Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Polizeieinsatz am Kölner RathausFC-Fans demonstrieren für Geißbockheim-Ausbau

5 min
Fans des 1. FC Köln demonstrieren am Rathausturm.

Fans des 1. FC Köln demonstrieren am Rathausturm.

Darf der 1. FC Köln möglicherweise doch Fußball-Plätze auf der Gleueler Wiese bauen? Am Donnerstag beschäftigte sich der Rat mit dem Thema.

Polizisten am Rathaus, demonstrierende FC-Fans und eine CDU-Fraktion, die über Nacht ihre Meinung zu einem Antrag zum Geißbockheim-Ausbau ändert: Auch nach elf Jahren emotionalisieren die Pläne des Fußball-Erstligisten 1. FC Köln, drei Fußball-Plätze im Grüngürtel zu bauen, viele Menschen. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Was ist vor dem Rathaus passiert?

Rund 200 Anhänger waren dem Aufruf des FC gefolgt, am Rathaus für den Ausbau des Geißbockheims und die Plätze auf der Gleueler Wiese zu demonstrieren. Um kurz vor 13 Uhr versuchten einige Teilnehmer, vom Alter Markt über die zwischen dem Rathausturm und dem Roten Haus gelegene Treppe auf den Theo-Burauen-Platz zu gelangen, wurden aber von der Polizei daran gehindert. So verweilten die Fans fast eine halbe Stunde untätig an ihrem Treffpunkt, während die Führungsriege um Geschäftsführer Philipp Türoff sowie den Vizepräsidenten Carsten Wettich und Eckhard Sauren ihre Bedenken im Rathaus vorbrachte. Ungefähr 30 Polizisten bewachten die Demonstration, der sich auch der ehemalige Vorsitzende der Kölner CDU, Karl Mandl, angeschlossen hatte. Auch im Spanischen Bau waren Beamte postiert, doch es blieb friedlich. Später stimmten die Fans Lieder an.

Warum hat der FC zur Demonstration aufgerufen?

Weil er seit 2014 nicht vorwärts kommt mit seinen Ausbauplänen. Der Klub ist seit 1953 im Äußeren Grüngürtel in Sülz zu Hause, trainiert rund um das Geißbockheim. Die Flächen gehören der Stadt, deshalb sind Verwaltung und Stadtrat beteiligt. Der Verein pachtet die Flächen. Seit 2014 plant der Klub ein neues Leistungszentrum sowie drei neue Plätze auf der Gleueler Wiese, die im Norden an das Gelände anschließt. Das wollten Naturschützer verhindern, im Stadtrat fand sich keine politisch umsetzbare Lösung. Das Mehrheitsbündnis aus Grünen, CDU und Volt (51 von 90 Sitzen im Rat) hatte 2021 ein Moratorium ausgerufen, vor allem die Grünen wollen die Wiese nicht bebauen, auch die CDU will das nicht mehr.

Blick auf das Geißbockheim und die Gleueler Wiese (hinten links).

Blick auf das Geißbockheim und die Gleueler Wiese (hinten links).

Aber im Oktober hatte der Stadtrat doch einen Kompromiss verabschiedet. Wie sah der aus?

Dass der FC über ein Erbbaurecht das Leistungszentrum auf einem Kunstrasenplatz neben dem Franz-Kremer-Stadion bauen darf. Doch das Mehrheitsbündnis hatte seine Zustimmung zum Erbbaurechtsvertrag an Bedingungen geknüpft.

Welche sind das?

Erstens: Die Gleueler Wiese darf nicht bebaut werden und wird als „öffentliche Grünfläche“ in einem neuen Bebauungsplan geschützt. Der Aufstellungsbeschluss dazu gilt seit 22. Januar. Die zweite Bedingung: Die in der Nähe gelegene Kampfbahn darf nicht baulich verändert werden. Der Rasenplatz liegt nördlich der Gleueler Wiese, der FC pachtet ihn schon. Und drittens: Der FC darf zwar einen Ascheplatz am Fort Deckstein zum Kunstrasenplatz umbauen – aber auch alle anderen bisherigen Nutzer sollen ihn laut Grünen, CDU und Volt mitnutzen. Die Verwaltung soll zusätzliche Trainingskapazitäten schaffen. Das ist bis heute aber nicht passiert. Der FC hatte aber gesagt: Ohne neue Plätze können wir keinen Trainingsplatz aufgeben, auf dem das neue Leistungszentrum entstehen soll. Deshalb bleibt für den FC auch die Gleueler Wiese eine Option.

So könnte das neue Leistungszentrum aussehen.

So könnte das neue Leistungszentrum aussehen.

Aber dann hat der Stadtrat doch im Oktober entschieden. Warum beschäftigte er sich erneut damit?

