Neue Serie zum GrüngürtelWas es im vergessenen grünen Schatz Kölns zu entdecken gibt

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Endlose Weiten in der Flittarder Rheinaue

Endlose Weiten in der Flittarder Rheinaue

  • Beim Äußeren Grüngürtel denken viele nur an Geißbockheim oder Freiluga. Doch der Grüngürtel geht rechtsrheinisch weiter. In einer dreiteiligen PLUS-Serie widmen wir uns diesem grünen Schatz der Stadt.
  • Folge 1: Im oft wenig beachteten Teil des Grüngürtels im Rechtsrheinischen gingen die Planer um Konrad Adenauer leider weniger weitsichtig vor als im Linksrheinischen.
  • Welche Folgen das hatte und mit welchen Maßnahmen der Grüngürtels dort künftig wieder aufgewertet werden soll, lesen Sie hier. Außerdem haben wir einen schönen Ausflugstipp für Sie parat.

Köln – Er ist der grüne Schatz der Stadt: 42 Kilometer lang und 2800 Hektar groß ist der sogenannte Äußere Grüngürtel, einst mit Weitsicht für eine wachsende Stadt geplant. Er sollte „den Einwohnern Kölns wahre und lebensnotwendige Erholung im großen Maßstab bieten“, wie es Konrad Adenauer Anfang der 1920er Jahre sagte. Kaum eine andere Großstadt hat so ein Erholungsgebiet innerhalb seiner Grenzen.

Der Äußere Grüngürtel sollte „allen Bewohnern des zukünftigen Kölns den Zusammenhang mit der Natur wiedergeben“, lautete Adenauers Vorgabe für die Stadtplaner. „Sportplätze, Spielplätze, Luft- und Sonnenbäder, Schwimmbäder, Waldschulen, Tageserholungsheime für Kinder und Erwachsene soll dieser Gürtel in sich aufnehmen. Dauernde Prachtgärten werden den weitesten Kreisen der Bürgerschaft wieder die Fühlung mit der verjüngenden Erde geben.“

Der „Grünflächen-Plan“ der Stadt aus dem Jahr 1929: Der linksrheinische Süd-Westen der Stadt ist klar bevorteilt. Rechtsrheinisch ist nur die Merheimer Heide als neues Projekt zu sehen.

Der „Grünflächen-Plan“ der Stadt aus dem Jahr 1929: Der linksrheinische Süd-Westen der Stadt ist klar bevorteilt. Rechtsrheinisch ist nur die Merheimer Heide als neues Projekt zu sehen.

Die Kölner schätzen das grüne Denkmal. Mit Leidenschaft wird zurzeit darum gestritten, wie viel Spiel und Sport denn sein darf, ohne das historische Erbe zu beschädigen. Naturschützer wie Sportfreunde berufen sich gleichermaßen auf Adenauer, dessen Wort auch heute noch Gewicht zu haben scheint. Die Frage, was erlaubt sein soll und was nicht, betrifft nicht nur den 1.FC Köln. So wagte die Stadt erst gar nicht ernsthaft den Ausbau einer Sülzer Realschule zur großen Gesamtschule zu erwägen, weil ein kleines Stückchen Grün geopfert hätte werden müssen.

Alles zum Thema Geißbockheim

Bei solchen Debatten dreht es sich fast immer um den linksrheinische Gürtel. Das rechtsrheinische Pendant ist selten im Fokus – was mancher als Beleg für einseitige politische Prioritäten interpretiert. Doch nicht nur bei politischen Entscheidungsprozessen mag es eine ungerechte Behandlung geben. Auch in der öffentlichen Aufmerksamkeit kommt die „schäl Sick“ zu kurz.

Geißbockheim, Müngersdorfer Sportpark, Decksteiner und Kalscheurer Weiher, das Haus am See, das Fort Deckstein, die Freiluga, das Zwischenwerk zwischen Marienburg und Rodenkirchen, der neue Landschaftspark Belvedere – das sind bekannte Ausflugsziele. Doch was viele Kölner nicht wissen: Auch auf der rechten Rheinseite gibt es so einen halbrunden Grüngürtel. Das dieser nicht so im Bewusstsein ist, liegt aber nicht nur an der Ignoranz der linksrheinischen Kölner. Es hat auch mit dem Konzept der Planer aus der Zeit zwischen den Weltkriegen zu tun. Ihnen wird das Lob der Nachfahren auf ewig gewiss sein.

