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Streit um Gleueler WieseDer FC wittert „Hochverrat“ durch die Kölner Politik

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Sportplätze südlich des Georg-Büchner-Gymnasiums in Weiden

Sportplätze südlich des Georg-Büchner-Gymnasiums in Weiden

Klima Freunde und Gut wagen einen neuen Vorstoß, um die Gleueler Wiese vor Bebauung zu schützen. Der FC spricht von „Foulspiel“.  

Mindestens in absehbarer Zeit wird es keine Lösung für die Platzprobleme des 1. FC Köln und dreier benachbarter Breitensportvereine geben. Auf die Frage der FDP-Ratsfraktion nach dem entsprechenden „Sachstand“, teilte die Stadt dem Sportausschuss mit, was der FC und die anderen Klubs bereits seit Monaten betonen: So, wie es das Mehrheitsbündnis aus Grünen, CDU und Volt (51 von 90 Sitzen im Rat) im vergangenen Herbst beschlossen hat, sind alle Bedarfe der beteiligten Vereine nicht zu decken.

Wie berichtet, kann ein neuer, rund 8,5 Kilometer vom Geißbockheim entfernter neuer Kunstrasenplatz auf der Bezirkssportanlage Weiden inklusive der Schaffung von Umkleidemöglichkeiten eine Möglichkeit sein. Das bestätigt die Verwaltung, demnach könnte der Platz „Teil der Lösungsfindung sein“.

Es folgt das Aber: Bei so einem Projekt seien Planungszeiträume, „insbesondere bauplanungsrechtliche, natur- und umweltschutzrechtliche sowie lärmschutzrechtliche Belange, wie auch übliche Zeiträume für die Ausschreibung und Vergabe von Leistungen sowie die Herbeiführung der jeweils notwendigen Beschlusslage“ und die Dauer der baulichen Umsetzung einzukalkulieren. Als „zentrale Herausforderung“ komme dann noch die „notwendige Finanzierung“ hinzu. Heißt wohl: Es würde ewig dauern und sehr teuer werden.

Sportdezernent Robert Voigtsberger, der federführend zuständig ist für die Lösung dieses gordischen Knotens, wollte sich nicht beschweren: „Nein, das ist nicht meine Aufgabe, sondern ich muss den Auftrag annehmen, wir als Verwaltung müssen den Auftrag annehmen.“ Das sei geschehen, man arbeite an einer Lösung, die allerdings schwer zu finden sei: „Ich habe in den Gesprächen daher auch nie einen Hehl daraus gemacht, dass die Umsetzung dieser potenziellen Lösung sowohl Geld kostet als auch Zeit benötigt.“

Der Mangel an Fußballplätzen im Kölner Westen ist mit dem Kompromiss zwischen Politik und FC noch drängender geworden

Zur Erinnerung: Es geht um den Mangel an Fußballplätzen, der in Sülz, Klettenberg und Lindenthal noch drängender geworden ist, seit sich das Ratsbündnis mit dem 1. FC Köln geeinigt hat, zu welchen Bedingungen der Fußballklub am Geißbockheim ein nach eigenen Angaben dringend benötigtes neues Trainingszentrum bauen darf. Der Klub pachtet die Flächen seit Jahrzehnten von der Stadt.

Der Kern des Kompromisses: Der FC verzichtet auf seine ursprünglichen, in einem rechtlich noch umstrittenen Bebauungsplan festgehaltenen Pläne, drei neue Trainingsplätze auf der benachbarten Gleueler Wiese zu bauen. Und das neue Trainingszentrum für rund 50 Millionen Euro wird auf einem bereits vorhandenen Fußballplatz am Geißbockheim errichtet. 

Das Problem: So fehlen dem Profiklub Trainingsflächen. Deshalb wurde dem FC im Kompromiss mit der Kölner Politik zugesichert, einen alten Ascheplatz am Fort Deckstein in einen Kunstrasenplatz umwandeln und nutzen zu dürfen. Die dort bereits ansässigen Breitensportvereine – das sind Blau-Weiß Köln, die DKJ Südwest und Ballfieber Colonia – sollen die Fläche aber „auch weiterhin verbindlich mitbenutzen“, so steht es im Antrag von Grünen, CDU und Volt für die Ratssitzung am 1. Oktober 2024, in der dem FC das nötige Erbbaurecht zum Bau seines Leistungszentrums zugesprochen wurde.