Unter anderem weil es die vorletzte Sitzung vor der Kommunalwahl am 14. September ist. Heißt: Wenn die Politik noch etwas festzurren will, das auch nach der Wahl gilt, ist der Donnerstag die vorletzte Gelegenheit. Und eben den im Oktober beschlossenen Schutz der Gleueler Wiese als „öffentliche Grünfläche“ kann ein neuer Rat nach der Wahl wieder zurücknehmen. Die Ratsgruppe Klima Freunde und Gut (zwei Sitze) wollte deshalb dem Umweltverband BUND ein Erbbaurecht über die Gleueler Wiese zusprechen, nach dem Motto: Doppelt hält besser. Doch die erdachte Lösung geht laut Verwaltung nicht (wir berichteten). Also nahm sie einen neuen Anlauf: Demnach soll mit dem BUND eine Pflegevereinbarung für die Gleueler Wiese geschlossen werden, Aufbauten sind ausdrücklich nicht erlaubt.

Und warum war das Thema trotzdem so heiß diskutiert?

Weil das Mehrheitsbündnis aus Grünen, CDU und Volt am Donnerstagmorgen zunächst einen eigenen Antrag einbrachte. Er sah vor, dass die Stadt dem BUND eine Grunddienstbarkeit im Grundbuch einräumt, um die Wiese „als artenreiche Wiese für die Dauer von 29 Jahren“ zu schützen. Doch kurz vor der Sitzung bestätigte CDU-Fraktionschef Bernd Petelkau vor den FC-Fans, dass die CDU sich aus dem Antrag zurückzieht. Eine Kehrtwende.

Warum die Meinungsänderung?

Petelkau: „Wir haben im letzten Jahr den guten Kompromiss gefunden, dass das Leistungszentrum in Sülz gebaut wird. Und es war jetzt die Frage, wird der zweite Teil der Vereinbarung, nämlich, dass Plätze für den FC entstehen, eingehalten. Wir haben erhebliche Bedenken, dass das in der Stadtverwaltung effizient läuft. Das ist für uns der Grund, dass wir als CDU-Fraktion heute im Rat keinerlei Vereinbarung beschließen werden, die die Gleueler Wiesen in irgendeiner Weise blockiert.“

Laut Petelkau hat der geschäftsführende Parteivorstand am Morgen dazu einen Beschluss getroffen, Parteichefin Serap Güler sprach von einer gemeinsamen Entscheidung und dass die CDU nicht einem einzelnen Verband die Nutzung übertragen wolle. Am Mittwochabend hat die CDU ihr Kommunalwahlprogramm verabschiedet, darin heißt es: „Die Gleueler Wiesen sollen dauerhaft unberührt bleiben.“ Grünen-Fraktionschefin Christiane Martin warf ihrem Bündnispartner einen „Eiertanz“ vor und ein Fähnlein im Wind zu sein. Beide Anträge fanden keine Mehrheit.

Was muss man noch wissen?

Laut einer rechtlichen Kurzeinschätzung von Lenz und Johlen bedeuten beide Anträge „erhebliche rechtliche Risiken“. Dieses hatte der FC in Auftrag gegeben.

Gab es ein Gerichtsverfahren?

Ja. Es geht darum, ob der 2020 aufgestellte Bebauungsplan wirksam ist oder nicht. Er sah vor, dass der Klub die drei Plätze auf der Gleueler Wiese und das Leistungszentrum am Geißbockheim bauen darf. Zunächst bezeichnete das Oberverwaltungsgericht Münster (OVG) den Plan aufgrund eines Formfehlers aber als unwirksam, das Bundesverwaltungsgericht hob das Urteil auf und wies es zurück nach Münster. Einen neuen OVG-Termin gibt es nicht.

Und was will der Klub?

Er hofft auf andere Mehrheiten nach der Wahl, um möglicherweise noch auf der Gleueler Wiese Plätze zu bauen. Türoff sagte: „Hier ist ein Antrag eingebracht worden, die Gleueler Wiese auf 30 Jahre wieder anders zu verwenden. Das ist Biotoppflege, das ist eine Alibi-Geschichte, um weitere Hindernisse in die Welt zu setzen, möglicherweise geltendes Recht, was Ende des Jahres vom Oberverwaltungsgericht Münster abschließend bestätigt werden soll, durch alle möglichen Maßnahmen unumsetzbar zu machen.“

Was sagt Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos)?

Reker sagte im Rat: „Es bleibt mein Anliegen, den Grüngürtel zu schützen.“ Sie empfinde die Anträge als Misstrauensvotum gegenüber der Verwaltung und verwies auf den Schutz als „öffentliche Grünfläche“. „Das Ziel ist zunächst einmal hinreichend abgesichert.“ Sie sei der Meinung, dass der Rat der Stadt Köln „das Heft des Handels nicht aus der Hand geben soll“, indem er die Wiese dem BUND für 29 Jahre übergibt.