Makel der Stadtplaner

Doch einen Makel gibt es doch zu bedauern: Im Rechtsrheinischen fiel der grüne Gürtel deutlich schmaler aus. Die Planer glaubten, dass hier weniger Investitionen nötig seien. Der Grund: „Die rechte Rheinseite ist infolge der zerstreuten Bauweise und der näher herantretenden Wälder besser bestellt wie die linke“, meinte Adenauer. Heute ist klar: In dieser Frage war der Kölner Oberbürgermeister etwas weniger vorausschauend unterwegs als in anderen Fällen. In den rechtsrheinischen Stadtviertel hat sich nicht nur die Bebauung verdichtet, die Stadt ist in den vergangenen 90 Jahren weit über den Grüngürtel hinaus gewachsen. Im Rechtsrheinischen liegen die Grünflächen noch stärker als auf der linken Seite inmitten von Siedlungen. Hinzu kommt, dass die nach dem Krieg gebauten Autobahnen Herzstücke des rechtsrheinischen Gürtels – das Gremberger Wäldchen und die Merheimer Heide – regelrecht zerschnitten und teilweise zerstört haben.

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Für die angrenzenden Stadtviertel ist es nur ein schwacher Trost, dass am jeweiligen Ende des grünen Halbkreises echte und weiträumige Highlights an Stadtnatur hinzu gekommen sind. Die Rheinaue in Flittard und das renaturierte Kasernengelände in Westhoven sind wunderbare Ausflugsziele für Spaziergänger und Wanderer.

An der Ungleichbehandlung der beiden Rheinseiten hat dieser Flächengewinn aber nichts geändert: Nur rund ein Drittel des gesamten Äußeren Grüngürtels liegt im Rechtsrheinischen. Bezieht man sämtliche Grünflächen der Stadt in die Betrachtung ein, wird die Ungerechtigkeit noch größer: Einen „Inneren Grüngürtel“ gibt es nämlich nur auf der linken Seite.

Eine große Initiative zum rechtsrheinischen Ausbau wird es auch in Zukunft nicht geben. Anders als Adenauer annahm, ist die Besiedlung im Rechtsrheinischen so dicht geworden, dass es kaum Möglichkeiten zum Ausbau gibt. Das städtische Grünflächenamt hat Ackerflächen im Blick, die sich umwandeln lassen. Im Norden sind dafür einige Flächen vorgesehen, um den dort äußerst schmalen Gürtel zu verbreitern und die Verbindungen zu verbessern. Bei anderen Flächen im weiteren Verlauf sind die Chancen schlechter: Hier wird Konflikt um die richtige Flächennutzung in Zeiten der wachsenden Stadt ausgefochten. Aus Ackerflächen dürften hier eher Areale für den Wohnungsbau werden. Und existierende Gewerbeflächen sollen nicht geopfert werden.

Projekte zur Aufwertung

Im Rahmen dieser begrenzten Möglichkeiten will die Stadt aber doch einiges zur Aufwertung des rechtsrheinischen Grüngürtels tun. Zusammen mit der unermüdlichen Grünstiftung wurde nicht nur ein durchgehender Grüngürtel-Rundweg angelegt und angeschildert. Der Stadtrat hat 2016 auch der Erstellung eines „Integrierten Handlungskonzepts Grüne Infrastruktur“ zugestimmt. Davon profitieren die Freiflächen zwischen Humboldt-Gremberg und dem Mülheimer Norden.

Im Herbst diesen Jahres sollen mehrere konkrete Projekte beschlossen werden: Mit mehreren Sport- und Fitness-Parcours wird der Freizeitwert erhöht; ökologische Maßnahmen wie die Umwandlung von Rasenflächen in Wiesen und neue Wegeführungen fördern den Naturschutz. Eine dritte Zielrichtung erweitert die alte Grüngürtelidee: Zu Freizeitangeboten und Stadtnatur kommt eine gärtnerische Nutzung, die sich mit ganz praktischer Sozialpolitik verbindet. In sogenannten „Gartenlaboren“ können Kölner aus benachbarten Stadtteilen gärtnern und ernten.

Die Freiflächen und ihre sehr lückenhaften Verbindungen zwischen Mülheim und Stammheim sollen von einem Konzept für den nördlichen Grüngürtel auf beiden Rheinseiten profitieren, das ebenfalls zur Zeit in Arbeit ist. Auch hier sind Fördermittel der EU beantragt worden. Landwirtschaftlich genutzte Flächen am Klärwerk Stammheim und einige Areale im weiteren Verlauf Richtung Süd-Osten sollen umgewandelt werden. Viel Platz für große Projekte gibt es jedoch auch da nicht mehr.

Nächste Folge: Die Spuren der alten Festungsstadt

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