Nur einer von drei geforderten Satellitenplätzen für den 1. FC Köln wurde bisher gefunden

Das Bündnis hatte die Verwaltung damals auch beauftragt, „zeitnah zusätzliche Trainingskapazitäten zu schaffen“ – denn der FC will für den Verzicht auf neue Plätze auf der Gleueler Wiese Zugriff auf drei zusätzliche Trainingsflächen erhalten, sie firmieren unter dem Begriff „Satellitenplätze“. Einer wurde bislang geschaffen, in Hürth. Zwei fehlen also noch, und die Verwaltung hat nun zugegeben, diesen Auftrag kaum erfüllen zu können. 

Blick auf die Gleueler Wiese

Blick auf die Gleueler Wiese

Nun sind es nur noch wenige Wochen, bis am 14. September ein neuer Stadtrat gewählt wird. Dann könnten sich neue Mehrheitsverhältnisse ergeben. Die SPD zum Beispiel hegt deutlich weniger Vorbehalte gegen neue Trainingsplätze auf der Gleueler Wiese. Verwaltung und FC könnten das Problem also ganz einfach aussitzen und darauf setzen, dass in der nächsten Ratsperiode nochmal ganz neu entschieden wird. FC-Geschäftsführer Philipp Türoff sprach schließlich immer nur davon, „vorerst“ auf die Wiesen verzichten zu wollen.   

Klima Freunde und Gut wollen mit dem BUND eine langfristige Pflegevereinbarung für die Geleuler Wiesen abschließen

Das bereitet ganz offensichtlich Karina Syndicus und Isabell Ullrich von der Ratsgruppe Klima Freunde und Gut Sorgen. Das Duo hatte schon in der vergangenen Ratssitzung beantragt, dem Umweltverband BUND ein Erbbaurecht über die Gleueler Wiesen zuzusprechen. Das fand keine Zustimmung, auf Wunsch der Grünen forderte der Rat aber die Verwaltung auf, die Zulässigkeit dieser Möglichkeit zu überprüfen. Die Stadt antwortete am Montag im Liegenschaftsausschuss mit einem Geht-Nicht: „Die Bestellung eines Erbbaurechts mit dem Ziel, eine Wiese zu erhalten beziehungsweise ökologisch zu entwickeln, ist rechtlich bzw. von Gesetzes wegen nicht möglich.“ Beim Erbbaurecht sei ein Bauwerk zwingender Bestandteil dieser Rechtsbestellung.

Von ihren Bemühungen, die Gleueler Wiese dauerhaft vor Bebauung zu schützen, rückt die Ratsgruppe Klima Freunde und Gut aber nicht ab. Für die kommende Ratssitzung am Donnerstag, 3. Juli, legten die beiden Ratsfrauen der Gruppe einen neuen Antrag vor: Demnach soll mit dem BUND eine langfristige Pflegevereinbarung für die Gleueler Wiesen geschlossen und die Errichtung von Aufbauten auf dem Gelände soll ausdrücklich untersagt werden.

Sollte sich dafür eine Mehrheit finden, würde FC-Geschäftsführer Philipp Türoff das als „Hochverrat“ der Kölner Politik an dem Fußball-Bundesligisten werten. „Das können wir uns nicht gefallen lassen“, sagte er am Mittwoch: „Das ist ein konstruiertes Manöver, um Dinge zu verhindern, die möglicherweise Ende des Jahres in unserem Sinne entschieden werden könnten.“ Er spielt damit auf den Bebauungsplan an, der vom Oberverwaltungsgericht Münster doch noch als rechtswirksam bewertet werden und die Tür zu neuen Plätzen auf der Gleueler Wiese wieder öffnen könnte. Auf seiner Homepage spricht der Klub von einem „Foulspiel“. Türoff wird mit diesen Worten zitiert: „Ich empfinde es als taktisches Foulspiel, auf welch perfide Art und Weise versucht wird, der rechtlichen Überprüfung durch das Oberverwaltungsgericht Münster, die wir bis Ende des Jahres erwarten, vorzugreifen.“