X wird von Vereinen genutzt, die sich auch um seinen Erhalt kümmern.

  • Beim Äußeren Grüngürtel denken viele nur an Geißbockheim oder Freiluga. Doch der Grüngürtel geht rechtsrheinisch weiter. In einer dreiteiligen PLUS-Serie widmen wir uns diesem grünen Schatz der Stadt.
  • Folge 2: Aus dem preußischen Festungsring wurde auch im Rechtsrheinischen ein grünes Erholungsgebiet.
  • Wie für die Stadtentwicklung Kölns die Folgen der deutschen Kriegsniederlage zu einem Glücksfall wurden.

Köln – Es gibt Zeiten, manchmal sind es nur ganz kurze Zeitkorridore, in denen sich einmalige Chancen eröffnen. Und dann braucht man tatkräftige Politiker und Planer, die solche Chancen nutzen. Nach dem Ersten Weltkrieg kam in Köln beides zusammen. Der Versailler Friedensvertrag verlangte von Deutschland, dass alle Befestigungsanlagen auf beiden Rheinseiten zu schleifen sind. Und von diesen gab es in der „Festungsstadt“ Köln einige.

Zwölf große Forts und 23 so genannte Zwischenwerke im äußeren Festungsring sollten die Stadt vor den Franzosen schützen. Hatte sich der erste, engere Festungsring noch mit der linken Rheinseite begnügt, war mit dem Bau der neuen Verteidigungsanlangen bis 1880 auch das Rechtsrheinische mit einbezogen worden. Die Franzosen hätten ja auf die Idee kommen können, irgendwo jenseits der Stadt den Rhein zu überqueren, um Köln aus dem Bergischen kommend anzugreifen.

All diese Überlegungen zur Verteidigung waren nur wenige Jahre nach dem Bau der aufwendigen und teuren Anlagen schon wieder hinfällig. Nicht weil man keine Furcht mehr vor den Franzosen hatte. Es lag vielmehr an der Entwicklung der Waffentechnik, der Erdwälle und Ziegelmauern nicht viel entgegenzusetzen hatten.

Aus Soldatenunterkünften wurden Vereinsräume des MTV.

Aus Soldatenunterkünften wurden Vereinsräume des MTV.

Auf der rechten Rheinseite standen vier große Forts: in Porz-Westhoven, Höhenberg, Buchheim und Stammheim. Von dreien ist noch einiges zu sehen, das Stammheimer Fort ist nur noch in der Geländeformation erkennbar. Zwischen den Forts befanden sich neun Zwischenwerke, von denen noch vier teilweise erhalten sind. Außerdem gehörten kleinere Infanteriestützpunkte, sowie Lager für Munition und Artillerie zum Festungsring.

Ausflugstipp

Ein Spaziergang von Fort zu Fort

Der vielleicht schönste Abschnitt des rechtsrheinischen Grüngürtels lässt sich prima mit einem längeren Spazierweg vom Zwischenwerk XIa bis zum Fort X erkunden. Man kann der Markierung des Kölner Grüngürtelwegs folgen - einem grün umrandeten, runden Symbol mit weißem Dom in der Mitte. Dann ist der Weg etwa 3,5 Kilometer lang.

Es empfiehlt sich jedoch, einen Abstecher über die Wichheimer Straße Richtung Osten einzuplanen, um ein paar Meter östlich der A3 entlang zu gehen. Dort befindet sich eines der kuriosesten Bauwerke der Stadt, das „Kreuzwasser“. Hier kreuzen sich die Strunde und der Faulbach mit Hilfe einer Brückenkonstruktion. Der kleine Umweg verlängert die Strecke um etwa 700 Meter. Über den Schlagbaumsweg kommt man zurück zum Grüngürtelweg.

Das Gebiet um die Herler Mühle und die Herler Burg gibt einen Eindruck, wie es irgendwann mal in weiten Teilen des Rechtsrheinischen ausgesehen hat. Man fühlt sich wie in einer anderen, bäuerlichen Welt, die wenig mit der Großstadt zu tun hat. Gegenüber der Herler Mühle beginnt die Merheimer Heide, die brutal von der Stadtautobahn zerschnitten wird. Man geht vorbei am Höhenberger Sportpark und erreicht südlich der Olpener Straße das Fort X.

Anfahrt: KVB-Haltestelle Wichheimer Straße, Linie 3, 13, 18 oder Bushaltestelle, Linie 159.Rückfahrt: KVB-Haltestelle Frankfurter Straße, Linien 1,9, 151, 152Zum Grüngürtelweg gibt es eine App fürs Smartphone; weitere Infos findet man im Internet auf den Seiten der Kölner Grünstiftung.

www.koelner-gruen.de

Das alles sollte verschwinden. Für die Stadtentwicklung Kölns wurden die Folgen der deutschen Kriegsniederlage zu einem Glücksfall, wie der stellvertretende Leiter des Grünflächenamtes Joachim Bauer sagt. Da sich vor und zwischen den militärischen Gebäuden ein weites, unbebautes Schussfeld befand, ließ sich in großem Stil ein stadtentwicklungspolitisches Zukunftsprojekt umsetzen: Aus dem äußeren Festungsring wurde der Äußere Grüngürtel.

Kölns Oberbürgermeister Konrad Adenauer setzte bei der deutschen Regierung in Berlin ein Sonderrecht für seine Stadt durch: Die Verwaltung hätte private Eigentümer mit Grundstücken im Befestigungsring für die Anlage von Grünflächen und den gemeinnützigen Wohnungsbau enteignen dürfen. Das Druckmittel dürfte geholfen haben, um Proteste und Widerstände, die vor allem von Landwirten kamen, zu überwinden.

Der Schwerpunkt lag linksrheinisch

So wurden aus Militäreinrichtungen Grünflächen, Sportanlagen und Vereinsheime. Angebote zur Erholung wie „große Volks- und Lagerwiesen“, wie es damals hieß, wurden geschaffen. Neue Wegeverbindungen und Teiche wurden angelegt. Der Schwerpunkt der Stadtplaner lag auf dem linksrheinischen Köln, weil man da einen größeren Bedarf unterstellte. Zwischen Müngersdorf und Marienburg wurden weiträumige Planungen und große Projekte umgesetzt. Im Rechtsrheinischen ging man etwas bescheidener zur Sache: Mit den Großprojekten im Linksrheinischen ist nur die Anlage der Merheimer Heide vergleichbar.

Aus dem preußischen Exerziergelände mit mehreren Festungsbauten zwischen Merheim, Buchheim und Höhenberg sollte ein Landschaftspark werden. Das Konzept, 1927 vom Stadtrat beschlossen, folgte der Idee „eines neuzeitlichen Volksparks“: Städtisches Grün war nicht mehr nur zum beschaulichen Spaziergang da, es durfte benutzt werden. Sage und schreibe 17 Fußballplätze, fünf Laufbahnen und 21 Tennisplätze wurden für die Merheimer Heide geplant. Die Stadt wollte Platz für Kleingärten, Spielwiesen, ein Kaffeehaus und ein Restaurant schaffen. Auch ein Teich, in dem man im Sommer schwimmen und auf dem man im Winter Schlittschuh laufen konnte, war vorgesehen. Die militärischen Bauten wurden hier weitgehend zerstört oder überbaut.

Eines grünes Fort

Unweit der Merheimer Heide demonstrierte die Stadt, was man aus den Forts machen konnte, wenn man sie nicht abreißen wollte: Im Fort X, wo mal rund 900 Soldaten hinter bis zu drei Meter dicken Mauern auf mögliche Angreifer zu warten hatten, setzte Gartenbauer Fritz Encke die Idee eines „Grünen Forts“ mit einer „Volkswiese“ um. Bürger und Vereine sollten die Räume nutzen können. Vom alten Gemäuer ist noch viel zu sehen, was auch daran liegt, dass sich die heutigen Nutzer um den Erhalt kümmern. Die Räume werden von Sport- und Karnevalsvereinen sowie Musikgruppen genutzt.

Das Fort XI in Köln-Mülheim.

Das Fort XI in Köln-Mülheim.

Auch aus dem Zwischenwerk XIa in Buchheim wurde solch ein „Grünes Fort“. Dort zog bereits 1927 Kölns größter Breitensportverein, der Mülheimer Turnverein MTV, ein. In den Soldaten-Unterkünften sind heute Umkleiden und Waschräume für Sportler. Mit dem gerade fertig gebauten neuen Sportzentrum entwickelt sich der Traditionsclub an historischem Ort weiter. Die Architektur der schicken Halle fügt sich gut in die Umgebung des Forts ein. Jetzt wartet das Areal hinter dem alten Fort auf eine Neugestaltung.

Aus dem Zwischenwerk Xa in Vingst machte Encke in den 20er Jahren eine Freiluft- und Gartenschule, von der leider nichts mehr zu sehen ist. Aus dem Fort XI in Holweide, das sich heute in miserablen Zustand präsentiert, und dem Zwischenwerk XIb in Mülheim wurde eine Garten- und Erholungsanlage. Die drei umgebauten Anlagen im weiteren Verlauf Richtung Norden, das Zwischenwerk XIIa in Mülheim sowie Fort XII und das Zwischenwerk XIIb in Stammheim sind ebenfalls verschwunden. So bleibt die Vorstellung vage, was sich die damaligen Planer konkret unter „Luft- und Lichtbädern“ vorgestellt haben.

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Die Idee, die sich hinter dieser seltsamen Bezeichnung verbirgt, hat viel gemeinsam mit dem Konzept „Starkes Grün - Starke Menschen“, mit dem die Stadt heute einige Maßnahmen zur Aufwertung überschreibt. Schon damals verband man die Anlage von Grünflächen mit einem sozialen Aspekt. Viele Menschen lebten in Mietskasernen mit schlechten hygienischen Verhältnissen. „Die öffentlichen Freiflächen sollten einen Ausgleich bieten“, so Bauer. „Letztendlich war das eine Gesundheitsfürsorge.“ Mit der Umgestaltung der Fortanlagen, die unter der Leitung von Gartenbauer Fritz Encke zunächst unabhängig von der Gesamtplanung für den Grüngürtel angegangen wurde, bot sich die Gelegenheit, in gesunder Umgebung soziale und die Gesundheit fördernde Einrichtungen zu schaffen.

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